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Nicht nur singen, sondern zeigen. Diese Fußballhymne hat an diesem Tag eine besondere Bedeutung.

© dpa

Nach dem Anschlag: Borussia Dortmund überspielt den Terror

Der Angriff auf den Dortmunder Mannschaftsbus ist ein Angriff auf den ganzen Fußball. Deshalb wird dieses Spiel gegen AS Monaco zum globalen Symbol. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Katrin Schulze

Das Spiel geht einfach weiter. Es muss ja weitergehen. Und die Spieler müssen weiterspielen. Am besten in Topform, wie es sich für eine Begegnung in der Champions League gehört. So als wäre nichts gewesen. Ob sich die Fußballer von Borussia Dortmund in der Lage dazu fühlten, keine 24 Stunden nachdem sie bei dem Angriff auf ihren Mannschaftsbus um ihr Leben fürchteten, spielte keine Rolle, als das Viertelfinalspiel gegen Monaco schon kurz nach der Attacke neu angesetzt wurde.

Die Zeit hatte der europäische Fußballverband Uefa angeblich nicht. Die Spiele sind seit Monaten festgelegt, genauso wie die Rückspiele, die Halbfinals und das Endspiel. Dazwischen läuft der DFB-Pokal und Woche für Woche die Bundesliga. Alles ist durchgeplant und durchfinanziert – und wird wie selbstverständlich durchgezogen. Das Geschäft mit dem Ball lässt nicht viel Spielraum zum Nachdenken, zum Innehalten. Einen Abend lang, an dem der Schock noch allzu groß, allzu nah war, gab es Platz für Mitgefühl. In den Stunden nach dem Anschlag hatte jeder Verständnis für die Absage des Spiels und die Situation der Spieler zum Ausdruck gebracht. Dann musste das Spiel weitergehen. Wie das Leben immer weitergeht nach Anschlägen. Irgendwie.

Jetzt hat es ein Team getroffen. Gezielt und unmittelbar

Die Berliner bekamen viel Anerkennung, nachdem sie trotzig weitermachten, obwohl ein Terrorist den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz attackiert und mehrere Menschen in den Tod gerissen hatte. Und auch der Fußball hat den Terror nicht zum ersten Mal zu spüren bekommen. Als beim Länderspiel zwischen Frankreich und Deutschland im November 2015 vor dem Stadion in Paris die Bomben hochgingen, wurde einfach weitergekickt. Als ein paar Tage später der Verdacht eines terroristischen Anschlags auf das Freundschaftsspiel der Deutschen gegen Holland in Hannover aufkam, wurde die Partie abgesagt.

Aber jetzt hat es wirklich ein Team getroffen. Nichts ahnend im Bus auf dem Weg ins Stadion. Gezielt und unmittelbar. Und die ganze Welt hat ihn binnen Minuten mitbekommen, den Angriff auf den Fußball. Den Terroristen bietet der Fußball vielleicht die größtmögliche Angriffsfläche. Denn er ist viel mehr als ein simples Spiel. Er bindet und verbindet Millionen Menschen weltweit. Ein Angriff auf eine Mannschaft ist gleichzeitig ein Angriff auf den Verein und die Fans – egal, wo sie leben.

In Asien, in Amerika und in der arabischen Welt lieben Menschen den FC Barcelona, Bayern München oder eben Borussia Dortmund. Kinder verehren Lionel Messi, sie tragen das Trikot von Robert Lewandowski und freuen sich über einen Sieg vom BVB. Der Angriff von Dortmund trifft sie alle, die Gegner sind für einen Moment andere. Wieso sonst haben Dortmunder Fans den Gästen Schlafplätze angeboten? Wieso sonst sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: „Wir spielen für alle. Egal, ob Borusse, Bayer oder Schalker.“

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Die Frage ist nur, wie die Dortmunder spielen können mit dieser Last. Eben mussten sie mit ansehen, wie der Kollege neben ihnen im Bus verletzt wurde, jetzt sollen sie schnellstmöglich ihren Job machen. Wer noch nicht in einer solchen Situation war, vermag nicht zu beurteilen, wie es den ihnen dabei geht. Vielleicht ist es für manche sogar heilsam, so schnell wie möglich mit dem weiterzumachen, was sie am besten können. Das Schreckliche buchstäblich zu überspielen. Für andere mag es besser sein, möglichst viel Abstand vom Spielfeld zu bekommen. Doch sollte man die Profis wenigstens fragen, Hilfe anbieten – und auch die Möglichkeit, nicht aufzulaufen, wenn sie sich nicht imstande dazu sehen.

So oder so wird das Spiel nach der Attacke weitergehen. Das auf dem Rasen. Genauso wie das mit der Angst. Auf Letzteres wird man sich nie vorbereiten können. Doch alle, die weiter frei leben wollen, müssen mit einem sensiblen Umgang dafür Sorge tragen, dass die Freude an dem anderen nicht verloren geht – nicht bei den Spielern und nicht bei den Fans. Sonst gewinnen die Falschen.

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