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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) befindet sich zurzeit im Wahlkampf.

© IMAGO/Panama Pictures/IMAGO/Dwi Anoraganingrum

Update

„Politik auf dem Rücken von Migranten“: Die Ampel kritisiert Söders Idee scharf – doch es gibt auch Lob

Drei Wochen vor der Wahl in Bayern plädiert Markus Söder für eine restriktivere Asylpolitik. Vor allem aus den Kommunen erhält er Zustimmung. Die Reaktionen im Überblick.

| Update:

Drei Wochen vor der Landtagswahl in seinem Bundesland hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Vorstoß für eine restriktivere Asylpolitik unternommen. Sowohl Widerspruch als auch Zustimmung wurden am Sonntag laut.

SPD-Chef Lars Klingbeil hat Söders Forderungen nach einer Migranten-Obergrenze stark kritisiert. Rund drei Wochen vor der Wahl in Bayern habe Söder „wieder zur großen Keule ausgeholt“ und mache Politik auf dem Rücken von Migrantinnen und Migranten, sagte der SPD-Politiker am Montag in Berlin.

Söder hatte im Interview mit der Bild am Sonntag einen „Deutschlandpakt gegen unkontrollierte Zuwanderung“ gefordert. Er brachte unter dem Namen Integrationsgrenze die Idee ins Spiel, die Zahl der aufgenommenen Asylbewerber deutschlandweit auf 200.000 pro Jahr zu begrenzen. Unter dem Namen Obergrenze hatte dieses Konzept vor Jahren zu einem erbitterten Streit zwischen CDU und CSU geführt.

Klingbeil betont derweil in der aktuellen Debatte, es sei ein Politikmodell von Söder, dem Bund immer Ratschläge zu erteilen, „aber selbst anpacken wäre ja auch nicht falsch“. „Deswegen können wir nur dringend davon abraten, jetzt Gesellschaft zu spalten und hier dann wirklich mit solchen Worten auch dafür zu sorgen, dass die Polarisierung weiter vorangetrieben wird“, sagte Klingbeil.

So fallen die Reaktionen auf Söders Idee aus

Bayerns Ministerpräsident plädierte neben der Obergrenze dafür, die Sozialleistungen für Asylbewerber zu verringern. Außerdem forderte er, Menschen mit Doppelpass, die schwere Straftaten begangen haben, die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen und sie abzuschieben.

Das war damals nicht rechtens und ist es heute immer noch nicht.

SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann sieht Söder in der Tradition Horst Seehofers

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, hält eine sogenannte Integrationsgrenze für nicht umsetzbar. Das sei nichts anderes als die Obergrenze, „von der Horst Seehofer einst fabulierte. Das war damals nicht rechtens und ist es heute immer noch nicht“, sagte Hartmann dem Tagesspiegel. „Wer hier Asyl beantragt, hat das verbriefte Recht auf ein Asylverfahren.“

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Auch die Idee, Sozialleistungen einzuschränken, lehnt Hartmann ab. „Sollen die Leistungseinschränkungen auch für Ukrainer gelten? Unterscheiden wir jetzt in gute und schlechte Asylbewerber? Die Vorschläge sind rechtlich nicht haltbar, widersprüchlich und laufen ins Leere“, so sein Fazit.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Stephan Thomae, sagte dem Tagesspiegel, Söders Idee würde das Asylsystem „völlig in die Absurdität“ führen, denn es gehe um die individuelle Schutzbedürftigkeit. Mit einem solchen System würden Asylbewerber „in der ersten Jahreshälfte aufgenommen, egal ob sie wirklich schutzbedürftig sind oder nicht, und in der zweiten Jahreshälfte abgewiesen, egal ob sie schutzbedürftig sind oder nicht“.

Ein Weiter-So wird den Kitt in unserer demokratischen Gesellschaft zerstören.

Uwe Brandl, Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds

Stattdessen brauche es Migrationsabkommen und die derzeit diskutierte Reform des Europäischen Asylsystems, „damit Asylanträge zukünftig bereits an den EU-Außengrenzen gestellt und geprüft werden und danach entweder eine rasche Abschiebung in den Herkunftsstaat oder aber eine faire Verteilung innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten erfolgen kann“.

Zustimmung war hingegen von Vertretern der Kommunen zu vernehmen. Der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Uwe Brandl, sagte dem Tagesspiegel: „Es muss sich endlich etwas tun. Nicht mehr in Worten, sondern in Taten. Ein Weiter-So wird den Kitt in unserer demokratischen Gesellschaft zerstören.“

Unseren Anspruch, Geflüchtete angemessen aufnehmen und vor allem gut integrieren zu können, können wir nicht mehr erfüllen. 

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, wies darauf hin, an ordentliche Integration der Geflüchteten sei kaum noch zu denken. „Unseren Anspruch, Geflüchtete angemessen aufnehmen und vor allem gut integrieren zu können, können wir nicht mehr erfüllen. So geht leider das Vertrauen der Bürger in den Staat nach und nach verloren“, sagte Sager dem Tagesspiegel. Der Bund müsse die Zuwanderung unbedingt begrenzen, besser steuern und ordnen.

Zustimmung beim Thema Sozialleistungen

„Generell müssen Bund und Länder viel sensibler mit der Akzeptanz vor Ort umgehen. Das ist eine endliche Ressource, sodass man nicht blindlings ständig weiter draufsatteln kann“, sagte Sager.

Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, wünscht sich mehr Sensibilität von Bund und Ländern.

© Imago/Jürgen Heinrich

Auch in puncto Sozialleistungen pflichtete Sager Markus Söder bei. Schnelle Lösungen seien nicht in Sicht, aber notwendig. „Die Bundesregierungen überbieten sich paradoxerweise regelrecht darin, Sozialleistungen auszubauen. Damit kommen sie nicht nur in bedenkliche Nähe zu lohnender Erwerbsarbeit, sondern verstärken insofern auch immer weiter den diesbezüglichen Pull-Faktor für ungesteuerte Zuwanderung.“

Auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wies Söders Forderung in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ am Sonntagabend zurück. Eine dauerhafte Steuerung der Migration sei nur auf europäischer Ebene möglich, sagte Faeser. Söder und CDU-Chef Friedrich Merz, der Söders Vorschlag unterstützt, erweckten den falschen Eindruck, dass „Deutschland das allein steuern könnte mit Obergrenzen“. (mit dpa)

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