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Der Kopf der Mutter mit Kind wurde aus dem 19 Meter hohen Großplakat herausgeschnitten.

© privat

Nach Anschlag am Garnisonkirchturm: Zerstörtes Potsdamer Großporträt wird geflickt

Ein 19-Meter-Plakat einer ukrainischen Mutter wird zerstört – ein Ukrainer filmte sich bei der Tat. Die Künstlerin will das Werk nun reparieren und wieder aufhängen.

Nach der Zerstörung eines Großplakats am Gerüst des Garnisonkirchturms in der Nacht zum 26. Februar bemühen sich die Künstlerin Julia Krahn und die Stiftung Garnisonkirche darum, das Kunstwerk möglichst bald wieder aufzuhängen. „Wir prüfen zunächst mit der Polizei, wie Vandalismus und politisch motivierte Taten verhindert werden können“, sagte Wieland Eschenburg, Kommunikationsvorstand der Stiftung Garnsinonkirche, den PNN.

Das 19 Meter hohe Bild zeigte eine ukrainische Mutter mit Kind. Ihr wurde der Kopf herausgeschnitten. Die Stiftung ließ dieses und ein weiteres, damit zusammenhängendes Großplakat aus Sicherheitsgründen umgehend abnehmen.

Die am 23. Februar zum Jahrestag des Angriffskrieges auf die Ukraine eröffnete Open-Air-Ausstellung St. Javelin zeigt Porträts und Zitate ukrainischer Frauen und war zuvor auch in Montreal, Neapel, Florenz und in Griechenland zu sehen. Eine Frau mit Spaten und Marina mit Kind wurden als Großplakate aufgehängt. Es habe durchaus Sicherheitsbedenken gegeben, auch wegen der Russlandfahnen am „Kreml“, die derselbe mutmaßliche Täter dort angebracht haben soll, räumt die Künstlerin Julia Krahn ein. Umso mehr freue sie sich über den Mut der Stiftung, die Bilder zu zeigen und die Großplakate auch wieder aufzuhängen. Der finanzielle Schaden betrage 10.000 Euro.

Die beiden Banner mit den Porträts ukrainischer Frauen von Julia Krahn am Gerüst des Garnisonkirchturms vor der Zerstörung.
Die beiden Banner mit den Porträts ukrainischer Frauen von Julia Krahn am Gerüst des Garnisonkirchturms vor der Zerstörung.

© Ottmar Winter/PNN

Das zerstörte Plakat – den präzise herausgeschnittenen Kopf fand die Polizei beim mutmaßlichen Täter – werde geflickt. Dafür müsse der Kopf neu auf ein Banner gedruckt werden. Durch das Flicken bleibe die Beschädigung bewusst sichtbar. „Die Wunde soll uns daran erinnern, was Tausende Menschen jeden Tag erleiden“, erklärt Julia Krahn.

Ähnlich äußerte sich Wieland Eschenburg von der Stiftung Garnisonkriche. Krieg hinterlasse Narben. Damit unterstützte die Tat die Aussage des Projekts St. Javelin. „Das Kunstwerk zeigt das individuelle Leid der Menschen im Krieg“, so Eschenburg. Die Stiftung wolle auch über die Sicherheit von Kunst am Bau öffentlich diskutieren. Zudem rief die Stiftung zu Spenden für die Reparatur auf.

Das Plakat wurde auch oberhalb des Kopfes aufgeschlitzt. Außerdem wurde in kyrillischen Buchstaben darauf geschrieben: „Die Ukraine gibt es nicht. Geschrieben mit dem Blut des Donbas’.“ Einer Frau auf einem der kleineren Plakate sei ein Hitlerbärtchen aufgemalt worden, berichtet die Künstlerin. Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) hatte die Tat als „Angriff auf die Freiheit der Kunst“ und „politische Provokation“ verurteilt.

Die abgebildete Frau bedauert die Tat

Der mutmaßliche Täter, ein 40 Jahre alter Ukrainer, wurde am Dienstag von verdeckten Einsatzkräften im Umfeld des früheren Landtages am Brauhausberg aufgegriffen. Er wurde vernommen und erkennungsdienstlich behandelt, ist aber weiterhin auf freiem Fuß. Er soll für weitere Taten verantwortlich sein. Unter anderem hatte er sich beim Entwenden von Ukraine- und Regenbogenflaggen sowie beim Anbringen russischer Flaggen am früheren Landtagsgebäude gefilmt.

Julia Krahn hängt das zerstörte Plakat wieder auf und zeigt die Spuren des Anschlags.
Julia Krahn hängt das zerstörte Plakat wieder auf und zeigt die Spuren des Anschlags.

© Ottmar Winter/PNN

„Es wäre schmerzhaft für alle Ukrainerinnen, das Porträt ohne Gesicht zu sehen“, sagt Julia Krahn. „Das war ein weiterer Angriff auf diese Frau.“ Die abgebildete Marina habe die Tat bedauert und erklärt: „Leider werden manche Leute nie verstehen, welchen Schrecken die Zivilbevölkerung erlebt, wenn Raketen fliegen.“

Es sei nicht ausgeschlossen, dass es zu einer weiteren Zerstörung komme, so Julia Krahn. Der Täter habe versucht, der abgebildeten Frau durch das Herausschneiden des Gesichtes die Würde zu nehmen. „Aber er macht sie dadurch stärker, universeller, denn er lässt sie aus der persönlichen Geschichte nun ein Volk verkörpern“, sagt die Künstlerin. Der Täter stehe zudem für einen Grundkonflikt, so Krahn. „Da sagt jemand, die Mutter – das Land Ukraine – existiere nicht, und ihre Kinder seien heimatlos.“

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