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Der Tatort. An dieser Stelle im Stadtzentrum von Cottbus kam die Studentin aus Ägypten ums Leben.

© Anna Ringle/dpa

Dritter Prozess um Tod einer Ägypterin in Cottbus: Junge Studentin überfahren – Kommilitonen sagten aus

War es ein Unfall? Oder fahrlässige Tötung? Das Landgericht Cottbus beschäftigt sich seit Dienstag mit einem Fall, der 2017 international für Aufsehen sorgte.

Von Sandra Dassler

Mehr als sechseinhalb Jahre nach dem tragischen Tod einer 22-jährigen ägyptischen Studentin in Cottbus wird der Fall zum dritten Mal vor Gericht verhandelt. Angeklagt ist ein junger Mann, dem vorgeworfen wird, die Studentin am 15. April 2017 mit überhöhter Geschwindigkeit angefahren zu haben. Dabei wurde sie so schwer verletzt, dass sie wenige Tage später im Cottbuser Thiem-Klinikum starb.

Der Angeklagte soll dabei die in diesem Verkehrsbereich vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um etwa 20 km/h überschritten haben. Bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit wären die tödlichen Folgen nach Ansicht von Sachverständigen vermeidbar gewesen.

Rassismus-Vorwürfe bestätigten sich nicht

Das tragische Geschehen in der Nacht zum Ostersonnabend hatte sogar international Aufsehen erregt. Vor allem, weil das Opfer nach Berichten und Informationen, die später nicht verifiziert werden konnten, vom Fahrer beziehungsweise Beifahrer des Autos rassistisch beleidigt worden sein sollte. Die Heimatuniversität der Studentin hatte daraufhin anderen ägyptischen Studierenden empfohlen, von Cottbus nach Berlin zu ziehen.

Weil sich die Vorwürfe nach Befragung vieler Zeugen nicht bestätigten, stellte die Staatsanwaltschaft Cottbus die Ermittlungen wegen rassistischer Beleidigungen im November 2018 ein.

Fahrer zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt

Der zum Tatzeitpunkt 20 Jahre alte Fahrer des Autos wurde allerdings wegen fahrlässiger Tötung vor dem Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Cottbus angeklagt. Das sah es nach mehrwöchiger Verhandlung als erwiesen an, dass der junge Mann in der 30er-Zone zu schnell gefahren sei (die Rede ist von mindestens 50 km/h) und verurteilte ihn Anfang 2020 zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr.

Grundlage dafür war unter anderem das Gutachten eines Sachverständigen der Dekra, wonach der Fahrer bei Einhaltung der vorgeschriebenen Geschwindigkeit dem Opfer noch hätte ausweichen können oder es zumindest nicht tödlich verletzt hätte.

Fahrer beging nach dem Vorfall weitere Verkehrsdelikte

Die Verteidigung hatte einen Freispruch beantragt, weil die Studentin unvermittelt auf die Straße getreten sei. Allerdings handelte es sich beim Unfallort um eine Bus- und Tramhaltestelle, bei der viele Menschen die Straße überqueren.

Diesmal konnten die Kommilitonen aus Ägypten anreisen.

Richard Fergin, Sprecher des Landgerichts Cottbus

Mit ihrem Urteil ging die damalige Richterin noch über den Antrag der Staatsanwaltschaft hinaus, die nur acht Monate Freiheitsstrafe gefordert hatte. Als erschwerend wertete sie, dass der Beschuldigte in den Monaten nach dem tödlichen Unfall zwei weitere Eintragungen ins Verkehrsregister erhalten hatte – eine wegen Alkohols am Steuer und eine zweite ebenfalls wegen zu hoher Geschwindigkeit.

Zweites Verfahren platzte wegen Corona

Der Angeklagte legte gegen das Urteil des Amtsgerichts Rechtsmittel ein. Der Fall wurde im Februar 2021 am Landgericht Cottbus erneut aufgerollt. Doch die 3. Große Strafkammer musste nach mehreren Verhandlungstagen das Verfahren aussetzen, weil es unter anderem wegen Corona nicht möglich war, dass die drei Begleiter des Opfers nach Cottbus anreisten. Dabei handelte es sich um Kommilitonen der Studentin, die bereits wieder in Ägypten leben.

„Das Gericht hat damals schon den Termin für die erneute Verhandlung festgelegt“, sagte Richard Fergin, Sprecher des Landgerichts, am Dienstag dem Tagesspiegel: „Diesmal konnten die drei Begleiter der Verstorbenen anreisen und aussagen. Sie haben im Wesentlichen noch einmal den Hergang des Unfalls geschildert, das Gericht wird danach weitere Zeugen und Sachverständige hören.“

Insgesamt wurden bisher sieben Verhandlungstage in den kommenden fünf Wochen für den Prozess angesetzt. Das Urteil könnte also noch in diesem Jahr fallen.

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