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Patrick Graichen, Staatssekretär für Wirtschaft und Klimaschutz.

© dpa/Michael Kappeler

Trauzeugen-Affäre im Klimaministerium: Transparenz darf nicht zur grünen Phrase werden

Staatssekretär Graichen droht ein beamtenrechtliches Disziplinarverfahren. Die Folgen sind unklar. Doch wenn es denn geführt wird, dann nur so: ganz transparent.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

Als Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und sein Staatssekretär Patrick Graichen im Bundestag zur verunglückten Personalwahl bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena) vernommen wurden, blieb die Öffentlichkeit vor der Tür. Die Ampelfraktionen wollten es so. Warum, erschließt sich nicht. Es sei denn, man verweigert sie, die Aufklärung, von der alle reden.

Nun ist schon allerlei nach draußen gedrungen. Allem voran das schon länger bekannte Geständnis, es handele sich um einen heilbaren Fehler, dass Graichen in einer Kommission blieb, die seinen Trauzeugen zum neuen Dena-Chef bestimmen sollte. Und auch, dass der Spitzenbeamte die Problematik dieser Konstellation mit dem späteren Bewerber zuvor wohl in einer Art Vorab-Bewerbungsgespräch erörtert hatte.

Beamte haben schon schwerere Disziplinarverstöße begangen als diesen. Dieser ist in erster Linie politisch delikat.

Jost Müller-Neuhof

Ein Fehler passiert, wenn jemand fahrlässig handelt. Aber was ist mit Vorsatz? Das blieb unklar in der Sitzung.

Dennoch wird man die Einlassung wohl so bewerten können: Von seinem Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen, hat Patrick Graichen nur eingeschränkt Gebrauch gemacht und – was man ihm anrechnen kann – eine Art Teilgeständnis abgelegt. Er wusste wohl, da gibt es ein Problem. Und das bin ich.

Nun geht es nicht um Straf-, sondern um Dienstrecht. Habecks Ministerium wird prüfen, ob der Mann gegen Beamtenpflichten oder Compliance-Regeln verstieß. Und wenn ja, in welcher Weise.

Hier könnte die Frage, ob er gedankenlos handelte oder das Gegenteil davon – dass er bewusst über seine enge Freundschaft täuschte –, eine Rolle spielen.

So oder so, Beamte haben schon schwerere Disziplinarverstöße begangen als diesen. Dieser ist in erster Linie politisch delikat.

Politik mag insgesamt ein großes Theater sein. Aber wie findet es das Publikum, wenn jemand in einer dreiköpfigen ministeriell besetzten Personalfindungskommission Theater spielt? Oder – auch nicht ausgeschlossen – sich alle gegenseitig etwas vorspielen?

Dass Habeck seinen Mann in der hohen Position hält, ist sein gutes Recht. Es ist dann aber seine Pflicht, eine etwaige Untersuchung – mit Einverständnis Graichens – zum öffentlichsten Disziplinarverfahren zu machen, das je in der Bundesrepublik geführt wurde.

Läuft es anders, wäre die grüne Rede von Transparenz auch nur eine Phrase.

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