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Onkel Tom mit seiner Großnichte im Gun Club.

© privat

Trump-Unterstützer zum Wahlausgang: "Ich bin froh und ängstlich zugleich"

Viele Deutsche haben einen sprichwörtlichen Onkel in Amerika. Der Onkel der Autorin lebt als Rentner in Arizona. Er hat für Donald Trump gestimmt und erklärt, warum.

Lieber Onkel Tom, Donald Trump wird ins Weiße Haus einziehen. Bitte erklär‘ mir, warum du für ihn gestimmt hast.

Die Gründe für seine Wahl sind komplex. Die Menschen haben aus vielen verschiedenen Gründen für Trump gestimmt. Aber für mich gab es zwei:

Der erste waren Hillarys Pläne zur Waffenkontrolle. Die gingen mir viel zu weit. Der zweite Verfassungszusatz sieht das Recht der Bürger vor, Waffen zu tragen. Das Recht, mich und meine Familie zu schützen, ist mir lieb und teuer. Die Polizei hier ist fantastisch, aber es ist unmöglich für sie, immer rechtzeitig zu reagieren und Schaden zu verhindern. In der gefährlichen Welt, in der wir leben, ist der zweite Verfassungszusatz für mich von entscheidender Bedeutung.

Nach der Wahl schlug Trump versöhnliche Töne an: "Ich freue mich, Obama um Rat fragen zu dürfen", sagte er.
Nach der Wahl schlug Trump versöhnliche Töne an: "Ich freue mich, Obama um Rat fragen zu dürfen", sagte er.

© Kevin Lamarque/Reuters

Der zweite Grund ist das schlechte Urteilsvermögen, das Hillary in Bengasi gezeigt hat. Sie hat den Angestellten des Konsulats keine Unterstützung geschickt, als diese danach verlangten haben. Auch als sie einen privaten Email-Server für geheime Regierungsdaten nutzte, weil das für sie bequemer war, hat sie ein schlechtes Urteilsvermögen bewiesen. In diesem Land sind Menschen für viel weniger ins Gefängnis gegangen. Dass sie danach auch noch Mails gelöscht hat, nachdem man sie aufgefordert hatte, sie den Ermittlern zur Verfügung zu stellen, hat meine Überzeugung verstärkt, dass Hillary nicht das notwendige Urteilsvermögen besitzt, um Präsidentin zu sein.

Andere hatten andere Gründe, warum sie für Trump gestimmt haben. Alle diese Gründe zusammen haben für die Niederlage von Hillary gesorgt.

Trump lag bei allen Wählern vorn, die christlichen Glaubens sind. Warum war das so?

Viele Wähler sehen das Christentum in Gefahr. Die USA sind auf das Prinzip der Trennung von Kirche und Staat gegründet. Das war sehr klug und es war beabsichtigt, allen Menschen Religionsfreiheit zu bieten. Die USA wurden aber von gottesfürchtigen Menschen gegründet und in unserer Geschichte wurden die religiösen Traditionen immer zelebriert. Im Fahneneid und auf dem Dollarschein steht "In God We Trust". Alle Religionen haben die Möglichkeit, ihre religiösen Feiern zu feiern. Amerikaner  glauben an religiöse Freiheiten. Egal, ob Sie Christen, Juden, Buddhisten, Muslime, Atheisten oder was auch immer sind.

Viele Menschen aber sehen eine langsame Erosion der Traditionen, die von unseren Vorfahren stammen und sehen dies als einen Angriff auf das Christentum. Viele sehen Donald Trump als die beste Wahl, um diesen Trend zu verlangsamen.

Das Gesetz für eine bezahlbare Krankenversicherung gilt bei uns in Deutschland als großer Erfolg Obamas. War das kein Grund, für die Demokraten zu stimmen?

Nein, denn die bezahlbare Krankenversicherung ist eigentlich nicht bezahlbar. Das System ist so, dass man eine Krankenversicherung haben muss und es eine Strafe gibt, wenn man keine hat. Menschen mit niedrigem Einkommen können öffentliche Unterstützung bekommen. Aber die Beiträge steigen dramatisch an. In Arizona, habe ich gehört, steigen sie um 110 Prozent und in Minnesota um 40 Prozent. Diejenigen, die oberhalb der Grenze für staatliche Unterstützung liegen, können sich die Versicherung nicht leisten und können sie in manchen Fällen auch nicht bekommen.

Hillary kämpfte bis zum Ende dafür, das Gesetz beizubehalten, während Donald Trump es aufheben und ersetzen möchte. Die meisten Leute scheinen die Richtung von Trump zu bevorzugen.

Das wichtigste Thema aber ist: Viele Amerikaner haben keinen menschenwürdig bezahlten Arbeitsplatz mehr, weil Großkonzerne nach Mexiko, Kanada oder nach Übersee gezogen sind, um Steuern zu vermeiden. Dieser Trend muss rückgängig gemacht werden. Die Stimmung im Land ist, dass wir einen Richtungswechsel brauchen und ein politischer Außenseiter die beste Chance hat, das zu erreichen.

Es scheint, dass viele Leute genug vom politischen Establishment und von Hillary Clinton als seiner Vertreterin haben. Was denkst du darüber?

Ich bin nicht sicher, ob ich das beantworten kann. Ich habe da nichts Bestimmtes zu kritisieren.

Ich bin ein starker Befürworter von internationalem Handel und der Expansion in den asiatischen Pazifikmarkt, aber da liegt der Teufel im Detail. Was den Verlust von gut bezahlten Arbeitsplätzen in diesem Land verursacht hat, ist eine Kombination aus Freihandel und der Gesetzgebung zur Unternehmenssteuer. Sie erlaubt es amerikanische Unternehmen, das Land zu verlassen, um Steuern zu sparen. Das hat unsere Wirtschaft belastet und viele Unternehmen dazu veranlasst, ihre gesamte Produktion außerhalb des Landes zu verlegen. Ich glaube, dass dies durch eine Neuordnung der Unternehmenssteuern behoben werden kann.

Trumps Sieg wird als eine Niederlage für den Journalismus gesehen. Glaubst du, die Medien haben nicht richtig über ihn und seine Anhänger berichtet?

Absolut! Historisch wurden die Medien immer als die guten Jungs gesehen, die unvoreingenommen berichteten. In den letzten Jahren hat sich das aus vielen unternehmerischen Gründen geändert. Das führt zu Misstrauen gegenüber den Mainstreammedien. Die ausgewogene, unvoreingenommene Berichterstattung muss zurückkommen und die voreingenommene wieder dort stehen, wo sie hingehört: in der Kommentarspalte. So können die Menschen ihre eigenen Entscheidungen aufgrund der Fakten treffen.

Ich habe Leute gehört, die sagten: "Ich habe genug von den Medien, die mir erzählen, wie ich denken sollte." Das ist nicht gut! Als Leser interessiere ich mich für Meinungen. Aber wenn es um Nachrichten geht, will ich alle Fakten und nichts als die Fakten.

Es gab nur einen großen nationalen Fernsehsender, den ich für ausgewogen halte. Die anderen drei gingen weit über eine genaue Berichterstattung hinaus. Eine Schlagzeile eines nationalen Nachrichtenprogramms hieß "Amerikaner wählen Trump mit zugehaltener Nase!". Beide Kandidaten haben über 59 Millionen Stimmen bekommen, mit einem leichten Vorsprung für Clinton von weniger als 200.000 Stimmen. Es haben nicht 59 Millionen Menschen mit zugehaltener Nase gewählt!

Die Medien haben die ganze Zeit versucht, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Aber je mehr sie das mit ihrer unausgewogenen Berichterstattung versucht haben, desto mehr Menschen haben Trump unterstützt.

Trotzdem hat Trump einige ziemlich beunruhigende Dinge gesagt, findest du nicht?

Ja, aber er ist eben kein polierter Politiker. Er sagt, was er denkt, ohne es politisch korrekt auszudrücken. Ich würde dir raten, dich nicht zu sehr um die künftige amerikanische Außenpolitik zu sorgen. Es ging nicht darum, Europa, die Globalisierung, die NATO, die Menschenrechte, die legale Zuwanderung, die Gleichstellung der Frau oder die Gleichberechtigung der Rassen aufzugeben. Man sieht doch schon, dass Trump einen versöhnlicheren Ton angeschlagen hat, jetzt, wo er die Wahl gewonnen hat.

Also sind die Dinge nicht so schlimm wie sie scheinen?

Ich selbst bin ich froh, dass Trump gewonnen hat, aber zugleich ängstlich. Wenn er schlau ist, und ich glaube, das ist er, wird er sich mit den klügsten Insidern umgeben, die er finden kann, um Veränderungen unabhängig von politischen Zugehörigkeiten zu bewirken – und ohne den tief verwurzelten Glauben des amerikanischen Volkes an Gleichheit, Mitgefühl und der Notwendigkeit einer starken internationalen Wirtschaft zu beeinträchtigen.

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