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Touristen im Park Sanssouci.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Mehr als Parks und Schlösser: Was Potsdam-Touristen erleben wollen – und was die Stadt ihren Gästen bieten möchte

Potsdam verbucht so viele Übernachtungen wie noch nie. Städtereisen sind beliebt. Potenzial liegt in Wassertourismus, Kongressen und Nachhaltigkeit.

Der typische Tourist reist nach Potsdam im Sommer, bleibt im Schnitt 2,5 Tage und besucht am häufigsten das Schloss Sanssouci, den Filmpark Babelsberg und die Biosphäre. Das zeigen die Übernachtungs- und Besucherzahlen aus Potsdams Tourismusbilanz 2023, die am Montag vorgestellt wurde. Doch Potsdam kann viel mehr: Kongresse, Wassertourismus und eine nachhaltige Reisedestination werden. Damit werben die von der Stadt betraute Potsdam Marketing und Service GmbH (PMSG) und dessen im Juli gegründeter Tourismusbeirat.

Sommerlicher Ansturm im Park Sanssouci
Sommerlicher Ansturm im Park Sanssouci

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Städtereisen im Kommen

„Das Städtereisen-Segment ist im Kommen“, sagt Wirtschafts-Beigeordneter Bernd Rubelt (parteilos). So verbuchte Potsdam 2023 mit gut 1.361.500 Übernachtungen einen neuen Rekord und erstmals ein Plus zu vor Corona. 2022 meldeten die Hotels insgesamt 150.000 Übernachtungen weniger. Bei der Besucherzahl mit circa 542.000 Gästen fehlen allerdings noch 22.000, um das Vor-Corona-Niveau 2019 zu erreichen. Heißt übersetzt: Diejenigen, die Potsdam besuchen, bleiben länger. Konkret 2,5 Tage. „Ein überaus positiver Wert“, sagt Sigrid Sommer, Marketing-Leiterin der Landeshauptstadt. „Es ist nicht mehr nur eine Stippvisite, sondern ein intensiver Aufenthalt“, so Rubelt.

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Übernachtungen 2023 in Potsdam

Den Gästen stehen 7140 Betten in 58 Unterkünften mit mehr als zehn Betten zur Verfügung. 2022 kamen das Holiday Inn am Kanal und 2023 das Niu Amity und B&B Hotel am Hauptbahnhof dazu, sodass etwa 1000 Betten mehr als vor Corona gebucht werden können. Das Angebot sei deutlich gestiegen und daher die Auslastung gesunken, so Rubelt. 2023 lag die Bettenauslastung bei 49,8 Prozent. Eingebucht hatten sich zu 91 Prozent Deutsche. Aus dem Ausland nächtigen vorwiegend Polen, Niederländer und Amerikaner in Potsdam.

Hinzu kommen die Tagestouristen aus Berlin. „Wir gehen davon aus, so wie sich die Berlin-Übernachtungszahlen erholen, werden wir auf das 2019er-Niveau kommen“, sagt PMSG-Geschäftsführer Raimund Jennert. 2019 berechnete das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr (DWIF) für Potsdam 18,1 Millionen Tagesgäste mit einem Umsatz von 842,8 Millionen Euro.

Neue Trends: Wassertourismus und Nachhaltigkeit

Ihnen gilt es etwas zu bieten. So knüpft die Potsdam Marketing und Service GmbH an ihre dreijährige Kampagne „Potsdam – eine Reise durch Europa“ an und setzt 2024 unter dem Titel „Wasser. Welt. Erbe.“ auf Wassertourismus. „Die meisten, die nach Potsdam zum Städtetrip kommen, wissen nicht, dass Potsdam so Wasser bezogen ist“, sagt Raimund Jennert. Kultur- und Naturfans sollen die Stadt entlang der Havel entdecken, etwa auf einer Panorama-Radrunde, der Tour „Kunst am Fluss“ in der Potsdam-City-App oder bei einer Führung am Luftschiffhafen mit Kanu-Olympiasieger Jan Vandrey. Mit professionellem Youtube-Video, Reisemagazin, drei Podcastfolgen und auf ihren Social-Media-Kanälen wirbt PMSG für das Wasser-Motto.

PMSG-Geschäftsführer Raimund Jennert.
PMSG-Geschäftsführer Raimund Jennert.

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Der zweite Trend hat den Arbeitstitel „Grünes Potsdam“ und bündelt nicht nur Aktionen zum 150. Geburtstag des Potsdamer Gartenkünstlers Karl Foerster, das Filmfestival Green Visions im Mai/ Juni und Klimafolgenanpassungen der Schlösserstiftung. Die PMSG will Potsdam als eine der ersten Großstädte Deutschlands zur nachhaltigen Reisedestination machen und strebt dafür bis Ende 2024 eine Zertifizierung durch die Firma TourCert an.

„Wir wollen gern 15 Partnerbetriebe gewinnen“, so Jennert. Diese können bereits mit einem Nachhaltigkeitslabel zertifiziert sein oder, wie die Biosphäre, einen Selbstcheck durchlaufen. Noch sei ein Nachhaltigkeitslabel kein Reiseanlass, aber „nach Studien wird es immer mehr nachgefragt“, so Jennert. Zumal in dem im März 2023 verabschiedeten Tourismuskonzept der Stadt die nachhaltige Tourismusentwicklung verankert ist.

KI, Digitalisierung und mehr Kongresse

Als weiteren Trend nennt Jennert die Verwendung von Künstlicher Intelligenz im Tourismussektor. In Zeiten des Fachkräftemangels könnte KI Standardanfragen per E-Mail beantworten. Für die Texterstellung wird ChatGPT bereits genutzt. Die Herausforderung sei es, KI angemessen zu verwenden.

Sebastian Leifgen, Sprecher von Potsdams Tourismusbeirat und Biosphären-Chef.
Sebastian Leifgen, Sprecher von Potsdams Tourismusbeirat und Biosphären-Chef.

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Potenzial bei KI und Digitalisierung – etwa zur einrichtungsübergreifenden Datensammlung von Besucherzahlen oder der geplanten, einheitlichen Veranstaltungsdatenbank auf potsdam.de und potsdamtourismus.de – sieht auch der neu gegründete Tourismusbeirat, bestehend aus 24 Mitgliedern aus Potsdamer Tourismusdestinationen, Kulturbetrieben sowie Stadtwerken, Verkehrsbetrieb und Pro Potsdam. Sie seien nicht nur ein beratendes Instrument, sondern wollen mitgestalten sowie den PMSG und die Stadt unterstützen, so Beiratssprecher und Biosphären-Chef Sebastian Leifgen. Reiko Käske, Lindenpark-Leiter und stellvertretender Sprecher, erinnert, dass Potsdam touristisch mehr zu bieten hat als Schlösser und Gärten.

Einen Schwerpunkt hat sich der Tourismusbeirat im Bereich Kongresse und Events gesetzt. „Das kann in Potsdam noch stark ausgebaut werden und in den Randmonaten helfen“, so Leifgen. Potsdam wird vorwiegend zwischen April und Oktober besucht. Die kürzlich von den Stadtverordneten beschlossene Bettensteuer für Geschäftsreisende, die ab 1. April in Kraft tritt, sieht er nicht als Hindernis: „Ich kenne wenige Städte in Deutschland, die keine Gebühr erheben.“ Die zusätzlichen fünf Prozent auf den Hotelpreis seien kein Stolperstein mehr, sondern zum Normalfall geworden. Potsdam nahm 2023 insgesamt 2,5 Millionen Euro durch die Bettensteuer ein.

In einer vorherigen Fassung stand für 2019 ein Umsatz von 842.000 Euro.

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