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Neuer Wald aus der Luft: Saatgutabwurf per Drohne soll Wiederaufforstung nach Waldbrand befördern.

© Andreas Klaer

Saatgutabwurf über Beelitz: Landesforst Brandenburg pflanzt erstmals Mischwald per Drohne

2022 waren 230 Hektar Wald in Beelitz verbrannt. Für die Aufforstung setzt der Landesbetrieb Forst auf Saatgut per Drohne. Möglich macht es das Berliner Start-up „Skyseed“.

Über den verkohlten Baumstämmen im Wald bei Beelitz-Heilstätten rieseln feine Saat-Pellets. Am Boden steht Markus Patas, Ingenieur beim Berliner Start-up „Skyseed“, und steuert die Drohne in Bahnen über das munitionsbelastete Gebiet. Im Juni 2022 hatten im Revier Seddin bei Beelitz in Potsdam-Mittelmark 233 Hektar Kiefernwald gebrannt. Auf 3,5 Hektar startete der Landesbetrieb Forst am Freitag einen Versuch, der für Brandenburg eine Premiere ist: Aufforstung aus der Luft, per Drohne.

 Markus Patas, Ingenieur beim Berliner Start-up „Skyseed“, steuert die Drohne.
 Markus Patas, Ingenieur beim Berliner Start-up „Skyseed“, steuert die Drohne.

© Andreas Klaer

Viele Waldbrände, komplizierte Aufforstung

„Brandenburg ist eins der Bundesländer mit den größten Waldbrandschäden und Kampfmittelbelastungen“, sagt Carsten Leßner, zuständig für Landesforst und die Oberste Jagdbehörde im Umweltministerium. 2023 brannten im Bundesland 763 Hektar Wald, 2022 waren es 1426 Hektar. Allein bei Jüterbog waren im Juni 700 Hektar betroffen.

Verkohlter Wald bei Beelitz.
Verkohlter Wald bei Beelitz.

© Andreas Klaer

Neue Bäume per Hand zu säen ist zeit- und kostenintensiv und obendrein gefährlich – durch das Geäst, das als Nährstoffquelle, Feuchtigkeitsspeicher sowie Wind- und Sonnenschutz liegen bleibt, und die Munitionsbelastung. Bei Beelitz darf die Brandfläche teilweise nur mit gepanzerten Fahrzeugen befahren werden, klassisches Pflügen oder Drillen für die Aussaat neuer Bäume ist hier nicht möglich.

Säen aus der Luft

Die Lösung kommt aus der Luft: als eine zwei mal zwei Meter große Drohne. Das Berliner Start-up „Skyseed“ hat sie 2021 entwickelt, um Aufforstung und Waldumbau schneller und an schwer zugänglichen Orten möglich zu machen. Zwölf Kilogramm Saatgut, verpackt in einer eigens entwickelten Pelletierung aus Pflanzenkohle und biologischer Substanzen, kann die Drohne transportieren und verteilt sie über einen Streuteller in einem Zehn-Meter-Radius. Ihr Mantel dient als Beschwerung im Wind, als Wasserspeicher und als Fraßschutz vor Schnecken, Mäusen und Vögeln.

Saatgut als Pellets.
Saatgut als Pellets.

© Andreas Klaer

In Beelitz verteilt die Drohne gut 60 Kilogramm brandenburgisches Saatgut für Sandbirke, Eberesche, Douglasie und Küstentanne. Standort heimische Baumarten, die aus dem einstigen Kiefernwald einen gesunden und Waldbrand resistenteren Mischwald machen sollen. Laubholz wirke kühlend und brenne weniger schnell, erklärt Carsten Leßner. Zudem gäbe es weniger leicht entzündliche Nadelstreu. So dient der Waldumbau nicht nur als CO₂-Senke, sondern auch der Waldbrandprävention.

Ole Seidenberg und Markus Patas (v.l.) von „Skyseed“ bringen per Drohen Saatgut aus.
Ole Seidenberg und Markus Patas (v.l.) von „Skyseed“ bringen per Drohen Saatgut aus.

© Andreas Klaer

Sämlinge durch Jagd schützen

Wie erfolgreich die Drohnen-Aufforstung war, wird bereits im Frühjahr sichtbar, wenn aus den Samen kleine Pflänzchen werden. „Im März und April beginnt die Keimphase. Die Sämlinge müssen durchfeuchten“, sagt Leßner. Voraussetzung ist ein feuchtes Frühjahr. Und: „Man muss den Wildverbiss einschränken.“ Das heißt, Schalenwild wie Rehe und Damwild, die die zarten Knospen und Blätter fressen, intensiv im Revier bejagen.

Aufforstung per Drohne.
Aufforstung per Drohne.

© Andreas Klaer

Revierförster Jakob Liesegang deutet auf die drei Hochsitze rundum der Aufforstungsfläche. „Wir stellen sehr dicht Kanzeln auf die Fläche und bejagen im Intervall“, sagt er. Eine weitere Herausforderung: „Wald wächst gern unter Bäumen.“ Die Sämlinge müssen sich bei direkter Sonneneinstrahlung und Frosteinwirkung durchsetzen. Die Ebereschen und Birken sollen für neuen Humusaufbau sorgen.

Revierförster Jakob Liesegang.
Revierförster Jakob Liesegang.

© Andreas Klaer

Gleichzeitig berichtet Jakob Liesegang: „Die Natur arbeitet schon.“ Kleine Kiefern stoßen durch das verkohlte Geäst. Birken wachsen als Stockausschlag und auch erste Eichen setzen sich durch. Die Naturverjüngung durch benachbarte Bäume sowie die gezielte Pflanzung von Laubbäumen wie Esskastanien und Heimbuchen ist die Strategie für die übrigen 50 Hektar landeseigene Waldbrandfläche. „Viele Flächen in Brandenburg sind nicht so großflächig abgebrannt. Dort reicht das natürliche Aussäen aus“, so Carsten Leßner.

„Skyseed“ fliegt in Brandenburg für Waldumbau

Für „Skyseed“ ist die Aufforstung in Beelitz, neben einem Forschungsprojekt bei Nürnberg, der erste Versuch, um eine Waldbrandfläche zu bewalden. In Brandenburg, aber auch in Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen fliegen sie bisher für den Waldumbau. „Es geht darum, Kiefernwälder zu durchmischen“, so Mitgründer Ole Seidenberg. In den Alpenregionen legen sie Schutzwälder aus der Luft an. In der aktuellen Saison bis April werden sie 140 Hektar beflogen haben. In der nächsten Saison sollen es 400 bis 500 Hektar werden. Dafür entwickelt „Skyseed“ eine eigene Drohne, die 20 Kilogramm Saatgut pro Flug ausbringen kann.

Ole Seidengang, Mitgründer von „Skyseed“, will hunderte Hektar aus der Luft bewalden.
Ole Seidengang, Mitgründer von „Skyseed“, will hunderte Hektar aus der Luft bewalden.

© Andreas Klaer

Der Bedarf in Zeiten der Klimakrise ist da. Auch in Brandenburg. Bedingt durch längere Dürreperioden werden Waldbrände in Brandenburg zukünftig häufiger werden, so Leßner. Und damit auch Aufforstungsprojekte wie diese. Er sagt: „Es wird zukünftig das Standardverfahren, wenn wir dort bewalden müssen, wo wir nicht herankommen.“

Vorausgesetzt, der Versuch bei Beelitz ist erfolgreich. Das Landeskompetenzzentrum Forst in Eberswalde wird das Projekt wissenschaftlich begleiten. In drei, vier Jahren könnte auf der verkohlten Fläche ein grüner Mischwald stehen.

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