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Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) im PCK Schwedt

© dpa / Jörg Carstensen

Brandenburg erstmals vor Bayern : Wirtschaft wächst schneller – Produktivität nahe an Westniveau

Diese Trendwende schien lange unerreichbar: Doch nun liegt das ostdeutsche Bundesland beim Wirtschaftswachstum erstmals vor den starken Ländern im Westen der Republik.

Brandenburgs jüngstes Spitzenwachstum beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist für Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) ein Beleg für die erfolgreiche wirtschaftliche Aufholjagd gegenüber dem Westen der Republik. „Ja, Brandenburg startet durch“, sagte Steinbach dieser Zeitung. „Das ist eine wirkliche Zäsur, die die wirtschaftliche und damit auch soziale Erfolgsstory diese Landes belegt.“

Steinbach erinnerte an die Ausgangslage und den Strukturbruch mit der Stilllegung vieler Betriebe nach der Wiedervereinigung: „Nun holt das Land in wichtigen ökonomischen Kenndaten deutlich gegenüber den westlichen Bundesländern auf.“

Größtes Wachstum aller Flächenländer

Tatsächlich hat Brandenburg 2022 beim Wirtschaftswachstum erstmals mit Bayern und Baden-Württemberg selbst starke Bundesländer überholt: Nach den jüngst veröffentlichten Bund-Länder-Statistiken fuhr Brandenburg mit 3,3 Prozent von allen Flächenländern das stärkste Wachstum des Bruttoinlandsproduktes ein. Die Mark folgt auf Platz vier gleich nach den drei Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin. Das BIP-Wachstum war etwa doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt von 1,8 Prozent.

Dahinter verbirgt sich auch der Tesla-Produktionsstart in Grünheide. Es bewahrheitet sich, dass das Land davon profitiert. Der Tesla-Effekt ist real.

Jörg Steinbach, SPD-Wirtschaftsminister Brandenburgs

„Hervorzuheben ist: Das verarbeitende Gewerbe, vor allem der Automobilbereich, ist der Treiber“, sagte der Minister. „Dahinter verbirgt sich auch der Tesla-Produktionsstart in Grünheide. Es bewahrheitet sich, dass das Land davon profitiert. Der Tesla-Effekt ist real.“ Tesla hatte seine Gigafactory in Grünheide im März 2022 eröffnet. Beim verarbeitenden Gewerbe hat Brandenburg trotz stark gestiegener Energiepreise und weiterhin eingeschränkter Lieferketten um 13,4 Prozent zugelegt, was bundesweit die höchste Zuwachsrate war. 

Arbeitsproduktivität fast so hoch wie in Schleswig-Holstein

Die Trendwende belegen weitere Zahlen. So war Brandenburg beim Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätiger mit 77.626 Euro nicht nur Spitzenreiter im Osten, sondern hat damit mit Schleswig-Holstein (77.404) und dem Saarland (73.438) zwei alte Länder überholt und liegt dicht hinter Niedersachsen (81.454) und Nordrhein-Westfalen (81.608). Spitzenreiter sind Hamburg (109.266), Bayern (91.958) und Baden-Württemberg (89.729).

Ähnlich sieht es bei der Arbeitsproduktivität aus, wo Brandenburg den höchsten Wert seit 1991 erreichte – mit einem BIP von 56,92 Euro je Arbeitsstunde und Erwerbstätigen. 25,8 waren es zur Jahrtausendwende. Brandenburg ist nur noch knapp hinter Schleswig-Holstein (57,47). Bei 61,16 liegt der Wert für Niedersachsen, bei 66,79 in Baden-Württemberg und 68,62 für Bayern. Das sind bisher die Stammländer der Automobilindustrie, vor dem E-Auto-Boom.

Absolut lag Brandenburgs Bruttoinlandsprodukt 2022 bei 88 Milliarden Euro. Laut Wirtschaftsförderagentur (WFBB) investierten Unternehmen – ohne Tesla – 2022 insgesamt 1,8 Milliarden Euro in neue oder bestehende Werke. Der Rückstand des Landes gegenüber dem Westen schwindet, ist aber immer noch signifikant: Brandenburgs BIP je Einwohner ist von 7690 Euro im Jahr 1991 auf 34.610 Euro gestiegen. Das ist nicht mehr weit hinter Schleswig-Holstein mit 38.274 Euro, aber noch deutlich hinter Baden-Württemberg (50.982), Bayern (53.768), Hessen (50.751), Niedersachsen (41.826) und Nordrhein-Westfalen (43.910).

Noch 2004 hatte den Brandenburgs damaliger Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns (CDU) offensiv in einer Kampagne mit den bundesweit längsten Arbeitszeiten, niedrigen Löhnen, geringer Tarifbindung und Streikbereitschaft als Standortvorteile des Landes geworben, um Investoren zu locken. Denn die Wirtschaftskluft zwischen Brandenburg und dem Westen verringerte sich damals nicht.

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