zum Hauptinhalt
Nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd im Jahr 2020 in den USA gab es anschließend auch in Berlin Demonstrationen unter dem Motto „Black Lives Matter“.

© REUTERS/Christian Mang

Rassismus bei der Polizei: So gehen Bund und Länder gegen Fehlverhalten vor

Nach einer Studie gehen nur vergleichsweise wenige Beschwerden bei den Polizeibeauftragten ein. Laut dem Bundes-Beauftragten Uli Grötsch muss das Dunkelfeld erhellt werden.

Personen, die als fremd wahrgenommen werden, werden nach Angaben des Mediendienstes Integration in Deutschland doppelt so oft von der Polizei kontrolliert wie andere Menschen. Allerdings geht aus einer am Dienstag vorgestellten Recherche des Mediendienstes auch hervor, dass bei den unabhängigen Polizei-Beschwerdestellen der Länder nur relativ wenige Beschwerden über rassistische Äußerungen und Handlungen von Polizeibeamten eingehen. „Unser Auftrag ist es nicht zuletzt, das Dunkelfeld zu erhellen“, sagte der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete und Polizeibeamte Uli Grötsch bei der Vorstellung der Recherche.

Grötsch ist seit dem vergangenen Monat Polizeibeauftragter des Bundes. Sein Amt dient als Ansprechstelle für Bürger, die sich von den Polizeien des Bundes diskriminiert fühlen. Wie Grötsch ausführte, gehe es in seiner Arbeit zunächst einmal darum, die Möglichkeit zu Beschwerden publik zu machen: „Man muss es erstmal wissen, dass es mich gibt.“ Gleichzeitig kündigte er an, in Zukunft für eine möglichst diverse Zusammensetzung seines Teams sorgen zu wollen. Für Grötschs Stab sind insgesamt 18 Stellen vorgesehen. 

Man muss es erstmal wissen, dass es mich gibt.

Uli Grötsch, Polizeibeauftragter des Bundes

Wie aus der Recherche des Mediendienstes Integration hervorgeht, verfügt die Hälfte der 16 Bundesländer, darunter Berlin, inzwischen über unabhängige Polizei-Beschwerdestellen. Für die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt gibt es nun mit Grötsch einen unabhängigen Beauftragten. Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen wollen ebenfalls solche Stellen einführen.

Beamte ihrerseits beklagen Generalverdacht

Die Diskussion um rassistisches Fehlverhalten einzelner Polizeibeamter war in der Vergangenheit befeuert worden, als 2018 eine Chatgruppe Frankfurter Polizisten mit rechtsextremen Inhalten aufgeflogen war. Der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lehnte 2020 eine Rassismus-Studie bei der Polizei aber ab.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Stattdessen gab Seehofer seinerzeit die sogenannte „Megavo“-Studie über Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten in Auftrag. Laut dem vor einem Jahr veröffentlichten Zwischenbericht der Studie, an der sich mehr als 50.000 Polizeibedienstete beteiligten, bezeichneten es einige Beamte als demotivierend, dass sie medial angesichts von Rassismus-Vorwürfen unter einen „Generalverdacht“ gestellt würden.

Gleichzeitig gab es unter den Polizistinnen und Polizisten, die sich seinerzeit äußerten, eine große Anzahl, die menschenfeindlichen Aussagen nicht eindeutig ablehnend gegenübertrat. Der Bundes-Polizeibeauftragte Grötsch sagte dazu, dass die „Megavo“-Studie „sinnvoll“ sei. Es müsse in den unterschiedlichen Gliederungen der Polizei auch darum gehen, politische Bildung „institutionalisiert zu betreiben“, fügte er hinzu.

Uli Grötsch wurde im vergangenen Monat von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) als neuer Bundespolizeibeauftragter des Bundes vereidigt.
Uli Grötsch wurde im vergangenen Monat von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) als neuer Bundespolizeibeauftragter des Bundes vereidigt.

© dpa/Michael Kappeler

Wie aus der Recherche des Mediendienstes Integration hervorgeht, werden rassistische und antisemitische Verdachtsfälle im Bund und in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich erfasst. So werden in Bayern solche Verdachtsfälle in der Polizei nicht systematisch erfasst. Auch in der Hauptstadt kann das Landeskriminalamt nach Angaben des Mediendienstes keine Auskunft dazu geben, wie viele rassistische oder antisemitische Verdachtsfälle es in der Berliner Polizei gibt.

In Nordrhein-Westfalen wurden hingegen von den Polizeibehörden zwischen 2017 und dem vergangenen Jahr 378 Hinweise über rechtsextremes Verhalten bei 373 Polizeibediensteten gemeldet, darunter auch vage und anonyme Hinweise. In NRW wurden dabei rassistische und antisemitische Verdachtsfälle nicht gesondert erfasst – ein Verfahren, wie es etwa auch in Hessen, Sachsen-Anhalt und Thüringen praktiziert wird.

Etwas differenzierter sind die Zahlen unter anderem in Baden-Württemberg. Hier gingen bei der Polizeibeauftragten im vergangenen Jahr elf Rassismus-Beschwerden ein. Im Jahr zuvor waren es noch zwei Beschwerden gewesen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false