zum Hauptinhalt
Carsten Schneider (SPD), Ostbeauftragter der Bundesregierung.

© imago/HMB-Media/IMAGO/Uwe Koch

„Ostdeutschland ist eine Chancenregion“: Carsten Schneider sieht trotz AfD-Höhenflugs positive Entwicklung in neuen Bundesländern

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung sieht große Chancen für das Wachstum in Ostdeutschland. Die AfD allerdings sei eine Gefahr für die positiven Entwicklungen.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung sieht die Entwicklung in Ostdeutschland trotz hoher Zustimmungswerte für die AfD optimistisch. „Ostdeutschland ist ganz klar eine Chancenregion“, sagte der SPD-Politiker in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. „Es ist noch nicht im Bewusstsein des Landes, dass die höheren Wachstumsraten in Ostdeutschland sein werden.“ Schneider warnte davor, den Osten nur in Bezug auf die AfD wahrzunehmen. Auch in Westdeutschland merkten viele, dass dies ein gesamtdeutsches Problem sei.

Die Wahrnehmung von Ostdeutschland wird langsam differenzierter.“ Dies sei nötig, weil der Blick sehr lange westzentriert und überwiegend negativ gewesen sei. „Das hinterlässt Frust. Irgendwann entwickelt sich wegen der ständigen Katastrophenberichterstattung dann Trotz“, sagte Schneider.

Man müsse im Hinterkopf haben, dass die Lebenserfahrung der Menschen in der ehemaligen DDR anders gewesen sei. „Es gab nach 1945 einen Bevölkerungsverlust, es gab einen um den Mauerbau und dann vor allem Anfang der neunziger Jahre. Es gab sehr lange keine Zuwanderungserfahrung.“ In vielen Regionen seien Träger des gesellschaftlichen Lebens gegangen.

Dazu komme, dass viele Beschäftigte im Osten nach der Einheit „erniedrigende Erfahrungen“ gemacht hätten. Ihre Arbeit sei plötzlich nichts mehr wert gewesen. „Es gab keine Betriebsräte, eine schlechte Bezahlung, ohne Geld für Überstunden, man musste alles schlucken“, sagte Schneider. „Es ist ganz wichtig, dass die Menschen spüren, dass sie selbst die Träger der Veränderung sind.“ Überall dort, wo es Mitbestimmung und Betriebsräte in den Firmen gebe, sei die Anfälligkeit für Populisten deutlich geringer.

Schneider betont Bedeutung von Weltoffenheit in Ostdeutschland

Schneider betonte mit Blick auf die anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen, die Menschen müssten verstehen, dass es nicht nur um Protestwahlen gehe, sondern dass die Entscheidung das Leben der Wähler verändern könne.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Die Weltoffenheit ist die entscheidende Zukunftsfrage für Ostdeutschland“, sagte er mit Verweis auf den wachsenden Bedarf an Fachkräften auch aus dem Ausland. „Wenn die Menschen AfD und Fremdenfeindlichkeit wählen, dann wird dies Nachteile in ihrem Leben haben. Wer hat denn Lust, in eine Gemeinde mit einer AfD-Mehrheit oder einem AfD-Bürgermeister zu ziehen?“

Für mich ist die AfD die größte Gefahr für das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung in Ostdeutschland.

Carsten Schneider, Ostbeauftragter der Bundesregierung

Für mich ist die AfD die größte Gefahr für das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung in Ostdeutschland“, betonte Schneider. Nur durch Zuwanderung werde in Thüringen schon jetzt das Beschäftigungsniveau mit Mühe stabil gehalten.

Der Ostbeauftragte setzt auch hier auf Alltagserfahrungen. Die Zahl der ausländischen Arbeitskräfte in Thüringen habe sich in den vergangenen zehn Jahren bereits verfünffacht. „Es braucht die persönliche Erfahrung. Ängste werden dort abgebaut, wo Menschen mit Zuwanderern in Berührung kommen“, sagte er. „Auch wenn die AfD-Zahlen in den vergangenen Monaten nach oben geklettert sind: Ich bin eigentlich optimistischer als vor zehn Jahren.“

Die verabredeten Großinvestitionen wie die Intel-Fabrik in Magdeburg seien positiv. „Aber die Menschen glauben erst daran, wenn es richtig losgeht, wenn sie einen Effekt in ihrem Leben spüren.“ Dann komme die Zuwanderung und damit ein Lerneffekt.

Sehr wichtig seien Rückkehrer aus Westdeutschland, die oft selbstbewusst und mit gutem Gespür für die Menschen vor Ort etwas auf die Beine stellen wollten. „Auch sportliche Erfolge ostdeutscher Vereine sind extrem wichtig“, sagte Schneider. „Die geben Selbstbewusstsein.“ Es gebe mittlerweile viele positive Beispiele im Handball, im Basketball und „natürlich viel Potenzial im Fußball“.

Das Umfragehoch der AfD, die in Sachsen, Thüringen und Brandenburg vor den Landtagswahlen im Herbst jeweils an erster Stelle steht, relativierte Schneider etwas: „Die AfD ist meiner Meinung nach aus-mobilisiert. Sie hat keine Luft mehr nach oben, zumindest im Osten.“ Er sei sich auch sicher, dass sie an keiner Landesregierung beteiligt werde. (Reuters)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false