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Schon verblichen? Die Ampel beim Start vor einem Jahr.

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Ein Jahr Ampel-Koalition: Was müssen die Regierungspartner besser machen?

Ein Jahr ist das Kabinett um Kanzler Olaf Scholz im Amt. Wie fällt die Bilanz aus, was muss sich ändern? Einschätzungen unserer Korrespondenten aus dem Hauptstadtbüro.

Die SPD sieht sich als ruhender Pol der Koalition in stürmischer Zeit. Sie nimmt sich also bewusst immer wieder zurück, um am Ende der Legislaturperiode als Stabilitätsanker dazustehen. Das Bild eines passiven Kanzlers Olaf Scholz, der nur in höchster Not, etwa in der Atomfrage, Machtworte spricht, droht sich aber festzusetzen.

Bis auf Mindestlohn-Minister Hubertus Heil befindet sich das SPD-Kabinett kommunikativ in der Defensive.

Christopher Ziedler

Der Wunsch nach aktiverer Kommunikation ist in der Fraktion groß. Die Hoffnung: Wenn SPD-Positionen besser dargelegt würden, würden auch Grüne und Liberale schneller überzeugt. Nur wer soll es machen? Scholz arbeitet an sich, etwa mit Bürgerdialogen. Von der Parteispitze wird nur Lars Klingbeil stark wahrgenommen.

Bis auf Mindestlohn-Minister Hubertus Heil befindet sich das SPD-Kabinett kommunikativ in der Defensive. Wolfgang Schmidt, einst Scholz-Erklärer, erstickt im Kanzleramt an Arbeit. Christine Lambrecht hat ihren Ruf weg. Die in Twitterkönig Karl Lauterbach gesetzten Hoffnungen blieben unerfüllt. Will die SPD also ernst machen, muss sie über Personal reden. 

Beobachter haben bereits ein Déjà-vu: Wie im letzten Wahlkampf nähert sich die Stimmung zwischen Robert Habeck und Annalena Baerbock den eisigen Wintertemperaturen an. Die beiden Super-Minister der Grünen reden nur das Nötigste miteinander und arbeiten mitunter sogar gegeneinander. Die Ampel-Arbeit lähmt das zunehmend, die Grünen könnte es spalten.

Die Partei täte gut daran, zügig ein Machtzentrum zu definieren. 

Felix Hackenbruch

Die Partei täte gut daran, zügig ein Machtzentrum zu definieren. Mit Parteizentrale, Fraktionsspitze und den beiden Ministerien haben die Grünen zu viele Köpfe, die den Ton angeben wollen. Im Atomstreit nahm die Fraktion Habeck an die Leine, beim Debakel mit der Gasumlage sprang Baerbock dem Wirtschaftsminister nicht bei. Der wiederum ließ eine eigene China-Strategie aufsetzen, die sich erheblich von der aus dem Auswärtigen Amt unterscheidet.

Dem Land schadet das, der Partei auch. Das Schattenrennen um die Poleposition für die nächste Kanzlerkandidatur der Grünen sollten Habeck und Baerbock schleunigst beenden – oder final klären.

Die FDP gilt als Blockiererin in der Ampel-Koalition. Einerseits liegt das an der Rolle des Finanzministers, der schon qua Amt die Rolle des Nein-Sagers bedient. Andererseits fremdelt die Partei mit dem Bündnis noch immer, da scheint das kategorische Nein oft verlockend. Wie beim Tempolimit, einer möglichen Lockerung der Schuldenbremse oder bei der Diskussion über die Neun-Euro-Ticket-Nachfolge.

Es wird nicht reichen, als Opposition im Wartestand wahrgenommen zu werden.

Valerie Höhne

Nach der verlorenen Niedersachsenwahl, bei der die FDP an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte, kritisierte FDP-Bundesvize Johannes Vogel seine Partei. Man müsse deutlich machen, dass man eine „Dafür-Partei“ sei. Doch Vogel hat in der Partei mächtige Gegner, die sich in der Koalition weiterhin vor allem abgrenzen wollen.

Analysen zeigen, dass FDP ein größeres Wählerpotenzial hat, als sie bislang erreicht. Wenn sie das ausschöpfen will, wird es aber nicht reichen, als Opposition im Wartestand wahrgenommen zu werden. Sie wird sich dann auf das gemeinsame Regieren mit SPD und Grünen einlassen müssen.

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