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Er hat noch was zu klären. CSU-Chef Horst Seehofer will Kanzlerin Angela Merkel nur zum Parteitag einladen, wenn sie ihre Flüchtlingspolitik ändert. 

© Christof Stache/AFP

Streit CDU - CSU: Union rutscht unter 30 Prozent - was das bedeutet

Die Union rutscht in Umfragen weiter ab, auf unter 30 Prozent. Gibt es noch eine Chance, den Streit zwischen CDU und CSU zu beenden? Eine Analyse.

Von Robert Birnbaum

Manchmal ist an einer Nachricht das Bemerkenswerte, dass sie ausbleibt. Am Dienstag vermeldet die „Bild“-Zeitung einen neuen Tiefpunkt für CDU und CSU im Umfragesumpf: Erstmals sinken die Unionsparteien unter die 30-Prozent-Schwelle, 29,5 Prozent notiert das Insa-Institut. Das könnte eigentlich Anlass bieten für ein anklagendes Lamento aus den eigenen Reihen in Richtung der Kanzlerin. Doch selbst die üblichen Verdächtigen schweigen.

Wer den Gründen für die Stille hinterherhorcht, stößt schnell auf zwei Motive – ein sachliches und ein politisches. Sachlich ist der demoskopische Befund nicht ganz so neu. Die Unionsparteien sind schon in mehreren Umfragen auch anderer Institute an der 30-Prozent-Marke einsortiert worden. Außerdem haben die Insa-Rechner den Ruf, ihre Daten etwas eigenwillig auszulegen. Schon auf halbe Prozentwerte genau Volkes Meinung vermessen zu wollen, gilt unter Fachleuten als vermessen; die 29,5 wirken gewollt.

Schwerer wiegt ein politisches Motiv: Wenn der Versuch überhaupt eine Chance haben soll, den Streit zwischen CDU und CSU zu beenden, dürfen beide Seiten ihn nicht mehr frisch entfachen. Denn die Zeit zur Einigung wird knapp, ohne dass Fortschritte zu verzeichnen wären. Umso wichtiger erscheint gerade jetzt Selbstdisziplin. Als Angela Merkel vorige Woche im „Zeit“-Interview bekräftigte, dass sie von ihrer Flüchtlingspolitik nichts zurückzunehmen habe, blieb es deshalb auch schon beim bloß stillen Aufstöhnen in München: Musste das sein?!

Die entscheidende Spitzenrunde

Tatsächlich spricht nach Einschätzung von Insidern viel dafür, dass die entscheidende Spitzenrunde zwischen Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer frühestens nächste Woche stattfinden kann. Für den Bayern haben derzeit die Bund-Länder-Finanzverhandlungen Priorität. Sollte es am Donnerstag zu einer Einigung kommen, wäre zwar am Freitag Zeit für ein Gespräch mit Merkel – nur gilt derzeit als gut denkbar, dass sich das Ringen ums Geld über zwei Tage hinzieht. Scheitert es gar am Widerstand von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), droht neue Verhärtung im Unionsstreit.

So oder so wird ein historisch beispielloses Szenario immer wahrscheinlicher: Auf den Einladungen zum CSU-Parteitag am 4. und 5. November, die bald verschickt werden müssen, könnte der traditionelle Programmpunkt „Grußwort der CDU-Vorsitzenden“ fehlen. Das wäre zwar symbolisch ein Paukenschlag. Aber ohne eine Lösung im „Obergrenzen“-Streit, heißt es bei der CSU, mache ein Auftritt Merkels einfach keinen Sinn. Die Chefin der Schwesterpartei im Zweifel gar nicht erst einzuladen, wäre „das geringere Übel“, wenn andernfalls die Gefahr drohe, dass Merkel in München ausgepfiffen würde.

Sollte die Verständigung kurzfristig noch gelingen, umso besser: „Da wären unsere Delegierten sicher flexibel genug für eine Erweiterung der Tagesordnung“, sagt einer aus der Führung der Christsozialen. Inhaltlich sind beide Seiten aber weiter auseinander. Seehofer beharrt auf einer „Obergrenze“ von 200 000 Zuwanderern, Merkel lehnt das ebenso kategorisch ab. Und ein Kompromissvorschlag, der nicht bloß eine faule Formel wäre, ist nicht in Sicht.

Die Details der jüngsten Umfrage

Im Insa-„Meinungstrend“ für „Bild“ vom Dienstag erreichten CDU und CSU 29,5Prozent, 0,5 Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche. Die SPD verbesserte sich um einen Punkt auf 22 Prozent. Auf dem dritten Platz lag die AfD mit 15 Prozent. Die Linke verbesserte sich um 0,5 Prozentpunkte auf zwölf Prozent. Die Grünen verschlechterten sich um 0,5 Prozentpunkte auf elf Prozent, die FDP um 0,5 Punkte auf 6,5 Prozent.

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