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Die Hornistin Sarah Willis mit ihrer Sarahbanda. in Havanna.

© Monika Rittershaus

Kubanischer Sommer im Potsdamer Winter: Der Nikolaisaal plant ein „Cuba Special“

Sarah Willis bringt mit ihrer Sarahbanda karibisches Lebensgefühl an die Havel. Drei Tage lang steht der Inselstaat und seine Musik im Mittelpunkt.

Von Babette Kaiserkern

Bei der Erinnerung muss Sarah Willis lachen: „Als ich im Jahr 2017 zum ersten Mal nach Havanna kam, wollte ich eigentlich nur tanzen lernen.“ Offiziell kam sie, um eine Meisterklasse zu leiten. Doch die Hornistin der Berliner Philharmoniker liebt es, Salsa zu tanzen – und dafür gibt es sicherlich keinen besseren Ort. Denn „Kubas Sprache ist Musik und Tanz“ sagt Willis. Und was man nicht tanzen kann, könne man auch nicht spielen, erklärten ihre kubanischen Freunde.

Aus dieser Begeisterung entstand das einzigartige Projekt „Mozart y Mambo“, das bislang drei höchst erfolgreiche CDs und zwei Dokumentarfilme hervorgebracht hat. Jetzt kommt Sarah Willis mit ihrer Band Sarahbanda nach Potsdam – als Höhepunkt eines dreitägigen „Cuba specials“ im Nikolaisaal.

„Mir war es wichtig, nicht nur die wunderbare Musik zu spielen, sondern auch einen Blick zu werfen auf die Situation der Menschen heute“, sagt Michael Dühn, der Programmdirektor des Nikolaisaals, „dafür haben wir eine Lesung mit Geschichten aus dem Kuba der Gegenwart konzipiert.“ Die von dem Potsdamer Lateinamerikanisten Enno Petermann übersetzten Erzählungen werden von der Schauspielerin Nadine Nollau mit ihrer markanten Stimme vorgetragen.

Dazu spielt das Harold López-Nussa-Trio kubanisch inspirierten Jazz. Es sind drastisch-sarkastische Geschichten, die aus dem Alltag nach dem Zerfall der Sowjetunion erzählen. Der Wegfall ihrer Subventionen schuf auf Kuba große soziale Probleme bis hin zu Hungersnöten. Viele, die es sich irgendwie leisten konnten, verließen die karibische Insel, um ihr Glück woanders zu suchen.

Wie die fantastische Geigerin, Sängerin und Komponistin Yilian Cañizares, die am Samstag mit einem Quintett auf die Nikolaisaal-Bühne kommt. Cañizares wurde in Havanna geboren, ausgebildet in Caracas und Freiburg und lebt seit dem Jahr 2000 in der Schweiz. Den zweiten Teil des Konzerts bestreitet Omar Sosa mit seinem Cuarteto AfroCubano. Schon seit langem lebt der international renommierte Pianist, Perkussionist und Komponist in Barcelona. Wem die magische Musik schon beim Zuhören in die Beine gefahren ist, der kann sich nach der Show beim Tanz mit der Salsa-Band Mi Solar im Foyer des Nikolaisaals austoben.

Als ich die Büste von Wolfgang Amadeus Mozart in der Altstadt von Havanna sah, war das wie ein Zeichen für mich.

Sarah Willis, Hornistin der Berliner Philharmoniker

„Als ich die Büste von Wolfgang Amadeus Mozart in der Altstadt von Havanna sah, war das wie ein Zeichen für mich“, sagt Sarah Willis. Für sie ist es klar, dass Mozart sich in Kuba wohlgefühlt hätte. Schließlich schrieb er selber so viel Tanzmusik und verarbeitete sie in seinen Werken. Von klein auf begeisterte er seine Zuhörer auch mit ausgefallenen Improvisationen am Klavier. In Kuba gehört die Improvisation einfach zur Musik – und zum Alltag - dazu. Zugleich existiert eine Tradition der klassischen Musik.

An den Musikschulen werden Geige, Cello, Querflöte und andere Instrumente aus dem symphonischen Repertoire gelehrt. Auch das Horn spielt dabei eine wichtige Rolle. Allerdings nur in der E-Musik, nicht in der kubanischen Folklore. Das hat sich erst mit Sarah Willis geändert. Junge Komponisten hauchten nicht nur Mozarts Werken kubanisches Flair ein. Sie schrieben auch Werke auf der Basis von traditionellen Tänzen wie Son, Guagancó und Chachachá extra für sie.

Mit schier unglaublicher Energie und Hingabe hat Sarah Willis bei ihrem Mozart y Mambo-Projekt gezeigt, wie Musik Grenzen überwindet und Zuneigung und Verständnis füreinander schafft. Die Einnahmen ihres Projekts helfen auch bei der Anschaffung von Instrumenten und Zubehör für die jungen Musiker. „Ich habe bei den kubanischen Musikern eine zweite Familie gefunden“, sagt Sarah Willis begeistert. Sie selbst habe inzwischen so viel kubanisches Rhythmusgefühl inhaliert, dass sie nun, wenn sie mit den Berliner Philharmonikern spielt, aufpassen muss, um nicht einfach aufzustehen und loszutanzen.

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