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Die Bundesratssitzung am vergangenen Freitag.

© Imago/Political-Moments

Panne, Posse, Planspiel?: Die Agrardiesel-Soap im Bundesrat

Das Haushaltsfinanzierungsgesetz ist am Freitag nicht auf der Tagesordnung des Bundesrats gelandet. Wie kam es dazu und warum?

Politik in der Hauptstadt wird oft als großes Drama inszeniert, manchmal kommt aber auch nur eine Nachmittags-Soap heraus. Irgendwo dazwischen sind die Akteure in Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat jetzt beim Umgang mit dem Haushaltsfinanzierungsgesetz gelandet.

Das Gesetz ist sozusagen ein Anhängsel des Bundeshaushalts für 2024, in das einige nachgeschobene Beschlüsse der Ampelkoalition eingetütet wurden. Vor allem die Kürzung der Subvention des Agrar-Diesels, also der Anlass für die Bauernproteste der vergangenen Wochen.

Insofern ist das Haushaltsfinanzierungsgesetz schon ein gewichtiges Stück Politik. Der Bundestag hat es am Freitag beschlossen, zusammen mit dem Etat. Der Plan der Ampel war es, dass der Bundesrat das auch tut, dann wäre die Sache vom Tisch. Um das zu bekommen, musste ein Antrag auf Fristverkürzung gestellt werden, denn das Schnellverfahren mit Abstimmung am selben Tag ist gegen die üblichen Regeln.

Endstation im Beirat

Dummerweise bekam die Koalition die Zustimmung nicht. Der Ständige Beirat der Länderkammer, in dem die Bundesratsbevollmächtigten der Länder sitzen, stimmte dem Begehren nach Fristverkürzung am Mittwoch nicht zu. Damit stand das Haushaltsfinanzierungsgesetz nicht auf der Tagesordnung.

Am Donnerstag drang erste Empörung aus der Koalition. Die Union zeige eine „destruktive Blockadehaltung“, wurde einer Agentur zugeflüstert. Die Union nahm es gelassen – erstens hat sie keinen Grund, der Ampel zu helfen, zweitens punktet sie damit in der Landwirtschaft, drittens war es gar nicht so.

Denn die Panne erweist sich bei genauerem Hinsehen eher als eine etwas doppelbödige Aktion innerhalb der SPD. Genauer gesagt: Als Aktion der SPD-Länder gegen die SPD-geführte Bundesregierung. Denn die Union allein kann im Beirat gar nicht blockieren. Dort geht es nach Farbe der Ministerpräsidenten. Die Union hat sieben Bevollmächtigte im Beirat. Die SPD ebenfalls. Es kommt also auf Baden-Württemberg (grün) und Thüringen (links) an. Üblicherweise votieren beide Länder im Beirat mit der Ampel.

Zwei SPD-Länder fehlen

Am vorigen Mittwoch fehlten dem Vernehmen nach Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, beide SPD-geführt. Eine Vertreterregelung gibt es im Beirat nicht, bei Krankheit oder wichtiger Verhinderung wird das oft auch berücksichtigt. Ein Muss ist es nicht, schon gar nicht bei Fristverkürzungen. Das Fehlen der beiden SPD-Bevollmächtigten bedeutete eine Sieben-zu-sieben-Konstellation, also keine Mehrheit für die Ampel.

Was nun einen gewissen Verdacht begründet, ist der Tagesordnungspunkt 55 der Sitzung am Freitag. Zu diesem stellten die Länder Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und das Saarland einen Entschließungsantrag mit der Überschrift „Agrarwirtschaft im Dialog nachhaltiger und krisenfester gestalten“. Eine zustimmende Rede hielt Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke. Man kann den Antrag also getrost als eine SPD-Nummer bezeichnen.

Ein dringender SPD-Antrag

Ein zentraler Satz ist die Forderung an die Bundesregierung, „einen deutlich längeren Zeitraum für den Abbau der Agrardiesel-Steuerrückerstattung vorzusehen, um die Entwicklung und den Umstieg auf alternative Kraftstoffe, sowie praxistaugliche und wirtschaftlich tragbare alternative Antriebstechnologien zu ermöglichen“.

Das ist kein Wunder: Stephan Weil und Manuela Schwesig, die SPD-Regierungschefs in Hannover und Schwerin, sind die Hauptakteure in dem Stück, sie haben schon früh die Ampel-Aktion beim Agrardiesel abgelehnt. Im Bundesrat folgte nun der Nachklapp.

Das Haushaltsfinanzierungsgesetz mit der Subventionskürzung passte da natürlich gar nicht als paralleler Tagesordnungspunkt. Es ist zwar ein Einspruchsgesetz, bedurfte somit nicht der aktiven Zustimmung der Länder. Aber es gibt immer die Möglichkeit, bei solchen Gesetzen den Vermittlungsausschuss anzurufen. Da hätte die Union sicher nicht blockiert. Aber so weit sollte es dann auch nicht kommen. So war es wohl ganz gut, dass im Beirat keine Zustimmung zustande kam. Eine Panne also? Eine Posse? Oder ein Planspiel? Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

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