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NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft.

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Update

U-Ausschuss zur Kölner Silvesternacht: Hannelore Kraft weist Vertuschungsvorwürfe zurück

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wehrt sich gegen die Vorwürfe, nach den Übergriffen zu Silvester in Köln zu spät reagiert zu haben.

Um kurz nach zwölf Uhr ist der Herr Vorsitzende ein wenig irritiert. Er hat jetzt schon zum zweiten Mal gefragt und dabei in die Runde der versammelten Parlamentarier geschaut, ob es noch etwas zu besprechen gebe, aber niemand meldet sich. "Dann schließen wir die Sitzung", verkündet Peter Biesenbach und schickt wenig später auch die vielen Mitarbeiter in das Wochenende, die zuvor mitgeholfen hatten, die 26.Sitzung des parlamentarischen Untersuchungs-Ausschusses zu den Übergriffen in der Kölner Silversternacht reibungslos zu organisieren. Eigentlich hatten sich die Abgeordneten vorgenommen, die Frau Ministerpräsidentin mindestens bis 14 Uhr zu grillen, aber schon weit vorher sind ihnen die Fragen ausgegangen.

Auch Hannelore Krafts Gesichtszüge spiegelten eine Mischung aus Irritation und Amüsement, denn im Vorfeld musste sie den Eindruck gewinnen, es komme zu einer Art Tribunal, bei dem sie nun endgültig die Grenzen aufgezeigt bekommt. Begriffe wie "Vertuschung" und "Lüge" waren in die politische Arena geworfen worden, es wurde bezweifelt, dass sie wirklich erst am Montag der ersten Januarwoche von den Vorgängen gehört habe, und außerdem sei sie zu lange stumm geblieben. Am Silvesterabend hatten am Kölner Dom und am benachbarten Hauptbahnhof überwiegend nordafrikanische Täter sexuelle Übergriffe auf hunderte Frauen und zahlreiche Raubdelikte verübt. Die überforderte Polizei konnte die Taten nicht verhindern.

Weil all diese Attacken mit den schlechten Wirtschaftszahlen des größten Bundeslandes verbunden wurden und die Ministerpräsidentin auf die Anwürfe mehr als einmal dünnhäutig reagiert hat, erschient sie an diesem Morgen als Getriebene vor dem Untersuchungsausschuss. Sie kam um kurz vor halb zehn, begrüßte den Vorsitzenden Peter Biesenbach lächelnd und mit Handschlag, nahm auf ihrem Zeugenstuhl Platz. Selbst in den eigenen Reihen war im Vorfeld ausgiebig darüber debattiert worden, ob Kraft es bei dieser Ausgangslage schaffen würde, auch kritische Fragen ruhig und sachlich zu beantworten.

Doch Hannelore Kraft bleibt am Freitag - bis auf wenige Ausnahmen - fast über die gesamten drei Stunden ruhig, nur ganz selten weist sie vor allem eine Fragestellerin der CDU zurecht, weil deren Versuche, ihr Fehlverhalten nachzuweisen, allzu häufig mit falschen Unterstellungen gespickt sind, die sogar den christdemokratischen Ausschuss-Vorsitzenden Biesenbach dazu zwingen, darauf hinzuweisen, dass die Beweiswürdigung erst am Ende stehe.

Sie stellt die Opfer in den Vordergrund

So kann Hannelore Kraft zunächst noch einmal an die vielen Opfer erinnern, die in diesem Ausschuss bisher keine Rolle gespielt haben. "Den Opfern ist schreckliches Leid widerfahren, das tut mir unendlich leid, da möchte ich mich noch einmal entschuldigen", beginnt sie ihren kurzen Vortrag und gibt rasch zu, dass ihre erste schriftliche Reaktion auf die Vorfälle am Dienstag der ersten Januarwoche nicht ausgereicht hätte. "Das ist ein kommunikativer Fehler und dafür trage ich die Verantwortung", sagt sie. Nachdem das abgehandelt war, geht sie zur Attacke auf die Opposition über und fragt in den Raum: "Es gab keinen Anlass, etwas zu verschweigen, warum hätten wir das tun sollten?"

Obwohl die Vertreter der Opposition es wieder und wieder versuchen, bleibt sie bei der Darstellung, dass weder sie noch ihre Mitarbeiter das Ausmaß der Vorfälle über das Neujahrswochenende hätten erkennen können und spielt den Ball an die Medien zurück: "Warum hat bis zum Montag niemand bei uns nachgefragt, wir hatten keine Anfrage zu dem Thema, die erste Frage des Kölner Stadtanzeigers habe ich sofort beantwortet, auch die online Medien haben uns nicht angerufen". In der Tat hatte es bis zum Montag nur in den sozialen Medien der Domstadt eine Berichterstattung gegeben, die Dimension war bis dahin nicht wirklich deutlich.

Am Montag danach hat die Ministerpräsidentin dann mit ihrem Innenminister geredet, anschließend ging es allerdings schnell, weil allen Beteiligten die politische Dimension klar geworden war. "Aus 1000 Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz wurden 1000 Täter aus dem nordafrikanischen Raum", erklärte Kraft und nahm das als Beispiel für die aufgeheizte Debatte, an der sie sich mäßigend beteiligen wollte. Sie verwies damals in erster Linie auf die Opfer und versprach, denen zu helfen, was bis heute mit Hilfe von Fachleuten geschieht.

Warum sie sich da nicht persönlich eingemischt habe, wie bei der Loveparade, wird die Ministerpräsidentin dann noch gefragt: "Weil ich aus eigener Betroffenheit bei diesem Thema weiß, dass das Fachkräfte machen müssen, ich bin dafür nicht geschult. Ich bin dafür zuständig, dass so etwas nie wieder passiert." Diese Attacke ist am Ende eine willkommene Vorlage, noch einmal das 15 Punkte Programm ins Spiel zu bringen, auf das sich rot-grün erstaunlich rasch geeinigt hat, in dem es um mehr Stellen bei Polizei und Justiz sowie um die Videoüberwachung geht, die von diesen Farben lange abgelehnt wurde.

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