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Hunger. Mehr als 200 000 Menschen sind aus dem umkämpften Grenzgebiet in den Südsudan oder nach Äthiopien geflohen. In den provisorischen Flüchtlingslagern gibt es kaum Wasser, nicht genug zu essen und nur in einigen Fällen eine medizinische Versorgung.

© AFP

Südsudan: Unabhängig in die Pleite

Südsudan ist seit einem Jahr ein eigener Staat. Doch seinen Problemen ist das Land nicht entkommen. Und der Konflikt mit dem Sudan ist in eine neue Runde gegangen.

Berlin - Erst ein Jahr ist der Jubel her. Seit dem 9. Juli 2011 ist der Südsudan das jüngste Land der Welt. Doch viel schlechter hätte es für den Südsudan wie für den nördlichen Nachbarn Sudan kaum laufen können. Nach einem Jahr sind beide Staaten dem Bankrott nahe. 200 000 Menschen sind vor Kämpfen entlang der umstrittenen Grenze zwischen beiden Ländern geflohen. Und von Staatsaufbau im Südsudan kann kaum die Rede sein.

Alfred Lado Gore ist Umweltminister des Südsudan. Beim Gipfel Rio+20 in Brasilien Ende Juni hat er die erste Rede Südsudans vor der Welt gehalten. Er war einer der letzten Redner. Und Alfred Lado Gore machte klar, wen er für den Schuldigen an der Misere hält: die Regierung des sudanesischen Diktators von Omar al Baschir in Khartum. Sein Präsident, Salva Kiir, sei „aus Gründen, die außerhalb seiner Macht stehen“, nicht in der Lage, selbst vor dem Gipfel zu sprechen, sagte der Umweltminister. Und dass sein Land dringend Hilfe brauche.

Was Gore meinte, war vor allem die Entscheidung Südsudans, im April das nordsudanesische Ölfeld Heglig zu erobern und die dortigen Anlagen zur Aufbereitung des Öls für den Transport durch die Pipelines zu zerstören. Die Vereinten Nationen verlangten von Salva Kiir, seine Truppen wieder abzuziehen, was er widerstrebend tat. Im Gegenzug zog Omar al Baschir seine Truppen aus der umstrittenen und ölreichen Grenzprovinz Abyei ab. Der Status des Gebiets ist so ungeklärt wie der genaue Grenzverlauf in den inzwischen zum Kriegsgebiet gewordenen Nachbarprovinzen Blauer Nil und Süd-Kordofan. Doch Baschir, innenpolitisch stark unter Druck, ließ seine Luftwaffe immer wieder Angriffe auf südsudanesisches Gebiet fliegen. 80 Bombardements hat die südsudanesische Regierung gezählt. Als „reinen Terror“ beschreibt das der Bischof von Rumbek.

Der Konflikt hatte sich schon Anfang des Jahres angebahnt. Der Sudan, der mit der Unabhängigkeit Südsudans zwei Drittel seiner Ölvorkommen verloren hat, und seinen Haushalt bisher zur Hälfte aus den Öleinnahmen bestritten hat, verlangte höhere Durchleitungsgebühren durch die Pipelines. Südsudan wollte nicht zahlen und entschied im Januar, die Ölförderung komplett einzustellen. Der Südsudan hat seinen Haushalt zu mehr als 90 Prozent aus den Öleinnahmen gedeckt. Inzwischen sind nahezu alle Regierungsstellen zahlungsunfähig. Investiert wird seit Anfang des Jahres schon in gar nichts mehr. Die Universität in der Hauptstadt Juba beispielsweise ist auch ein Jahr nach der Unabhängigkeit nicht wieder in Betrieb – und auch sonst kaum etwas.

Bis zum 2. August haben die UN den beiden Ländern Zeit gegeben, um ihre Konflikte zu lösen. Der ehemalige südafrikanische Präsident Thabo Mbeki bemüht sich seit Monaten um Vermittlung. Am Donnerstag hat die jüngste Verhandlungsrunde in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba begonnen. In der kommenden Woche sollen Baschir und Kiir am Rande des Gipfels der Afrikanischen Union erstmals seit dem Ausbruch des Grenzkonflikts wieder zusammentreffen.

Baschir steht unter enormem Druck, seit am 16. Juni erneut eine Protestbewegung ausgebrochen ist. Zunächst haben ein paar mutige Studentinnen gegen die hohen Preise für Benzin und Lebensmittel protestiert. Denn Baschir musste die Subventionen streichen. Seither finden überall im Land Proteste statt. Die sudanesische Polizei hat hunderte Demonstranten ins Gefängnis gesperrt, sie mit Tränengas und Gummiknüppeln zurückzudrängen versucht. Doch inzwischen protestieren nicht mehr nur Studenten.

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