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Connie Hedegaard ist EU-Klimakommissarin. Sie hat größte Mühe auch nur den schwachen Klimaschutzvorschlag ihrer Kommission durchzubringen. So war es in ihrer Amtszeit eigentlich immer.

© dpa

Klimagipfel: Europa vertagt Klimaziele für 2030

Anstatt schnell ein Signal an die Wirtschaft und die Welt zu geben, wie sehr der Treibhausgasausstoß in Europa sinken soll, nimmt sich die Europäische Union Zeit. Dabei finden die Bürger das Thema immer noch sehr wichtig.

Der Zeitplan der EU-Kommission in der Debatte über die mittelfristigen Klimaschutzziele der Europäischen Union bis 2030 ist schon wenige Wochen nach der Vorstellung der Vorschläge Makulatur. Beim EU-Gipfel im März werden die Staats- und Regierungschefs wohl lediglich eine Vertagung beschließen. Diese Information hat der grüne Europaabgeordnete Claude Turmes jedenfalls aus Kreisen des EU-Rates. Gestritten wird höchstens noch darüber, ob der Juni-Gipfel - unmittelbar nach der Europawahl und vor Bildung einer neuen Kommission - oder der Oktober-Gipfel über die neuen Zielmarken verhandeln soll. Dass die Debatte mehr als zäh ist, hat in der vergangenen Woche Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) beim EU-Ministerrat in Brüssel bereits festgestellt. Er hält es zudem für ziemlich aussichtslos weiter dafür zu kämpfen, dass alle EU-Staaten sich auch auf nationale Ausbauziele für Erneuerbare Energien verständigen. Nach Gabriels Einschätzung werde es schon schwierig, das Gesamtziel von 27 Prozent erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch der EU bis 2030 zu halten.

Wenige Tage zuvor beim Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem halben Kabinett bei Frankreichs Präsidenten Francois Hollande in Paris ging es ebenfalls um die Klimapolitik. Für Hollande geht es vor allem darum, zu verhindern, dass der Weltklimagipfel 2015 in Paris genauso eine Katastrophe wird wie sein Vorgängergipfel 2009 in Kopenhagen. Denn auch vor diesem Gipfel sind die Erwartungen hoch. Beim Pariser Gipfel soll ein Nachfolgeabkommen für das Kyoto-Protokoll verabschiedet werden. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am 23. September zu einem Klimagipfel in New York eingeladen, um den Pariser Gipfel vorzubereiten. Ban hofft, dass die Staaten dann ihre Angebote für ihre nationalen Klimaschutzziele für Paris auf den Tisch legen werden. Doch nun wird es selbst die Europäische Union, die bisher immer eine Speerspitze der Klimapolitik gewesen ist, wohl kaum schaffen, sich bis dahin auf eine ambitionierte Linie zu einigen. Falls sie es überhaupt schafft.

Deutsche und Franzosen halten die Wetterkapriolen für Folgen des Klimawandels

Die EU-Kommission hat im Januar ihren Vorschlag für ein mittelfristiges Klimaziel bis 2030 vorgelegt. Demnach soll der Treibhausgasausstoß bis dahin um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken, dieses Ziel ist für alle EU-Staaten verpflichtend. Der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch soll bis dahin 27 Prozent betragen, dieses Ziel soll aber für die gesamte EU gelten. Aus der Sicht des grünen Europaabgeordneten Claude Turmes ist das ein „schwaches Ziel“. Angesichts der gewaltigen Zahl überzähliger Kohlendioxid-Zertifikte im europäischen Emissionshandel – die Kommission spricht von zwei Milliarden Tonnen CO2, Turmes schätzt die Zahl sogar auf 2,6 Milliarden Tonnen – entsprächen minus 40 Prozent real gerade mal minus 32 Prozent. Und das Ziel könnte die EU ohne großen Aufwand sogar schon 2020 erreicht haben. Ähnlich unambitioniert ist das 27-Prozent-Ziel, denn 24,2 Prozent könnte die EU bis 2030 erreichen, wenn sie einfach nur ihre Ziele für 2020 erfülle, argumentiert Turmes. Doch selbst dieser schwache Kommissionsvorschlag hat beim EU-Gipfel im März kaum eine Chance, angenommen zu werden. Nach Turmes‘ Informationen dürfte der Gipfel das Thema vertagen – auf Juni. Da wird die Europawahl gerade gelaufen sein und die neue Kommission noch nicht im Amt sein. Dennoch beharren Frankreich und Großbritannien darauf, den Beschluss auf dem Juni-Gipfel zu treffen. Polen hat bereits mit einem Veto gedroht. Dass die EU sich bis September sortiert hat, ist also eher unwahrscheinlich.

Dabei ist es offenbar Deutschen wie Franzosen wichtig, dass die Klimapolitik wieder ehrgeiziger wird.  Die Kampagnenorganisation Avaaz hat am Mittwoch zwei Umfragen veröffentlicht, die Anfang Februar zeitgleich in Deutschland und Frankreich stattgefunden haben. In Deutschland wurden von TNS Emnid 1000 Erwachsene befragt, in Frankreich waren es 990. In beiden Ländern sind die Befragten ziemlich überzeugt davon, dass die Wetterextreme, die aktuell beobachtet werden, mit dem Klimawandel in Verbindung zu bringen sind. In Deutschland sehen das 77 Prozent der Befragten so, in Frankreich sind es 76 Prozent. In Frankreich befürchten 71 Prozent der Befragten, dass der Klimawandel noch in ihrer Lebenszeit zu einer Bedrohung ihres Lebensstils werden wird, in Deutschland sind das jedoch nur 39 Prozent. Einig sind sich Deutsche und Franzosen dann allerdings wieder darin, dass ihre Regierungen nicht genug gegen den Klimawandel unternehmen. 66 Prozent der Franzosen sind unzufrieden mit der Klimapolitik ihrer Regierung und 63 Prozent der Deutschen.

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