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Setzt auf mehr Härte bei Abschiebungen: SPD-Innenministerin Nancy Faeser.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Schnellere Abschiebungen: Ampel-Migrationsexperten hadern mit Nancy Faesers Kurs

Das Kabinett soll am Mittwoch das Gesetz für schnellere Rückführungen beschließen. Doch viele Abgeordnete von SPD und Grünen sind unzufrieden mit der harten Migrationspolitik.

Die SPD-Spitze müht sich, in der Migrationsdebatte schnelle Antworten zu geben. Am Montag kündigte SPD-Innenministerin Nancy Faeser an, dass das Bundeskabinett am Mittwoch ihr Gesetzespaket für schnellere Abschiebungen verabschieden soll.

„Wer in Deutschland kein Bleiberecht hat, muss unser Land wieder verlassen“, sagte Faeser der „Rheinischen Post“. Dies sei „notwendig“, damit Menschen, die hierzulande Schutz vor Krieg und Terror gefunden hätten, weiterhin gut versorgt werden könnten. So habe Deutschland allein 1,1 Millionen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine Schutz geboten.

Laut dem vor knapp zwei Wochen veröffentlichten Entwurf, der sich damals noch in der Abstimmung innerhalb der Regierung befand, soll die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von 10 auf 28 Tage verlängert werden. Damit erhielten die Behörden mehr Zeit, eine Abschiebung vorzubereiten. Erleichtert werden soll zudem etwa die Ausweisung von Schleusern.

Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz dem Spiegel gesagt: „Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.“

Grüne wollen nachbessern

Doch in den Ampel-Fraktionen gibt es weiter Skepsis gegenüber Faesers Plänen. „Es ist das eine, was das Kabinett beschließt“, sagte Lamya Kaddor, innenpolitische Sprecherin der Grünen, dem Tagesspiegel. Im parlamentarischen Verfahren „werden wir sehr genau auf die Vorlage schauen und versuchen, nachzubessern“.

Wir brauchen ja Zuwanderung für unseren Arbeitsmarkt.

SPD-Chefin Saskia Esken 

Der Bundeskanzler beuge sich jetzt über Migrationsfragen, sagte Kaddor, und fordere am Ende, was im Koalitionsvertrag stehe. Sie verwies darauf, dass die meisten ausreisepflichtigen Geflüchteten aus Syrien oder Afghanistan kämen. Abschiebungen dahin sind kaum möglich.

Auch in der SPD hadern viele mit dem harten Kurs der Parteiführung. „Wir brauchen in der Migrationspolitik mehr Balance“, sagte SPD-Migrationsexperte Hakan Demir dem Tagesspiegel. Für mehr Abschiebungen brauche es Migrationsabkommen, sagte er. Diese dürften aber keine Einbahnstraße sein. Sie sollten Rückführungen, aber auch den Zuzug von Arbeitskräften aus dem Ausland erleichtern. „Ich werde nur einem Paket zustimmen, das ausgewogen ist“, betonte Demir.

SPD-Chefin Saskia Esken sagte hingegen dem Deutschlandfunk, Ziel sei es, die „Stimmung für Migration“ zu stärken. „Wir brauchen ja Zuwanderung für unseren Arbeitsmarkt“, sagte sie. Wer auf dem „falschen Weg“ der Fluchtroute auf der Suche nach einer wirtschaftlichen Perspektive nach Deutschland komme, der müsse auch wieder gehen. Dafür gebe es das Fachkräfteeinwanderungsgesetz.

FDP-Fraktionschef Christian Dürr begrüßte die Äußerungen von Scholz. „Der FDP ist es ein großes Anliegen, mehr Ordnung in die Migrations- und Flüchtlingspolitik zu bringen“, sage er der „Welt“. „Daher bin ich dem Bundeskanzler dankbar für seine klaren Worte.“

CDU-Chef Merz verteidigt Thilo Sarrazin

CDU-Chef Friedrich Merz zweifelte daran, dass Scholz für seinen harten Kurs in der Migrationspolitik die Mehrheit seiner Partei hinter sich hat. Er forderte am Sonntagabend im ZDF, dass Menschen in Deutschland künftig nur noch eingebürgert werden sollen, wenn sie das Existenzrecht Israels anerkennen.

Zudem verteidigte er den wegen seiner Kritik an Muslimen umstrittenen Politiker Thilo Sarrazin. Die SPD hätte besser auf diesen hören sollen als ihn auszuschließen, sagte er.

„Sarrazin ist auch durch antisemitische Narrative aufgefallen“, entgegnete Kaddor, ihn jetzt als Positivbeispiel heranzuziehen, sei denkbar unsensibel. Sie warf Merz vor, damit den demokratischen Konsens für eine gemeinsame Solidarität mit Israel zu beschädigen. „Diese Form von Populismus ist brandgefährlich, weil wir damit eine Bevölkerungsgruppe pauschal gegen eine andere ausspielen.“

Merz verbreite wie Thilo Sarrazin rassistische Stereotype, sagte Demir. Damit lösten sie kein einziges Problem. Antisemitismus bezeichnete er als gesamtdeutsches Phänomen: „80 Prozent der antisemitischen Straftaten werden von Rechtsextremist:innen begangen.“ 

„Die Kommunen klagen, weil es keinen Wohnraum gibt, zu wenige Kitaplätze oder einen gravierenden Mangel an Lehrkräften“, sagte Demir. Daran ändere sich nichts, selbst wenn alle 50.000 nicht-geduldeten Ausreisepflichtigen sofort abgeschoben würden. Es gehe um langfristige soziale Herausforderungen. Der Bund müsse den Kommunen stärker finanziell unter die Arme greifen.

Die aktuelle Migrationskrise führt Kaddor vor allem auf ein Bürokratie-Problem zurück. „Wir haben einige Kommunen, die wirklich demnächst in Turnhallen belegen müssen.“

Kaddor forderte deshalb, dass Geflüchtete schneller eine Arbeitserlaubnis erhalten, damit sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können. Nichts sei komplizierter als eine Asylantragsbearbeitung. Die Ampel werde das ändern und Bürokratie abbauen.

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