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Patrick Graichen spricht während einer Pressekonferenz im Rahmen eines G-7-Ministertreffens (Archivbild).

© dpa/Hiro Komae

Update

„Grüne Clan-Strukturen” in Habecks Ministerium: Wirtschaftsministerium gesteht Fehler bei Postenbesetzung

Die Besetzung des Chefpostens bei der Deutschen Energie-Agentur (Dena) sorgt für viel Kritik. Nun soll das Verfahren erneut gestartet werden.

| Update:

Das Wirtschaftsministerium hat einen Fehler im Prozess für die Auswahl des Geschäftsführers der Deutschen Energie-Agentur (Dena) eingeräumt. Deshalb soll das Verfahren erneut gestartet werden, um jeden Verdacht einer unerlaubten Einflussnahme auszuräumen, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums am Freitag in Berlin.

Hintergrund ist die private Verbindung des an der Personalentscheidung beteiligten Wirtschaftsstaatssekretärs Patrick Graichen mit dem designierten Vorsitzenden der Dena-Geschäftsführung, Michael Schäfer. Er war Graichens Trauzeuge.

Dem Ministerium zufolge war Graichen im Vorfeld der Personalentscheidung durch den Dena-Aufsichtsrat Mitglied einer Findungskommission für mögliche Bewerber. Diese hatte auch Gespräche mit möglichen Kandidatinnen und Kandidaten geführt. Die Kommission traf den Angaben zufolge dann eine Vorauswahl und „legte dem Aufsichtsrat der Dena einen Personalvorschlag auf Basis der besten Qualifikation vor“.

„Da ist ein Fehler passiert. Da beißt die Maus keinen Faden ab“, gestand Robert Habeck am Freitagabend beim Bühnentalk des Redaktionsnetzwerk Deutschland „RND vor Ort“ in Kiel ein. Zugleich betonte er, Patrick Graichen sei seiner Ansicht nach der Mann, der Deutschland vor einer schweren Energiekrise bewahrt hätte.

Er habe die Kohlekraftwerke ans Netz gebracht, die Atomkraftwerke länger laufen lassen und die LNG-Speicher wieder in eine gesetzliche Norm gebracht, so Habeck. Nun bezahle Graichen einen hohen öffentlichen Preis. An dem Auswahlverfahren hätte dieser wegen des engen Freundschaftsverhältnisses zu Schäfer jedenfalls nicht teilnehmen dürfen.

Kritik aus der CSU

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, forderte am Freitag die Entlassung Graichens.

Grüne Clan-Strukturen machen sich ein Bundesministerium zur Beute“, sagte Dobrindt der „Bild“-Zeitung. „Es wird Zeit, dass der Bundeskanzler dagegen einschreitet.“

Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, spricht am Rande der Winterklausur der CSU-Fraktion im bayerischen Landtag zu Journalisten (Archivbild).
Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef im Bundestag, spricht am Rande einer Klausur (Archivbild).

© dpa/Daniel Karmann

Habeck hat interne Prüfung veranlasst

Schäfer hätte sein neues Amt zum 15. Juni antreten sollen. Graichen habe Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aber zu Wochenbeginn mitgeteilt, dass Schäfer sein Trauzeuge war. Der Minister habe daraufhin eine interne Prüfung veranlasst.

Kritik aus der CDU

Die CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner forderte Habeck auf, Klarheit über die Hintergründe der Personalentscheidungen in seinem Haus zu schaffen. Er müsse diese „jetzt endlich restlos transparent machen“, sagte Klöckner den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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Sie kritisierte, dass Posten „ohne Ausschreibungen an Parteifreunde“ vergeben worden seien. Persönliche Verwobenheiten würden „das Vertrauen in die Unabhängigkeit eines Ministeriums und der getroffenen Entscheidungen“ untergraben.

Habeck soll reinen Tisch machen

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion Thorsten Frei (CDU) hat Wirtschaftsminister Habeck aufgefordert, in der Diskussion um Staatssekretär Graichen „reinen Tisch“ zu machen. Die Familienbande und ideologische Einseitigkeit schadeten auch der praktischen Politik im Wirtschaftsministerium. Im TV-Sender „Welt“ sagte Frei: „Der Bundeswirtschaftsminister steht in der Verantwortung, hier für reinen Tisch zu sorgen, auch den bösen Schein von seinem Haus zu nehmen – und dafür zu sorgen, dass man sich im Bundeswirtschaftsministerium auf die Sache konzentrieren kann“.

Es sei schon erstaunlich, „wie Gesellschaften im vorpolitischen Raum eng verflochten sind, häufig sogar verwandtschaftlich eng verflochten sind“, sagte Frei mit Blick auf die familiären Verbindungen von Habecks Staatssekretär Graichen zum Öko-Institut und den BUND sowie die Dena.

Kritik von Anti-Korruptionsorganisation

Auch die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Deutschland hat das Vorgehen des Bundeswirtschaftsministeriums bei der Auswahl des Geschäftsführers der Dena kritisiert. „Das BMWK hätte den Auswahlprozess für den Vorsitz von vornherein anders handhaben müssen“, sagte die Geschäftsführerin von Transparency International Deutschland, Anna-Maija Mertens, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

„Wenn ein Kandidat der Trauzeuge des Staatssekretärs ist, dann gehört es zum kleinen Einmaleins, dass der Staatssekretär dies offenlegt und nicht an der Auswahl beteiligt ist.“

„Auch, wenn die letztendliche Entscheidung beim Aufsichtsrat der Dena gelegen zu haben scheint und rein rechtlich keine Problematik besteht, sollte man um solch einen offensichtlichen Interessenkonflikt einen weiten Bogen machen“, sagte Mertens. (mit AFP/Reuters)

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