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Donald Trump während der TV-Debatte an der Hofstra University in Hempstead, New York

© AFP

TV-Duell Clinton vs. Trump: Wie Rambo und Rocky in einer Person

Ist Hillary Clinton die klare Siegerin des ersten TV-Duells? Ach, wenn es doch so einfach wäre! Leider gelten in Trumps Welt andere Regeln. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Malte Lehming

Es war sein Moment, vielleicht der größte in seiner politischen Laufbahn bislang. Vor rund hundert Millionen Zuschauern stand Donald Trump der Kontrahentin um das höchste Amt der Welt gegenüber, dem des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Dieser Abend bewies: Er hatte es geschafft. Er war verlacht, verspottet, als Spinner, Rassist, Frauenfeind und Lügner tituliert worden, und keiner hatte ihm eine Chance gegeben. Doch nun konnte es alle Welt sehen: Er allein ist in der Lage, das gesamte amerikanische Polit-Establishment in die Knie zu zwingen.

Man muss sich einmal in die Psyche Trumps und seiner Anhänger hineinversetzen, um misstrauisch zu werden gegenüber den allzu vorschnellen Bewertungen dieser ersten TV-Debatte. Hillary Clinton – die klare Siegerin, souverän, kompetent, schlagfertig? Donald Trump – der klare Verlierer, unprofessionell, aufbrausend, abschweifend? Wenn es doch so einfach wäre! Dabei hatte Clinton das Grundproblem dieses asymmetrischen Aufeinandertreffens früh erkannt. Trump, sagte sie fast mitleidig, lebe in seiner eigenen Welt.

Ja, das tut er. Aber Trump inszeniert sich in dieser Welt auf dramatisch geschickte Weise als Underdog, als Rambo und Rocky in einer Person. Und als Herkules, der aus dem Saustall namens Amerika wieder ein großes, respektiertes Land machen will. Er ist der Kandidat des Wandels, während seine Widersacherin von ihm als Verkörperung jenes Establishment dargestellt wird – in Sprache, Gestus und persönlicher Karriere –, das verantwortlich für ist für die Notwendigkeit des Wandels. In dieser Rolle, die einzunehmen Trump perfekt beherrscht, sind Politikdetails egal. Mit traditionellen Maßstäben lässt er sich nicht messen.

Trump gibt seinen Anhängern das Gefühl, wie sie zu fühlen

Er mag noch so reich sein, noch so wenig Steuern gezahlt und noch so viele vergoldete Wasserhähne haben: Trump gibt seinen Anhängern das Gefühl, wie sie zu fühlen. Und weil er es schafft, ein Spiegelbild ihrer Träume zu sein, ist jeder Sieg, den er erringt, ihr eigener persönlicher Triumph – über die abgehobenen, gebildeten Snobs, die Latte-Trinker, Bäume-Umarmer, Gender-Freaks, Freihandels-Fanatiker, Nato-Schmarotzer. Seine Erfolge, so kann man etwas tautologisch sagen, machten ihn erfolgreich. Denn sie transportierten stets dieselbe Botschaft: Habt keine Angst, nicht vor der medialen Mehrheitsmeinung, nicht vor der politischen Konkurrenz, nicht vor der eigenen Partei, vor keinem!

Präsidial wirkt Trump bis heute nicht. Vielleicht wäre es auch falsch, die Rolle des pöbelnden Underdogs, die auf ihn maßgeschneidert ist, nun verändern zu wollen. Schließlich ist der Nimbus der Authentizität seine stärkste Waffe. Aber wie will er dann in der Mitte, bei den noch unentschiedenen Wechselwählern, punkten? Womöglich gar nicht. Trumps Strategie zielt vor allem auf die Mobilisierung des rechten Randes. Er will all jene an die Urnen bringen, die auf die Politik pfeifen, weil sich ja ohnehin nie etwas ändert. Die Verdrossenen, die Abgehängten.

Nach den allgemein anerkannten Kriterien der politischen Klasse hat Clinton das erste TV-Duell für sich entschieden. Schade nur, dass diese Kriterien in Trumps Welt keine Gültigkeit haben.

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