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Bundestagsabgeordnete sitzen in der Plenarsitzung im Deutschen Bundestag.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Verhandlung am Bundesverfassungsgericht: Hat die AfD ein Recht auf Ausschussvorsitzende im Bundestag?

Früher wurden Posten im Bundestag nach einer Wahl meist ohne großes Aufsehen verteilt. Seit die AfD im Plenum sitzt, ist das anders. Nun verhandelt das höchste deutsche Gericht dazu.

Die AfD-Fraktion kämpft am Bundesverfassungsgericht um die Vorsitze in mehreren Bundestagsausschüssen. Das höchste deutsche Gericht will dazu am Mittwoch (10 Uhr) in Karlsruhe verhandeln.

In der für einen Tag angesetzten Verhandlung soll es unter anderem um das Recht der Fraktionen auf Ausschussvorsitze sowie die Zulässigkeit einer Wahl zum Ausschussvorsitz und der Abwahl davon gehen. Ein Urteil wird erst einige Monate nach der Verhandlung erwartet. 

Der AfD-Politiker Stephan Brandner kritisierte vorab, die anderen Fraktionen täten vor allem bei Auslandsbesuchen so, als würde in Deutschland die Opposition, also auch die AfD, demokratisch behandelt. „Das ist aber falsch“, sagte der Zweite Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion. „Grundsätzlich wird uns nämlich nahezu jede Form der Partizipation zumindest schwer, wenn nicht unmöglich gemacht.“ 

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Bundestagsausschüsse werden in jeder Wahlperiode neu benannt und besetzt. Welche Fraktion welchem Ausschuss vorsitzt, wird eigentlich im Ältestenrat ausgehandelt. Gibt es – wie nach der Wahl im September 2021 – keine Einigung, wird aus der Stärke der Fraktionen eine Zugriffsreihenfolge berechnet. Nach dieser dürfen sich die Fraktionen im Wechsel Ausschüsse aussuchen. An die AfD waren so der Innen- und der Gesundheitsausschuss sowie der Ausschuss für Entwicklungszusammenarbeit gefallen. 

AfD-Kandidaten fielen durch

Üblicherweise benennen die Fraktionen dann den Vorsitz – nur bei Widerspruch wird gewählt. Entsprechend gab es am 15. Dezember 2021 in allen drei Ausschüssen geheime Wahlen und alle drei AfD-Kandidaten verfehlten die erforderliche Mehrheit deutlich. Ein zweiter Anlauf am 12. Januar 2022 endete mit dem gleichen Ergebnis. Aktuell leiten die stellvertretenden Vorsitzenden die betroffenen Ausschüsse.

Ein Eilantrag am Verfassungsgericht, die benannten AfD-Kandidaten bis zur Entscheidung in der Hauptsache vorläufig als Vorsitzende einzusetzen, blieb erfolglos.

Im Beschluss vom Mai 2022 hielt der Zweite Senat aber fest, es sei nicht ausgeschlossen, dass das Recht auf gleichberechtigte Mitwirkung auch den Zugang zu einem Leitungsamt erfasse. Es sei also „nicht von vornherein völlig ausgeschlossen“, dass Rechte der Fraktion verletzt seien. Im Hauptsacheverfahren sei unter anderem zu klären, ob die Geschäftsordnung des Bundestags eine freie Wahl der Vorsitze zulasse und ob Rechtspositionen der AfD-Fraktion aus dem Grundgesetz beeinträchtigt sein könnten. (Az. 2 BvE 10/21)

Ausschussvorsitzende haben bedeutende Position

Mitverhandelt wird eine zweite Klage der AfD, in der es um die Abwahl Brandners als Vorsitzender des Rechtsausschusses im November 2019 geht (Az. 2 BvE 1/20). Er war nach mehreren selbst ausgelösten Eklats abberufen worden – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Bundestags.

Einen Eilantrag der Fraktion auf Wiedereinsetzung Brandners hatte das Gericht im Mai 2020 abgelehnt - unter anderem mit der Begründung, dass die AfD ihre Beeinträchtigung durch die Benennung eines anderen Kandidaten verringern könne. Es hatte damals aber auch auf den Grundsatz der Gleichbehandlung der Fraktionen verwiesen. Eine effektive Opposition dürfe nicht auf das Wohlwollen der Mehrheit angewiesen sein.

In den Ausschüssen sitzen Abgeordnete aus den im Bundestag vertretenen Parteien. Sie beraten Fachthemen und bereiten Beschlüsse im Plenum vor. Die Zuständigkeit der Ausschüsse entspricht in den meisten Fällen jener der Bundesministerien, für Themen des Gesundheitsministeriums beispielsweise ist also der Gesundheitsausschuss zuständig. „Die Ausschussvorsitzenden haben eine bedeutende Position“, heißt es auf der Internetseite des Bundestags. „Sie bereiten die Sitzungen vor, berufen sie ein und leiten sie.“ 

Kein Recht auf Präsidiumsposten - aber Brandner sieht Unterschiede

Es ist nicht der einzige Konflikt um hohe Ämter im Bundestag, den die AfD mit den anderen Fraktionen am Verfassungsgericht austrägt. Streit gab es auch schon um einen Posten im Bundestagspräsidium.

Die anderen Parteien hatten allen AfD-Kandidatinnen und -Kandidaten für einen der Stellvertreterposten in etlichen Abstimmungen die erforderliche Mehrheit verweigert. Hier entschied das Gericht im März 2022, dass das Recht zur gleichberechtigten Berücksichtigung unter dem Vorbehalt der Wahl durch die übrigen Abgeordneten steht. Einen uneingeschränkten Anspruch auf einen Platz im Präsidium gebe es nicht.

Brandner sagte, im Grundgesetz heiße es, der Bundestag wähle den Präsidenten und seine Stellvertreter. Nach der Geschäftsordnung des Bundestags habe zudem jede Fraktion einen Anspruch auf mindestens einen Vizepräsidenten. Zu den Ausschussvorsitzen sei im Grundgesetz nichts zu finden.

Die Geschäftsordnung mache aber deutlich, dass diese nicht gewählt, sondern nach den Vereinbarungen im Ältestenrat „bestimmt“ werden, erläuterte Brandner. „Die Regelungen zu den Ausschussvorsitzenden sind also noch deutlicher zu unseren Gunsten, als die zu den Vizepräsidenten.“

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