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Der designierte ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev

© Foto Murat Kaynak/Anadolu Agency via Getty Images

Neuer ukrainischer Botschafter: „Wir brauchen mehr, wir brauchen viel mehr“

Der designierte ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev kommt in Deutschland an und fordert noch vor seinem Amtsantritt mehr Waffen für sein Land.

Mit Musik in deutscher Sprache wollte sich der künftige ukrainische Botschafter auf Deutschland einstimmen. Als Oleksii Makeiev am Montag auf dem Weg nach Berlin war, lief „Autobahn“ von Kraftwerk. Für die lange Fahrt hatte er vor der Abreise aus Kiew eine Playlist vorbereitet und sich über Twitter deutschsprachige Titel empfehlen lassen.

Noch bevor der neue Botschafter sein Amt in Berlin offiziell angetreten hat, sucht er über die sozialen Medien das Gespräch. Zugleich steht Makeiev viel stärker im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit als andere Diplomaten, die ihre Arbeit in Deutschland beginnen. Denn sein Vorgänger Andrij Melnyk ist in den vergangenen Monaten zu einer öffentlichen Person geworden, die fast jeder kennt.

Unermüdlich hat Melnyk nach dem russischen Einmarsch im Februar um mehr Unterstützung für sein Land geworben und dabei jegliche diplomatische Zurückhaltung abgelegt. Wenn er enttäuscht darüber war, dass die Bundesregierung nicht mehr Waffen lieferte, ließ er sich das deutlich anmerken. In ungewöhnlich scharfen Worten kritisierte er die Zögerlichkeit der Ampel-Koalition und die Russlandpolitik früherer Bundesregierungen.

Auf Twitter teilte er ebenfalls kräftig aus. Man konnte Melnyk praktisch dabei zusehen, wie er immer lauter und immer schärfer auf Äußerungen deutscher Politiker reagierte, bis er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einmal als „beleidigte Leberwurst“ bezeichnete.

Als Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) kürzlich Odessa besuchte und einen ursprünglich aus Deutschland stammenden Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard besichtigte, war Oleksii Makeiev (rechts) bereits dabei.

© Foto: dpa/Jörg Blank

Gerade in der SPD wird so mancher aufgeatmet haben, als Melnyk nun Berlin verließ. Am Wochenende kam der ehemalige Botschafter in seiner Heimatstadt Lwiw an, wo er seine Mutter zum ersten Mal wiedertraf. Sein Nachfolger machte sich am Sonntag gemeinsam mit seiner Frau Olena auf die lange Reise mit dem Auto nach Berlin.

Der Druck auf die Bundesregierung wird nicht nachlassen

Selbst wenn Makeiev künftig zurückhaltender kommunizieren sollte als sein Vorgänger, dürfte sich an den Inhalten kaum etwas ändern. Dass Deutschland dringend auch Leopard-Panzer an die Ukraine liefern und bei den Waffenlieferungen eine Führungsrolle übernehmen sollte, darin sind sich ukrainische Politiker und Diplomaten einig. Der Druck auf die Bundesregierung, den Melnyk so öffentlichkeitswirksam in Szene gesetzt hatte, wird also nicht nachlassen.

Das machte Makeiev bereits in einem kurzen Video deutlich, das er unmittelbar nach seiner Ankunft in Deutschland veröffentlichte. Darin bedankt er sich für die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge und für die bisherigen Waffenlieferungen - und fügt hinzu: „Ich muss ehrlich sein: Wir brauchen mehr, wir brauchen viel mehr.“

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Heikler Antrittsbesuch im Schloss Bellevue

In den vergangenen zwei Jahren war der Diplomat Makeiev als Sonderbeauftragter für Sanktionen dafür zuständig, bei europäischen Regierungen ein härteres Vorgehen gegen Russland einzufordern. Sanktionen seien die neue smarte Waffe der Diplomatie, hat er einmal gesagt.

Der vielleicht heikelste Termin für den neuen Botschafter könnte sein Antrittsbesuch bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werden. Melnyk hatte dem Staatsoberhaupt vorgeworfen, in seiner früheren Zeit als Außenminister und davor als Kanzleramtschef ein „Spinnennetz der Kontakte mit Russland“ geknüpft zu haben.

Außerdem gab es Verstimmungen im deutsch-ukrainischen Verhältnis, als Steinmeier von einem gemeinsam mit den Staatschef Polens und der baltischen Staaten geplanten Besuch in Kiew wieder ausgeladen wurde. Am kommenden Montag wird Makeiev dem Bundespräsidenten sein Beglaubigungsschreiben überreichen, außerdem werden die beiden die Gelegenheit zum Gespräch haben. Erst mit diesem Termin ist Makeiev offiziell als Botschafter akkreditiert.

Für den Besuch im Schloss Bellevue dürfte es dem ukrainischen Diplomaten helfen, dass er Steinmeier schon lange kennt. Als er 2015 das Amt des politischen Direktors im ukrainischen Außenministerium übernahm, leitete Steinmeier das Auswärtige Amt in Berlin. Makeiev war dabei, als im Februar 2015 in Minsk unter deutscher und französischer Vermittlung eine Vereinbarung ausgehandelt wurde, die den von Russland im Jahr zuvor begonnenen Krieg in der Ostukraine beenden sollte.

In den folgenden Jahren saß er immer wieder mit seinen Kollegen aus Deutschland, Frankreich und Russland zusammen, als es um die Umsetzung des Abkommens ging. Schwierige Gespräche auch mit deutschen Diplomaten ist der neue Botschafter jedenfalls bereits gewohnt.

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