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Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (l.) im Gespräch mit Ägyptens Parlamentspräsident Ali Abdel Al (r.).

© imago/ZUMA Press

Die Flüchtlingskrise und die Folgen: Singhammer wirbt für Investitionen in Nordafrika

Der Bundestagsvizepräsident hat Ägypten besucht. Die Lösung der Flüchtlingskrise sieht er weniger in der Einrichtung von Aufnahmezentren in Nordafrika als in verstärkten Wirtschaftsbeziehungen.

Der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, der CSU-Politiker Johannes Singhammer, wirbt dafür, die Wirtschaftsbeziehungen zu den Staaten Nordafrikas deutlich auszubauen. "Dies wird viele Probleme lösen helfen, die wir mit der Region haben", sagte Singhammer dem Tagesspiegel mit Blick auf die Flüchtlingskrise. "Wenn es den Menschen in Afrika schlecht geht, kann es auch uns nicht gut gehen." Die Einrichtung sogenannter Aufnahmezentren für Flüchtlinge, die aus Europa zurückgeschickt oder von europäischen Schiffen aus dem Mittelmeer gerettet werden, sollten nach Ansicht des CSU-Politikers dagegen nicht im Vordergrund der Politik stehen.

Die Bundesregierung bemüht sich derzeit, Partnerländer für solche Aufnahmeeinrichtungen zu finden. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) forderte vor wenigen Tagen – ähnlich wie zuvor SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann – Flüchtlinge, die auf dem Mittelmeer gerettet werden, direkt nach Afrika zurückzubringen. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) sieht das hingegen kritisch. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht von Rücknahme-Partnerschaften nach dem Vorbild des EU-Türkeiabkommens. Sie reist Ende der Woche zu Gesprächen über das Thema nach Ägypten und Tunesien. Tunesien hat dem zwar eine Absage erteilt, nicht zuletzt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hält aber an dem Projekt fest. "Wir brauchen sichere Orte in Afrika, wo entschieden wird wer nach Europa kommt", sagte der Minister vergangene Woche beim Europäischen Polizeikongress.

Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit

Singhammer hat in den vergangenen Tagen Ägypten besucht und dort unter anderem mit Staatspräsident Abdel Fattah al Sissi gesprochen. Er plädiert dafür, die Staaten Nordafrikas durch Ausbildungsprogramme und Investitionen zu unterstützen. "Allein in Ägypten drängen jedes Jahr 800.000 junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. Wir müssen helfen, dass sie Arbeit finden", sagte Singhammer. Deutschland hat in den vergangen Jahrzehnten zwar bereits Ausbildungsprogramme in Ägypten und anderen Ländern gefördert, doch auch wer gut ausgebildet sei, finde oft keinen Job, erläutert Singhammer. "Wir sollten besonders mittelständische Unternehmen, die bekanntlich der Arbeitsplatzmotor schlechthin sind, dafür begeistern, in diesen Ländern zu investieren."

Ägypten habe mit der Freigabe seiner Währung erst kürzlich einen wichtigen Investitionsanreiz gesetzt, so Singhammer. Politisch hat das Land anders als Tunesien nach dem Arabischen Frühling indes keine überzeugenden demokratischen Reformen auf den Weg gebracht. Dennoch kommt Ägypten nach Ansicht des Bundestagsvizepräsidenten eine Schlüsselrolle bei der Kooperation Europas mit der Region zu. Vor allem bei der Bekämpfung von Extremisten. "Ägypten ist ein Stabilitätsanker, und wir tun gut daran, das zu würdigen." Auch bei der Lösung des Bürgerkrieges im benachbarten Libyen sei Europa auf die Zusammenarbeit mit dem Land angewiesen. Europa und Deutschland müssten daher ein Interesse an einem stabilen Ägypten haben. "Ein guter Weg dazu, ist die wirtschaftliche Zusammenarbeit."

Rechtsstaatlichkeit einfordern

Kritik an der Menschenrechtssituation oder mangelnder Rechtsstaatlichkeit müssten gleichwohl angesprochen werden, fügte Singhammer hinzu. Als Beispiel nannte er die Arbeitsbeschränkungen internationaler Stiftungen in Ägypten. Auch deutsche Parteistiftungen sind davon betroffen. "Ich habe meinen Gesprächspartnern deutlich gemacht, dass dieses Thema für uns von großer Bedeutung ist."

Singhammer traf in Kairo auch den koptischen Patriarchen Tawadros II., mit dem er die Lage der christlichen Minderheit in Ägypten erörterte. Im Dezember waren 24 Kopten bei einem Terroranschlag auf eine Kirche in Kairo getötet worden. Es war nicht der erste Angriff auf Christen in dem Land. Besonders auf der Sinai-Halbinsel fliehen immer mehr Kopten vor der Gewalt. Immer wieder werden Vorwürfe von Kopten laut, die Regierung schütze sie nicht ausreichend gegen solche Gewalttaten. Singhammer hat aber den Eindruck, dass sich die Lage der Christen verbessert hat. "Die Regierung setzt klare Zeichen, dass sie die Religionsausübung der Kopten respektiert." So habe Staatschef al Sissi an Weihnachten demonstrativ Gottesdienste besucht. "Das hat es früher nicht gegeben."

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