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09.04.2022, Brandenburg, Prenzlau: Birgit Bessin, Kandidatin für den Landesvorsitz der Brandenburger AfD und stellvertretende Vorsitzender der AfD-Brandenburg, steht neben Daniel von Lützow, stellvertretender Vorsitzender der AfD-Brandenburg, beim Landesparteitag der AfD-Brandenburg. Auf der Tagesordnung steht die Neuwahl des Vorstands in der Nachfolge von Andreas Kalbitz. Foto: Christoph Soeder/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

© dpa/Christoph Soeder

„Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen“: Brandenburgs AfD wählt neuen Parteivorstand

Die Brandenburger AfD-Fraktion wird durch ihre radikalen Äußerungen in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen als der Landesvorstand. Der wird am Wochenende neu gewählt. Eine Analyse.

In Brandenburgs AfD stehen die Zeichen auf Wechsel: Wenn die Partei ihre mittlerweile mehr als 2500 Mitglieder am Samstag und Sonntag zum Landesparteitag in die Wiesenhalle nach Jüterbog einlädt, wird aller Voraussicht nach der Bundestagsabgeordnete René Springer zum neuen Landesvorsitzenden der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuften Partei gewählt. Als Stellvertreter kandidieren der Landtagsabgeordnete Daniel Freiherr von Lützow und der Vorsitzende der Landtagsfraktion, Hans-Christoph Berndt.

Sollte die Wahl zu solch einem Ergebnis führen, würde rechtzeitig vor der Aufstellung der Landesliste und dem Beginn des Landtagswahlkampfs ein Konflikt beseitigt, der schon seit vergangenem Wahlparteitag vor zwei Jahren in Prenzlau hinter den Kulissen der größten Oppositionspartei in Brandenburg schwelt: Das Lager um den mittlerweile aus der Partei ausgeschlossenen ehemaligen Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz und seine Nachfolgerin Birgit Bessin hatte es in Prenzlau geschafft, alle wichtigen Parteiämter zu besetzen.

Springer, der als früherer Büroleiter von Alexander Gauland maßgeblich für den Aufbau der AfD in Brandenburg verantwortlich ist, trat schon damals für das Amt des Landesvorsitzenden an. Doch er scheiterte und wurde zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt.

Und der Fraktionsvorsitzende Berndt schaffte es nicht einmal in den Landesvorstand. Doch mittlerweile haben sich die Mehrheitsverhältnisse in der Brandenburger AfD geändert: Die Fraktion ist in der Öffentlichkeit deutlich stärker wahrnehmbar als der Landesvorstand, ihre Positionen sind mittlerweile um ein Vielfaches radikaler.

Radikale Äußerungen führen bei Parteitagen der AfD regelmäßig zu Beifallsstürmen

Und es ist genau diese Rechtsradikalität, die die Mitglieder an der Basis von den Funktionären ihrer Partei einfordern: Äußerungen, die Vertreter anderer Parteien die Hände über dem Kopf zusammenschlagen lassen, führen auf AfD-Parteitagen regelmäßig zu Beifallsstürmen.

Für Springer dürfte es deswegen durchaus auf der Haben-Seite einzahlen, dass er sich nach dem Bekanntwerden der Correctiv-Recherche zum Potsdamer Geheimtreffen in Potsdam im sozialen Netzwerk X für massenhafte Abschiebungen von Ausländern aussprach: „Wir werden Ausländer in ihre Heimat zurückführen. Millionenfach. Das ist kein Geheimplan. Das ist ein Versprechen.“

Ob Bessin dagegen überhaupt für ein Amt im Parteivorstand antritt, ist unklar: Als sie zusammen mit mehreren anderen Vorstandsmitgliedern, darunter Landtagsvizepräsident Andreas Galau, am Montag eine Volksinitiative zum Verbot der Gendersprache vorstellte, wollte sie sich zu diesem Thema nicht äußern.

Vor der Neuwahl des Parteivorstands muss der Mitgliederparteitag allerdings noch einige andere Dinge erledigen: So müssen sich die Mitglieder entscheiden, ob sie elektronische Abstimmungsgeräte verwenden wollen. In einer Partei, in der man sich untereinander nur bedingt vertraut, kann das eine schwere Hürde sein. Dann gibt es einen Antrag, der fordert, die Wahlen zum Parteivorstand noch einmal zu verschieben und den bisherigen Vorstand vorerst im Amt zu lassen.

Wer ihn stellt, geht aus den vorab verschickten, teils geschwärzten Presseunterlagen nicht hervor – nach Informationen der Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN) kommt er von Mitgliedern aus dem Wahlkreis 39, wo das Bessin-Lager versucht hatte, Andreas Kalbitz gegen den Willen aller Kreisvorsitzenden als Direktkandidaten zu installieren.

Und schließlich wollen sich die Parteimitglieder in einer Resolution an die Seite ihrer vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch eingestuften Jugendorganisation „Junge Alternative“ (JA) stellen. Das allerdings dürfte wohl eher eine Formsache sein – schließlich setzt auch die Brandenburger AfD zu Beginn des Wahljahres auf demonstrative Harmonie.

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