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Ein Besucher sitzt vor der Veranstaltungsbühne beim Treffen der Gemeinschaft Sant’Egidio in der Venti-Music Hall.

© dpa/Hannes P Albert

Internationales Friedenstreffen in Berlin: Steinmeier betont die Rolle der Religionen

Seit 1986 treffen sich Religionsführer aus aller Welt bei der christlichen Gemeinschaft Sant Egidio. Nun kamen sie in Berlin zusammen und bekamen präsidialen Besuch.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat vor voreiligen Friedensschlüssen in der Ukraine gewarnt. „Ja, wir alle wollen ein Ende des Schreckens, ja, wir alle wollen ein Ende des Krieges“, sagte das Staatsoberhaupt am Sonntag bei der Eröffnung des Internationalen Friedenstreffens der christlichen Gemeinschaft von Sant Egidio, das noch bis zum Dienstag in der Verti Music Hall in Berlin stattfindet.

„Es muss ein langfristiger Frieden sein und nicht nur eine Gefechtspause, die Russland erlaubt, neue Truppen an die Front zu bringen“, sagte Steinmeier unter Applaus von Teilen des Publikums. „Ein Waffenstillstand allein würde Russland nur dazu dienen, die illegale Besetzung ukrainischer Gebiete zu festigen.“ 

Die Ukraine kämpft für das, was jedes Land auf der Welt für sich in Anspruch nimmt – und was Voraussetzung für einen gerechten und dauerhaften Frieden ist.

Frank-Walter Steinmeier, Bundespräsident

Die Ukraine kämpfe um ihre territoriale Integrität, um ihre Freiheit und ihre demokratische Zukunft in Europa. „Die Menschen dort lehnen sich auf gegen Landraub und Unterjochung, gegen furchtbares Unrecht, gegen Verbrechen an wehrlosen Kindern, Frauen, Alten, gegen Bombenterror und Zerstörung“, sagte Steinmeier.

„Die Ukraine kämpft für das, was jedes Land auf der Welt für sich in Anspruch nimmt – und was Voraussetzung für einen gerechten und dauerhaften Frieden ist.“ Es sei Russland, das sich dem Frieden verweigere. 

Religionen als Friedensstifter

Steinmeier würdigte auch die Rolle der Religionen beim Schaffen von Frieden: In seiner Zeit als Bundesaußenminister war im Auswärtigen Amt ein eigenes Referat für die Zusammenarbeit mit den Religionsgemeinschaften gebildet worden, das die Friedenspotentiale der Religionen in den Blick nahm.

Unter der aktuellen Amtsinhaberin Annalena Baerbock (Grüne) wurde dessen Arbeit deutlich zurückgefahren. „Es sind die Religionen, die als Förderer des Friedens und als Kraft der Versöhnung einen großen, einen unverzichtbaren Dienst leisten können – für die Menschen“, sagte er.

Deutliche Kritik übte er in diesem Zusammenhang allerdings an der russisch-orthodoxen Kirche, deren Führung frühzeitig für Putin Position bezogen hatte. „Wer sich im Namen der Religion auf die Seite eines aggressiven Kriegsherren stellt“, verstoße fundamental gegen das Friedensgebot des Glaubens.

Hintergrundgespräche beenden Bürgerkrieg

Die international tätige christliche Gemeinschaft von St. Egidio wurde 1968 von dem italienischen Historiker Andrea Riccardi gegründet. Seit Papst Johannes Paul II. 1986 erstmals Religionsführer aus aller Welt zu einem Friedenstreffen in Assisi zusammenrief, veranstaltet die Gemeinschaft jährlich Friedenstreffen, bei denen es neben öffentlichen Veranstaltungen auch zahlreiche Gespräche „hinter den Kulissen“ gibt.

So konnte 1992 mit dem Friedensvertrag von Rom unter maßgeblicher Beteiligung der Gemeinschaft der 15 Jahre andauernde Bürgerkrieg in Mosambik beendet werden.

„Der Krieg ist die Niederlage der Politik und der Menschlichkeit“, sagte Riccardi. Heute gebe es wieder eine Kultur der Mauern und der Konflikte in der Welt. Am Treffen in Berlin nehmen neben Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) unter anderem der israelische Oberrabbiner David Lau, und der Großimam der Al-Azhar-Universität von Kairo, Ahmed Al-Tayyeb, teil. Allerdings sind nur zwei Vertreter aus der Ukraine bei den insgesamt 20 am Montag und Dienstag stattfindenden Diskussionspodien zu Gast.

In Grußworten würdigten am Sonntag auch die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Präses Annette Kurschus, sowie der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Limburgs Bischof Georg Bätzing, die Rolle der Religionen für den Frieden. Bätzing rief die Religionsgemeinschaften dabei auch zur „Selbstkritik“ auf.

„Religionen müssen sich mit gewaltbereiten, extremistischen Strömungen in den eigenen Reihen auseinandersetzen, die in terroristischen Organisationen ganze Weltregionen ins Chaos gestürzt haben“, sagte der Theologe. Kurschus betonte, dass „das Ringen um Frieden“ die Religionsgemeinschaften brauche. „Es gilt, gemeinsam zu handeln und den globalen Krisen gemeinsam zu begegnen.“

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