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22 junge Frauen aus aller Welt trafen sich im Juni in München zu "Girls20".

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Was die G(irls)20 den G20 raten: Her mit den gleichen Chancen

Im Vorfeld des Gipfels trafen sich in München junge Frauen aus den G-20-Länder, der EU, Afrika und Nahost. Eine Stärkung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt und Schutz vor sexueller Ausbeutung, lauten zwei wichtige Forderungen.

Zwölf Stunden lang haben sich die Verhandlungen hingezogen, um jede Formulierung wurde gekämpft – am Ende stand ein Kommuniqué, verfasst von Vertreterinnen der G-20-Länder, der EU, der Afrikanischen Union und der Nahost-Region. Der G(irls)-20-Gipfel, der am 21. Juni in München stattfand, ist seinem Vorbild tatsächlich recht ähnlich. Die kanadische Organisation bringt jährlich im jeweiligen Gastland des G-20-Gipfels 24 junge Frauen zusammen. Diesmal waren es nur 22 – den Delegierten aus Pakistan und Afghanistan waren die Visa verweigert worden. Am Ende einer Woche voller Vorträge und Workshops steht der Tag des Gipfels selbst, an dem Vorträge stattfinden.
Anschließend folgt das Wichtigste: Der Tag, an dem sich die Delegation zusammensetzt und gemeinsam ein Kommuniqué aufsetzt. Adressaten sind die G-20-Regierungschefs, denen die jungen Frauen in ihrem Papier eine Reihe von Anregungen geben wollen und Vorschläge ans Herz legen, um das 2014 von den Regierungschefs beschlossene Ziel zu realisieren: Bis 2020 sollen 150 Millionen neue Arbeitsplätze für Frauen geschaffen werden. G(irls)20 bekommt Unterstützung von oben: Dieses Jahr sandte Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries eine Grußbotschaft per Video, die auf dem Summit abgespielt wurde; im vergangenen Jahr drückten Kanadas Premierminister Justin Trudeau und IWF-Chefin Christine Lagarde den Delegierten die Daumen.

Es geht um Migration, den Klimawandel und die Digitale Wirtschaft

Das Kommuniqué findet seinen Weg tatsächlich bis in die oberen Ränge der G20. Die Jurastudentin Marleen Och, die diesjährige deutsche Delegierte, hat es kürzlich Lars-Hendrik Röller, dem G-20-Sherpa für Deutschland überreicht, der es weiterleiten wird. Die Schwerpunkte, die die Delegierten dieses Jahr gewählt haben, sind Migration, Energie und Klimawandel und Digitale Wirtschaft. Unter anderem fordern sie die Anerkennung internationaler Qualifikationen von Migrantinnen, die Verfügbarkeit von psychischer und physischer medizinischer Versorgung und den Zugang zum Arbeitsmarkt innerhalb von sechs Wochen nach Ankunft. Außerdem nennen sie die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, Internetinfrastruktur in ländlichen Gegenden und Strafen für Unternehmen, vor allem im Start-up- und Technikbereich, die Frauen wegen ihrer Forderung nach Lohngleichheit innerhalb der Geschlechter belächeln oder benachteiligen.
Die Delegierten betonen in einer separaten Anmerkung, dass sie neben den Vorteilen auch die Risiken der Digital Economy sehen und pochen daher darauf, den Schutz von Mädchen und Frauen vor Cyber-Mobbing, Online-Belästigung und sexueller Ausbeutung zu stärken.

"Wir haben an jeder Formulierung gefeilt"

Die Teilnehmerinnen repräsentieren ihr Land und müssen daher auch die Positionen ihrer Regierung vertreten – was die Verhandlungen zäh und schwierig machen kann. Das Kommuniqué ist das Ergebnis harter Arbeit. „Wir haben an jeder Formulierung gefeilt, bis wir alles einstimmig beschließen konnten – es war uns wichtig, dass alle mit dem Ergebnis zufrieden waren“, sagt Och. G(irls)20 hat sich der Stärkung der „female labour force participation“ (Erwerbsbeteiligung von Frauen) verschrieben. Nach diesem Kriterium werden die Delegierten, alle Frauen zwischen 18 und 23 Jahren, auch ausgewählt: Sie bewerben sich mit einer Idee, – sei es für eine NGO oder eine Initiative – die Mädchen und Frauen in ihren Heimatstädten und -dörfern hilft, gleichberechtigt in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Marleen Och hat sich mit der Idee für ein Netzwerk zwischen Studentinnen und Schülerinnen beworben, was letzteren den Einstieg ins Studium erleichtern soll. „Dazu waren die Workshops vor dem Summit da – dort haben wir Fähigkeiten gelernt, die wir brauchen, um unsere Projekte zu realisieren“, sagt sie. Dazu gehören Strategieplanung, Verhandlungstechnik und das Bewerben der eigenen Idee. Ob das Kommuniqué auf den Schreibtischen der G-20-Regierungschefs landet und ob in der diesjährigen angespannten Verhandlungssituation die Vorschläge umgesetzt werden, liegt jetzt nicht mehr in der Hand der Delegierten. Jetzt sind die G20 am Zug.

Die Autorin war 2016 deutsche Delegierte in Peking.

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