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Die Bürgerrechts-Ideale halten sie hoch: Amerikanische Juden protestieren gegen Trumps Einreisestopp.

© Jewel Samad, AFP

Donald Trump empfängt Benjamin Netanjahu: Rechtspopulisten und Israel - in der Umarmungsfalle

Die Beziehungen israelischer Politiker zu Rechtspopulisten gleichen einem gefährlichen Drahtseilakt. Viele Diaspora-Juden sind über den Wahlsieg Trumps entsetzt.

Am 20. Dezember 2016 schrieb Israels Präsident Reuven Rivlin einen Brief an die jüdische Gemeinde von Wien. Darin geißelt er mit drastischen Worten „schändliche Allianzen“ von israelischen Repräsentanten mit Gruppen oder Individuen, die die Verantwortung für den Holocaust ablehnen, eine antisemitische Geschichte haben, religiöse Praktiken einschränken wollen sowie Hass und Intoleranz fördern. Rivlins Botschaft war klar: Es darf kein Geklüngel geben, welcher Art auch immer, zwischen Israelis und Europas Rechtspopulisten. Und der Anlass war akut. Immer intensiver bemühen sich Europas Rechtspopulisten, mit israelischen Politikern in Kontakt zu kommen.

Im April 2016 etwa reiste FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache nach Israel und besuchte die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Der Niederländer Geert Wilders sagt, er sei „verliebt in Israel“, sehe das Land als Verbündeten an, und regelmäßig ruft er Israelis zum Siedlungsbau auf. Im September 2016 ließ sich die israelische Botschafterin in Warschau, Anna Azari, eine Stunde lang von Pater Tadeusz Rydzyk interviewen, dem Gründer des klerikal-reaktionären Rundfunksenders „Radio Maryia“, der vom amerikanischen Außenministerium als antisemitisch eingestuft wird. Auch Frauke Petry bemüht sich um Beziehungen ins Heilige Land. Und bei Pegida-Demonstrationen wurden vereinzelt israelische Fahnen geschwenkt. Die Strategie: Durch Anerkennung von Seiten Israels eine Art „Koscher-Stempel“ zu erhalten. So jedenfalls formuliert es kritisch Shimon Stein, der ehemalige Botschafter Israels in Berlin. Die Schnittmenge des gemeinsamen Hasses sei der Islam.

Amerikas Juden wählen traditionell demokratisch

An diesem Mittwoch wird Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Trump – und insbesondere sein Chefberater Stephen Bannon – betrachten sich als Teil einer globalen Bewegung, die auch Europas Rechtspopulisten umfasst. Das lässt Netanjahus Visite heikel werden. Je enger er das Verhältnis zu Trump gestaltet, desto angespannter könnten die Beziehungen zu einem Großteil der Diaspora-Juden werden.
Bereits gegen Trumps Wahlkampf-Slogan „America first“ hatte die „Anti-Defamation-League“ (ADL) wegen dessen antisemitischer Implikation protestiert. Mit demselben Slogan hatte die amerikanische Anti-Kriegsbewegung im Zweiten Weltkrieg jeden Militär-Einsatz gegen Hitler abgelehnt. Doch Trump blieb stur. „Von diesem Tag an heißt es: Amerika zuerst, Amerika zuerst“, sagte er in seiner Antrittsrede. Organisationen wie das „American Jewish Committee“ (AJC) verurteilten nachdrücklich Trumps Mauer-Pläne an der Grenze zu Mexiko sowie seinen Einreisestopp für Bewohner aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern.
Amerikas Juden wählen traditionell mehrheitlich demokratisch. Die Bürgerrechts-Ideale halten sie hoch. Schon das Zerwürfnis zwischen Netanjahu und Barack Obama stieß viele in einen Loyalitätskonflikt. Über den Wahlsieg von Trump waren die meisten entsetzt. Nun steht Israel vor der Entscheidung: Will die Regierung in Trump, der einen Siedlerfreund zum neuen Botschafter ernannt hat, einen Verbündeten sehen oder Rivlins Linie folgen?

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