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Ihr Kurs. Kanzlerkandidat und SPD-Chef Martin Schulz (links) und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius äußerten sich in Berlin.

© dpa

SPD-Wahlkampf: Boris Pistorius, der rote Sheriff

Der niedersächsische Innenminister Pistorius soll Kanzlerkandidat Martin Schulz im Wahlkampf unterstützen. Kann das die Sozialdemokraten nach vorne bringen?

Eines will Boris Pistorius lieber gleich klarstellen: „Es gibt kein Schattenkabinett. Meine Rolle sehe ich da, wo ich jetzt bin.“ Einen Wechsel in die Bundespolitik schließt der niedersächsische Innenminister der SPD also aus. Dennoch haben sie in der Partei Großes mit ihm vor.

Pistorius steht im lichtdurchfluteten Atrium des Willy-Brandt-Hauses – kräftig gebaut, mit roter Krawatte, Bürstenschnitt. Neben ihm der Mann, den er in den kommenden Monaten unterstützen soll: Kanzlerkandidat Martin Schulz. „Im Bundestagswahlkampf bin ich das Gesicht der sozialdemokratischen Innenpolitik“, sagt Pistorius.

Pistorius als "Law and Order"-Mann

Die innere Sicherheit gilt als eine offene Flanke der Sozialdemokraten. Auch im Willy-Brandt-Haus wissen sie, dass sie im Wahlkampf an dieser Stelle nachjustieren müssen. Doch Kanzlerkandidat Martin Schulz ist offenbar keiner, der sich mit dem Thema wohlfühlt. „Für mich ist die Innenpolitik denkbar ungeeignet für den Wahlkampf. Sie ist eine Daueraufgabe“, sagte er.

Dass er Pistorius nun im Wahlkampf dazuholt, ist ein schlauer Schachzug. Pistorius kann die Rolle des „Law and Order“-Manns einnehmen, die des roten Sheriffs. Er hat in Niedersachsen als Innenminister einen guten Stand, gilt als reflektiert.

Der Schritt erinnert außerdem ein wenig an das, was CDU-Spitzenkandidat Armin Laschet im NRW-Landtagswahlkampf versucht hatte. Er hatte den bekannten CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach geholt, um so beim Thema Sicherheit zu punkten. Der Plan ging auf. Nun holt sich also auch Schulz die Verstärkung eines profilierten Politikers – die Hoffnung ist wohl, dass das den vor sich hindümpelnden Umfragewerten der SPD neuen Auftrieb geben könnte.

SPD fordert europäisches FBI

Um zu zeigen, dass es seine Partei ernst meint mit der inneren Sicherheit, stellt Pistorius deshalb ein 10-Punkte-Papier vor, an dem er maßgeblich beteiligt war. Viele der Forderungen sind nicht neu: mehr Polizisten beispielsweise, die Sicherheitsbehörden personell und technisch weiter ausbauen. Auf anderen Feldern wird er konkreter. Pistorius fordert etwa eine europäische Grenzschutzpolizei. Denn die Sicherung der Außengrenzen sei einer der Geburtsfehler des Schengen-Raums.

Die SPD setze sich außerdem für eine Art europäisches FBI zum Beispiel bei Europol ein. Auch wenn Teile der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union für eine so enge Zusammenarbeit noch nicht bereit seien, könne zunächst ein Teil der Mitgliedsstaaten gemeinsam vorangehen.

Beim Thema islamistische Gefährder fährt Pistorius schon länger eine harte Linie. In Niedersachsen hat er in diesem Jahr beispielsweise die Durchsetzung von Paragraf 58a des Aufenthaltsgesetzes erreicht. Demnach dürfen Ausländer, die nachweisbar eine besondere Gefahr für die Bundesrepublik Deutschland darstellen, sofort abgeschoben werden. Die Politik war lange davor zurückgeschreckt, auch beim Berliner Attentäter Anis Amri wurde der Paragraf nicht angewendet.

Lob von de Maizière

Pistorius aber riskierte es, selbst Bundesinnenminister Thomas de Maizière gratulierte seinem niedersächsischen Kollegen: Pistorius habe „neue Maßstäbe“ gesetzt. Auch mit solchen Erfolgen im Rücken sagt Pistorius jetzt im Willy-Brandt-Haus Sätze wie: „Wir müssen konsequent gegen Gefährder vorgehen. Da haben wir kein Regelungs-, sondern ein Umsetzungsdefizit.“

Ein weiteres großes Thema bei der Inneren Sicherheit – das hatte sich schon in NRW gezeigt – sind Wohnungseinbrüche. Pistorius fordert deshalb ein Förderprogramm für den Einbau einbruchhemmender Fenster und Türen. Wie konkret dieses Programm aussehen soll, konnte er am Donnerstag nicht skizzieren. Er schlägt aber beispielsweise zusätzlich zu einer Darlehensförderung für Bestandsbauten auch steuerliche Begünstigungen und eine Ausdehnung auf Neubauten vor.

SPD für mehr Videoüberwachung

Gesteigert werden kann die Innere Sicherheit nach Meinung der SPD auch durch mehr Videoüberwachung. Bei großen Menschenmengen sollten die Möglichkeiten der „mobilen anlassbezogenen und zeitlich begrenzten Videoüberwachung“ erweitert werden.

Weil die SPD bei der Sicherheit in vielen ihrer Forderungen der CDU ähnelt, will sie zumindest Unterschiede im Ton herausstellen. „Wir verstärken die Ängste der Menschen nicht, wir versuchen sie ihnen zu nehmen“, sagt Pistorius. Schulz wird noch etwas schärfer: Die Union gebe der Propaganda Vorrang, „in der Ängste von Menschen durch emotionale Rhetorik geschürt werden“. In CDU und CSU dürften sie solche Vorwürfe gelassen aufnehmen – hier sieht man sich bei den Forderungen nach wie vor als das Original.

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