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Kanzler Scholz (hier bei der Asien-Pazifik-Konferenz in Singapur) will die Beziehungen zu Südostasien ausbauen.

© dpa/Britta Pedersen

Exklusiv

Südostasien-Woche im Kanzleramt: Wie Scholz unabhängiger von China werden will

Montag Besuch aus Malaysia, Dienstag aus den Philippinen, Mittwoch aus Thailand – die Gästeliste im Kanzleramt folgt der neuen Asienstrategie. Nach Peking will Olaf Scholz trotzdem bald.

Das Besuchsprogramm dieser Woche im Kanzleramt lässt sich fast schon als südostasiatisches Speeddating bezeichnen: Am Montagabend ist der malaysische Premier Anwar Ibrahim bei Olaf Scholz zu Gast, am nächsten Vormittag kommt der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Jr., ehe am Mittwoch auch der thailändische Ministerpräsident Srettha Thavisin seinen Antrittsbesuch absolviert.

Ein wenig Zufall war schon dabei, aber die auffällige Terminhäufung passt der Bundesregierung gut ins Konzept. Man müsse in der Welt des 21. Jahrhunderts, die für Scholz eine multipolare ist, zur Bewältigung quasi aller globalen Probleme „mit Partnern aus aller Welt zusammenarbeiten“, wie es aus dem Kanzleramt heißt: „Diese Zusammenarbeit suchen wir auch in Asien. Dementsprechend gewinnen die südostasiatischen Staaten als Partner für Deutschland weiter an Bedeutung.“

Konkreter noch geht es darum, der deutschen Wirtschaft neue asiatische Märkte zu öffnen und ihr einen Ausweg aus der großen Abhängigkeit vom Chinageschäft zu bieten. Auf keinen Fall soll sich das, was durch den Ukrainekrieg in Bezug auf russische Energielieferungen offenbar wurde, in den Wirtschaftsbeziehungen mit Peking wiederholen, wenn es auch in Taiwan zur Krise oder gar zum Krieg käme.

Zusätzliche Partner gesucht

So biete sich nun, wie es Sonntag aus dem Kanzleramt hieß, „die Gelegenheit, den Diversifizierungs- und De-Risking-Ansatz der China-Strategie der Bundesregierung mit weiterer Substanz zu unterlegen“. Für „den Abbau einseitiger Abhängigkeiten“, über zusätzliche Lieferketten und Rohstofflieferanten, „braucht es Partnerschaften mit aufstrebenden Nationen wie denen in Asien, insbesondere den Asean-Staaten“. Daher werde die Regierung die Beziehungen „weiter intensivieren“.  

In der Praxis sieht das so aus, dass Scholz mit Malaysias Ministerpräsident über die Zuwanderung von Fachkräften, Freihandelsabkommen und Rohstoffe sprechen will. Das Land, in dem 700 deutsche Unternehmen 63.000 Jobs geschaffen haben, ist „nach Taiwan unser zweitwichtigster Lieferant von Halbleitern“, wie es in der Regierungszentrale heißt: „Die angekündigte Infineon-Investition in Malaysia ist ein gutes Beispiel der Diversifizierung unserer Partnerschaften.“

Der philippinische „Präsident Marcos hat Deutschland mehrfach als Vorbild für sein Land herausgestellt und sein besonderes Interesse an einer Kooperation geäußert“, so die Einschätzung vorab: „Wir streben einen Ausbau der bilateralen Zusammenarbeit insbesondere im Bereich der Fachkräftemigration (Planung Migrations- und Mobilitätspartnerschaft), Rohstoffe (Nickel) und Klimaschutz an.“

Freihandel, Fachkräfte, Rohstoffe

Thailand wiederum, wo 600 deutsche Firmen aktiv sind und zu einem jährlichen Handelsvolumen von zuletzt 14 Milliarden Euro beitragen, gilt als nicht weniger attraktiv. „Die Verhandlungen zu einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und Thailand und der OECD-Beitrittsprozess machen den Standort für die Diversifizierung unserer wirtschaftlichen Beziehungen noch interessanter“, lautet die interne Empfehlung an Scholz vor seinem Gespräch am Mittwoch.. 

Das Ziel, weniger abhängig von China zu werden, ist nicht gleichbedeutend mit einer Abkehr von den Beziehungen zu Peking. Die Volksrepublik ist viel zu wichtig, allein schon mit Blick auf die erhoffte Befriedung der Kriege in der Ukraine und Nahost. Nach seinem Antrittsbesuch Anfang November 2022 steht daher für Scholz bald ein weiterer Besuch an. „Im Frühjahr“, so heißt es aus dem Kanzleramt, „ist eine zweite Reise des Bundeskanzlers nach Peking in der Planung.“

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