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Co-Vorsitzender der SPD: Lars Klingbeil.

© Christian Charisius/dpa

„Zu stark auf Russland konzentriert“: SPD-Chef Klingbeil kündigt neue Ostpolitik der Partei an

Nach Putins Invasion in der Ukraine: Die SPD werde sich außenpolitisch neu ausrichten, sagt der Co-Chef der SPD. Dazu gehöre auch „der kritische Blick“ zurück.

SPD-Chef Lars Klingbeil hat eine grundsätzliche Neubesinnung seiner Partei zur Politik gegenüber Russland angekündigt. „Wenn im Grundsatzprogramm der SPD steht, dass Sicherheit in Europa nur mit Russland zu erreichen sei, dann sehen wir: Das stimmt vor dem aktuellen Hintergrund des Krieges nicht mehr“, sagte Klingbeil der „Welt am Sonntag“. Seit zehn Wochen führt Russland auf Befehl von Präsident Wladimir Putin einen Angriffskrieg gegen die Ukraine.

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Klingbeil kündigte eine neue Bestimmung der künftigen Grundsätze sozialdemokratischer Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen einer parteiinternen Kommission Internationale Politik. Deren Wiedereinsetzung war im Februar beschlossen worden.

„Dazu gehört auch der kritische Blick zurück“, sagte er. „Wir haben uns zu stark auf Russland konzentriert. Künftig müssen wir viel stärker mit den osteuropäischen Staaten kooperieren.“

Die SPD sei stolz auf die Ostpolitik von Willy Brandt. „Sie war die Grundlage für die Wiedervereinigung und das Ende des Kalten Krieges. Darauf fußend war es über Jahrzehnte Konsens in der Bundesrepublik, dass Konflikte über Dialog entschärft werden können. Das lassen wir uns nicht schlecht reden, auch wenn ich gerade erlebe, dass dieses Grundverständnis von manchen nun in Frage gestellt wird.“

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Allerdings seien auch Fehler gemacht worden. Diese hätten jedoch nicht allein mit der SPD zu tun. „16 Jahre lang saß Angela Merkel im Kanzleramt“, sagte Klingbeil. „Mich beschäftigt, aus welchem Grund die Politik insgesamt, auch noch nach der Besetzung der Krim 2014, allein auf Wandel durch Handel gesetzt hat“, fügte Klingbeil hinzu.

Die Antwort sei wichtig für Deutschlands künftige Beziehungen zu anderen Staaten, etwa zu China. Deutschland dürfe sich nicht in eine einseitige Abhängigkeit von China bringen. „Im Fall von China bedeutet es, dass wir die technologische Abhängigkeit von der Volksrepublik, in der wir uns längst befinden, massiv reduzieren müssen“, sagte er. „Ökonomische Beziehungen ohne politische Veränderungen – dieses Konzept ist gescheitert.“

Aus seinen Gesprächen mit Wirtschaft und Industrie wisse er, dass dort die Debatte, wie man sich von China lösen kann, gerade intensiv geführt würden, sagte Klingbeil. „Ich bin sicher, dass wir als Folge der Corona-Pandemie und des Kriegs in der Ukraine erleben, dass Produktion hierher zurückverlagert wird, dass Lieferketten hinterfragt werden, dass darüber nachgedacht wird, wie wir die europäische Wirtschaft krisenresistenter und damit stabiler aufstellen können.“ (dpa, AFP)

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