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Der Protest gegen das LNG-Terminal ist auf Rügen groß.

© dpa/Stefan Sauer

Umstrittenes LNG-Terminal auf Rügen: Ampel-Fraktionen sprechen sich für Beschleunigung aus

Trotz aller Proteste auf der Urlaubsinsel hält die Ampel am Plan eines LNG-Terminals im Hafen Mukran fest. In einem Brief warnt der Bürgermeister von Binz vor den Folgen.

Die Reihen im Bundestag sind nur noch spärlich besetzt, als am Mittwochabend als letzter Tagesordnungspunkt der beschleunigte Bau des umstrittenen LNG-Terminals vor Rügen aufgerufen wird.

Seit Monaten wird auf der Urlaubsinsel gegen das Flüssigerdgas-Projekt im Hafen Mukran protestiert, mehr als 60.000 Menschen haben eine Petition gegen das Vorhaben unterzeichnet und auch innerhalb der Ampel-Koalition war man sich lange uneins gewesen. Am Mittwochabend jedoch bekennen sich die Ampel-Fraktionen zu dem Projekt.

„Es ist nicht gut, abhängig zu sein“, sagt die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Lisa Badum. In der Vergangenheit hatte sie große Zweifel an der Notwendigkeit des Terminals auf der Ostsee-Insel geäußert. Nun sagt sie: „Wir könnten vielleicht auf diese Terminals angewiesen sein.“

In einem kalten Winter und wenn wenig Gas aus dem Westen käme, könnte dies der Fall sein. Es sind die Argumente, die auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) immer wieder vortragen, die sich beide für das Terminal ausgesprochen haben.

Ostbeauftragter warnt vor Gas-Engpässen

Doch sie persönlich habe auch weiter Zweifel, betont die Grünen-Politikerin. Es bestehe die Gefahr, dass durch den Bau des Terminals viele Gas-Projekte in der Welt gefördert und Deutschland zu einem Umschlagpunkt für fossile Energien würden. „Das wäre mit der Freiheit zukünftiger Generation nicht vereinbar“, sagt Badum.

Weniger Zweifel äußert Carsten Schneider, SPD-Politiker und Ostbeauftragter der Bundesregierung: „Die ganze Bundesregierung ist der festen Überzeugung aufgrund der Bedarfsanalysen für die Verfügbarkeit von Gas nach dem Ausfall von russischem Gas, dass wir ein LNG-Terminal vor Rügen brauchen.“

Haben ist besser als Brauchen.

Der energiepolitische Sprecher der FDP, Michael Kruse, unterstützt den Bau des LNG-Terminals.

Die Versorgungssicherheit von Brandenburg, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Bayern, aber auch von Tschechien, Österreich und der Slowakei stünde auf dem Spiel. „Es geht hier nicht darum, den Verbrauch hochzuschrauben.“ Man müsse verhindern, dass Unternehmen in Ostdeutschland abgeschaltet würden. „Das ist nicht vertretbar.“

Auch die Liberalen unterstützen das Vorhaben: „Haben ist besser als Brauchen“, sagt der energiepolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Michael Kruse. Der Standort in Mukran helfe bei der Unabhängigkeit und Energiesouveränität. „Diese Infrastruktur wird gebraucht“, sagte Kruse.

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Das sehen auch Teile der Opposition so. Andreas Mattfeld (CDU) betont, man brauche LNG-Terminals in Ostdeutschland. „Sie können eine solche Anlage aber nur mit der Bevölkerung durchbringen und nicht mit der Brechstange.“ Dies sei geschehen, weil sich das Wirtschaftsministerium auf den Standort Mukran frühzeitig festgelegt habe, ohne mit den Menschen vor Ort zu kommunizieren. Dies sei ein „Skandal“, kritisiert Mattfeld.

Das ist massiv überdimensioniert.

Ralph Lenkert, Linken-Politiker, sieht das Projekt vor Rügen kritisch.

AfD und Linke lehnen das Projekt dagegen kategorisch ab: „Das ist massiv überdimensioniert“, kritisierte der Linken-Politiker Ralph Lenkert. Umweltschutz und Tourismus würden unter die Räder kommen, warnte er „Es besteht kein Eilbedürftigkeit für dieses Gesetz“, sagte Lenkert.

Karsten Schneider, Bürgermeister in Binz, will das Terminal noch stoppen.
Karsten Schneider, Bürgermeister in Binz, will das Terminal noch stoppen.

© Imago/Jens Koehler

Die Geschwindigkeit kritisiert auch der Bürgermeister von Binz, Karsten Schneider, scharf. In einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden und Abgeordneten im Bundestag, der dem Tagesspiegel vorliegt, kritisiert er, man sei zu wenig eingebunden worden: „Das Mittel der Planungsbeschleunigung bei umstrittenen Vorhaben hat sich nicht nur als äußerst demokratieschädigend herausgestellt. Das gesellschaftliche Miteinander wird dadurch regelrecht vergiftet“, schreibt Schneider.

„Wir betrachten die Auswirkungen der LNG-Terminals für die Menschen, das Klima, die Natur und den Tourismus als existenzielle Gefahr in vielfacher Hinsicht“, heißt es weiter in dem Brief, in dem Schneider die Aufhebung des Fraktionszwangs und eine namentliche Abstimmung über das LNG-Beschleunigungsgesetz fordert.

In zwei Wochen, in der letzten Sitzungswoche vor der parlamentarischen Sommerpause, will der Bundestag nun final über das Vorhaben abstimmen. Wirtschaftsminister Habeck betonte in der Fragestunde am Mittwoch bereits, dass man auch bei anhaltendem Protest an dem Terminal festhalten werde: „Die Bundesregierung heißt Bundesregierung, weil sie für die Energieversorgung in ganz Deutschland verantwortlich ist.“

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