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Der Schrecken gehört in Israel zum Alltag.

© AFP/ GIL COHEN-MAGEN

Islamistische Attentate: Für Israel bleibt das Brandenburger Tor dunkel

Trotz der Anschläge in Deutschland und Europa wird das Verständnis für die Antiterrormaßnahmen des Judenstaats nicht wachsen.

Die bisherigen Appelle, auf Terrorismus mit mehr Offenheit und Demokratie zu antworten, sind angesichts der Serie von Anschlägen in Deutschland und Europa pragmatischen Sicherheitsüberlegungen gewichen. Einige sehen auf Deutschland inzwischen „israelische Verhältnisse“ zukommen – die Militarisierung der Gesellschaft.

Halb triumphierend, halb ernüchtert, hoffen manche Beobachter nun auf mehr Verständnis der deutschen Öffentlichkeit für israelische Antiterrormaßnahmen. Dies war schon vorher kaum vorhanden. Kann durch die neue Bedrohungslage eine emotionale Annäherung der Deutschen an Israel gelingen? Keimt gar Empathie auf?

Das ist nicht in Sicht. Israel wird in der deutschen Öffentlichkeit allzu oft in den schwärzesten Farben gemalt, was zuweilen absurde Blüten treibt. „Israel droht mit Selbstverteidigung“, war 2006 im „Focus“ zu lesen. Der „Spiegel“ titelte während des Gaza-Krieges 2014: „Israel erwidert trotz neuer Waffenruhe Beschuss aus Gaza“.

Moralische Todesurteile

Hinzu kommen Maßlosigkeiten wie Jakob Augsteins apokalyptischer Satz, der von Israel 2005 geräumte und seitdem (auch von Ägypten) abgeriegelte Gazastreifen, aus dem immer wieder Raketen auf israelische Städte niederprasseln, sei „ein Ort aus der Endzeit des Menschlichen“.

Und Vizekanzler Sigmar Gabriel nannte die israelische Präsenz in der palästinensischen Stadt Hebron ein „Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt“. Wer so schlecht ist, so muss man angesichts dieser moralischen Todesurteile denken, hat es wohl nicht anders verdient.

Dass Gruppen wie die Hamas mitnichten ein Ende der Besatzung, sondern ein Ende jüdischen Lebens auf vermeintlich islamischem Boden anstreben – man werfe dazu nur einen Blick in ihre Charta – wird allenthalben ignoriert. Israel ist selbst schuld. Auf die Idee, sich etwa nach dem Würzburger Axt-Attentat inhaltlich mit den Motiven des Mörders auseinanderzusetzen, ist zurecht noch niemand gekommen.

Der nächste Skandal

Nach dem Anschlag in Brüssel wurde das Brandenburger Tor in den belgischen Nationalfarben angestrahlt, nach den Anschlägen von Paris überzog die Trikolore das Berliner Wahrzeichen. Im Juni, nach dem Massaker in einem bei der LGBT-Szene beliebten Club in Orlando, waren die Regenbogenfarben an der Reihe, und auch die Türkei wurde nach dem Angriff auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen mit einer entsprechenden Solidaritätsadresse bedacht.

Nur für Israel, das seit zehn Monaten von einer blutigen Terrorserie heimgesucht wird, brannte nie ein Licht.

Dass sich in einem Land, das stets seine „besondere Verantwortung“ für den Judenstaat hervorhebt, kaum jemand an einer solchen Ungleichbehandlung stört, ist der nächste Skandal.

Vielleicht werden in Deutschland, ähnlich wie in Israel, schwere Waffen und akribische Personenkontrollen bald zum Alltag gehören. Doch solange nicht ins Bewusstsein dringt, dass sowohl der Dauerterror der Hamas gegen Israel als auch die Anschläge des IS in Deutschland und Europa Teil des internationalen Dschihad sind, wird Israel wohl weiterhin Argwohn und Unverständnis entgegenschlagen.

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