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Die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr war eine der wenigen Regeln, die im Sommer noch galten.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa / Hauke-Christian Dittrich

Update

Neues Infektionsschutzgesetz: Bundesrat beschließt Corona-Regeln für Herbst und Winter

Mit der kalten Jahreszeit steht eine neue Infektionswelle an. Rechtzeitig davor hat nun der Bundesrat wieder mehr Corona-Maßnahmen ermöglicht.

In Deutschland gelten im Herbst und Winter wieder bestimmte Masken- und Testpflichten gegen Corona. Dies sehen neue Regeln zum Umgang mit der Pandemie vor, die der Bundesrat am Freitag in Berlin beschlossen hat.

Das Gesetz geht auf einen Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) zurück und war vergangene Woche bereits im Bundestag beschlossen worden. Nun sei das Land „gut vorbereitet“, sagte Lauterbach.

Den Parlamentsabstimmungen vorausgegangenen war ein längeres Hickhack zwischen der Ampel-Koalition und mehreren Bundesländern. Eine Verweigerung in der Länderkammer war aber nur aus Thüringen und Schleswig-Holstein angekündigt worden. Ohne einen Beschluss hätte es ab Oktober gar keine Regeln mehr gegeben.

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Zu den zentralen Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes, die vom 1. Oktober bis 7. April 2023 gelten sollen, zählen bundesweite Maskenpflichten in Fernzügen, Kliniken und Arztpraxen. In Flugzeugen soll diese Pflicht entfallen. Die Länder können auch im Nahverkehr, in Restaurants und anderen Innenräumen wieder Masken vorschreiben. Lockdowns, Betriebs- oder Schulschließungen soll es nicht mehr geben.

Wer will warum nicht zustimmen?

Vorgesehen ist auch, dass die einrichtungsbezogene Corona-Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitsbereich bleibt. „Es sollte nicht weiter Unfrieden gestiftet werden, nur weil der Bundestag nicht die Kraft hatte, eine allgemeine Impfpflicht zu beschließen“, sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) der Deutschen Presse-Agentur. „Meine Zustimmung wird das Infektionsschutzgesetz des Bundes in dieser Form nicht haben.“

Der Thüringer Ministerpräsident Bodo Ramelow ist gegen die aktuelle Fassung des Infektionsschutzgesetzes.

© IMAGO/Political-Moments / imago

Mit der Neuregelung wird Corona in eine Liste besonders ansteckender Infektionskrankheiten aufgenommen wie Cholera, Masern, Keuchhusten und Pest. Personen, die erkrankt sind oder bei denen der Verdacht besteht, dürfen Schulen und Kitas dann nur mit ärztlichem Attest oder negativem Test betreten - eine fünftägige Quarantäne allein reicht nicht. Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) nannte das eine „Katastrophe für Schülerinnen und Schüler“: Schleswig-Holstein könne im Bundesrat so nicht zustimmen.

Was sagen andere Kritiker?

Die Gesellschaften für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) und für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) sowie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) sehen das wie Prien. Auch bei einem anhaltenden Schnupfen könne dann von Kindern jeden Tag ein neuer Test verlangt werden. Es drohe Willkür.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags Helmut Dedy.

© Imago/Jürgen Heinrich

Der Deutsche Städtetag findet die Schutzmaßnahmen hingegen unzureichend. „Im Wesentlichen sind nur eingeschränkte Maskenpflichten im Gesetz vorgesehen“, sagte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das ist zu wenig, wenn die Corona-Infektionen rasant steigen und wir schnell Maßnahmen zur Infektionseindämmung brauchen.“ Er befürchtet einen neuen Flickenteppich mit von Bundesland zu Bundesland unterschiedlichen Maßnahmen: „Das ist nicht hilfreich.“ Es bleibe auch unklar, bei welcher Infektionslage die Länder zusätzliche Instrumente einsetzen.

Wer ist dafür?

Zum Frühjahr waren die zuvor geltenden Corona-Maßnahmen vor allem auf Drängen der FDP deutlich zurückgefahrenen worden. Die neue Regelung entspringt einem Kompromiss von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP).

Eine allgemeine Impfpflicht konnte auf Bundesebene nicht durchgesetzt werden.

© dpa / Sven Hoppe/dpa

Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) appellierte an die anderen Regierungschefs: Sie sollten „jetzt vernünftig sein und sagen: Das, was das Bundesgesetz uns noch einmal ermöglicht, nämlich bei zugespitzten Lagen im Gesundheitswesen Einschränkungen vorzunehmen, das sollten wir ermöglichen“, sagte er RTL Nord.

Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sieht Unklarheiten im Gesetz und erwartet einen Flickenteppicht - ist aber dennoch für ein Ja im Bundesrat. „Bei aller Kritik: Klar ist, dass wir die Rechtsgrundlage brauchen“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen (Freitag) „Dass wir in einen Winter mit sicherlich wieder steigenden Zahlen ohne die Möglichkeit für Maßnahmen laufen wollen, das kann keiner wollen.“

Was ist ab Oktober genau vorgesehen?

Bundesweit vorgeschrieben werden FFP2-Masken in Kliniken, Pflegeheimen und Arztpraxen und auch in Fernzügen, wobei für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren eine einfache OP-Maske reicht. In Flugzeugen fällt die Maskenpflicht jedoch weg. In Pflegeheimen und Kliniken muss außerdem vor dem Zutritt ein negativer Test vorgelegt werden.

Die Länder können weitere Auflagen verhängen: eine Maskenpflicht in Nahverkehrszügen und -bussen sowie in öffentlich zugänglichen Innenräumen wie Geschäften, Restaurants und Veranstaltungsräumen. Zwingend davon auszunehmen ist in der Gastronomie und bei Veranstaltungen, wer einen negativen Test vorzeigt.

An Schulen und Kitas sollen Tests vorgeschrieben werden können. Ab Klasse fünf ist eine Maskenpflicht möglich, falls das „zur Aufrechterhaltung eines geregelten Präsenz-Unterrichtsbetriebs erforderlich“.

Wenn sich die Infektionslage verschlimmert, können die Länder mit einem Landtagsbeschluss weitere Vorgaben machen: Maskenpflicht auch bei Draußen-Veranstaltungen, wenn Abstände von 1,50 Metern nicht möglich sind; Besucher-Obergrenzen für Innen-Veranstaltungen; Hygienekonzepte für Betriebe und andere Einrichtungen.

Ferner ist eine neue bundesweite Impfkampagne geplant. Informiert werden soll über die Impfstoffe, die an neue Virusvarianten angepasst sind. Zudem sollen Medikamente bei Covid-19-Erkrankten stärker zum Einsatz kommen, wie Lauterbach ankündigte. Auch soll es bessere, tagesaktuelle Daten zur Klinikbelegung geben. Heime müssen Beauftragte benennen, die sich um Impfungen, Hygiene und Therapien für Erkrankte etwa mit dem Medikament Paxlovid kümmern. (dpa)

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