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Nächster Karriereschritt: Der Finanzpolitiker Matthias Hauer übernimmt den Vorsitz im Cum-ex-Ausschuss.

© imago/photothek/Nicolas Lepartz

Erst Wirecard, jetzt Cum-ex: Der Mann, der den Kanzler in Bedrängnis bringen will

Matthias Hauer soll den Vorsitz im Cum-ex-Untersuchungsausschuss im Bundestag übernehmen. Wer ist der CDU-Politiker, was hat er vor?

Auf seiner Homepage zeigt sich Matthias Hauer locker. Er ist dort im blauen Pulli zu sehen oder im blauen Jackett, mit blauem Hemd, ohne Krawatte. Blau scheint seine Lieblingsfarbe zu sein, oder der Webgestalter hat dazu geraten. Gedämpftes Blau wirkt seriös. Nichts ist schrill auf dieser Seite.

Der letzte News-Eintrag dreht sich um den Tag der kleinen Forscher, da hat Hauer Geld gespendet, damit Kitas oder Schulen im Wahlkreis Material für Experimente kaufen können. Der CDU-Mann gibt den netten Abgeordneten von nebenan.

Aber der 45-Jährige kann auch anders. Spitz, direkt, mit einer gewissen Härte – so war Hauer im Wirecard-Untersuchungsausschuss zu erleben, der seit dem Sommer 2020, kurz nach der Pleite des Betrugsunternehmens, immense Aufklärungsarbeit leistete und kurz vor der Bundestagswahl 2021 einen Bericht vorlegte, der im Vorwahlkampf dann allerdings unterging.

In dem Gremium war Hauer Obmann seiner Fraktion. Es war kein ganz einfacher Job. Denn die Union saß in der Regierung. Der Ausschuss war von Grünen, Linken und FDP beantragt worden. Das Ziel: Im Fall des betrügerischen Finanzdienstleisters Behörden- und Politikversagen nachzuweisen bis hinauf in die Spitze der „Groko“. Im Visier waren also auch Angela Merkel und Olaf Scholz.

Offene Fragen und Widersprüche, angebliche Gedächtnislücken, politische Einflussnahme? Der Ausschuss bekommt viel Arbeit!

Matthias Hauer

Doch hatte es die Opposition vor allem auf den damaligen Bundesfinanzminister und heutigen Kanzler abgesehen. Denn in dessen Verantwortungsbereich hatten sich früh offenkundige Versäumnisse, Fehleinschätzungen und Schlampereien abgezeichnet – bei Behörden unter seiner Kontrolle vor allem, etwa der Finanzaufsicht Bafin, weniger im Ministerium selbst. Der Versuch, zumindest den Finanzstaatssekretär Jörg Kukies zu Fall zu bringen, gelang nicht.  

Neben den drei kritischen Fragern aus der Opposition – Danyal Bayaz von den Grünen, Florian Toncar von der FDP und vor allem Fabio De Masi aus der Linksfraktion – konnte sich so auch Hauer mit forschen, bohrenden Fragen profilieren, bei denen wenig Rücksichtnahme auf die Koalitionspartnerin SPD zu spüren war.

Er musste freilich eine Art Gratwanderung bestehen. Denn wie De Masi es damals formulierte: „Scholz kann sich nicht wegducken, aber der aktive Lobbyismus für Wirecard war sehr unionsnah.“ Hauer warf Scholz unter anderem vor, bei der Aufklärung von Anfang an auf der Bremse gestanden zu haben. Er suche Fehler nur dort, wo er nicht beteiligt sei, so Hauers Urteil im Frühjahr 2021.

Es geht um Scholz’ Glaubwürdigkeit

Daran will er nun anknüpfen. Im Cum-ex-Ausschuss, den die Unionsfraktion an diesem Donnerstag im Bundestag beantragen wird, soll Hauer den Vorsitz übernehmen. Das Ziel der Union hat er mit seinen Fraktionskollegen Mathias Middelberg und Franziska Hoppermann kürzlich recht direkt formuliert: Man will die Glaubwürdigkeit des Kanzlers untergraben.

Und zwar indem neues Licht auf die Affäre um betrügerische Dividendengeschäfte, die Verstrickung der Warburg-Bank und eine vermutete, aber unbewiesene Hilfestellung der Hamburger Stadtregierung unter dem damaligen Bürgermeister Olaf Scholz geworfen werden soll.

Hauer ist im liberaleren Teil der CDU verortet. Er stimmte beispielsweise für die Ehe für alle, und er gehörte zu jenen, welche einen Rauswurf von Hans-Georg Maaßen aus der CDU verlangten. Im Parlament sitzt Hauer seit 2013. Bis vor einem Jahr war er Kuratoriumsmitglied der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld.

In Essen vor der SPD

Der Fachanwalt für Banken- und Kapitalmarktrecht (Hauer ist Partner in einer Wuppertaler Kanzlei) sitzt im Finanzausschuss, mittlerweile ist er dort Obmann seiner Fraktion. In seinem Essener Wahlkreis hat er 2013 der SPD mit sehr knapper Mehrheit das Direktmandat entwunden und es seither verteidigt.

Zur Vorbereitung auf seinen neuen Job hat Hauer vorigen Freitag den Zug in die Hansestadt genommen. Dort arbeitet schon seit gut zwei Jahren ein Cum-ex-Ausschuss, Scholz war schon geladen.

Hauer schaute sich die Sitzung an, in der unter anderen Familienministerin Lisa Paus als ehemaliges Mitglied im Bundestags-Finanzausschuss geladen war. Es geht vor allem darum, ob es 2016 und 2017 politische Einflussnahme gegeben habe, als der Warburg-Banker Christian Olearius auch in direkten Gesprächen mit dem Bürgermeister Vorteile für sein Unternehmen erlangen wollte.

Politische Einflussnahme?

Tatsächlich wurden Steuerrückforderungen durch die Hamburger Finanzverwaltung zunächst nicht vollzogen. Bisher hat der Untersuchungsausschuss in der Hamburger Bürgerschaft Scholz und auch dem einstigen Finanzsenator und jetzigen Bürgermeister Peter Tschentscher, ebenfalls ein Sozialdemokrat, kein Fehlverhalten nachweisen können.

Eine Rolle soll deshalb im neuen Ausschuss im Bundestag auch die Erinnerungsfähigkeit des Kanzlers spielen. Die Union unterstellt Scholz, im Juli 2020 im Finanzausschuss des Bundestags, noch konkrete Angaben zu Gesprächen mit Olearius gemacht zu haben, in weiteren Befragungen im Ausschuss und in der Hamburger Bürgerschaft sich aber darauf berufen zu haben, keine detaillierten Erinnerungen zu haben.

Wie weit die Union mit ihrem Ansinnen kommt, wird sich zeigen. In Sachen „Cum-ex“ immerhin ist Hauer erfahren. Er gehörte 2016 und 2017 dem ersten Untersuchungsausschuss des Bundestages zu diesem Thema an. Der Vorsitz im neuen Untersuchungsausschuss ist die nächste Karrierestufe.

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