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Sorge über Nordkoreas Raketentest: US-Präsident Donald Trump und Japans Ministerpräsident Shinzo Abe in Florida.

© Nicholas Kamm / AFP

USA und Nordkoreas Raketentest: Donald Trump, fremdbestimmt

In jeder Präsidentschaft kommt der Moment, wo der Neue mehr reagieren muss, als er agieren kann. Weltereignisse verdrängen das Wahlprogramm. Eine Analyse.

Es war eine Provokation mit Ansage. An Neujahr hatte Nordkorea gedroht, seine Raketentests fortzusetzen. Donald Trump hatte damals zurückgedroht: Er werde nicht zulassen, dass Nordkorea eine strategische Atomwaffe entwickele, die die USA erreichen könne.

Trump hatte sechs Wochen Zeit - und tat: nichts

Diesem Ziel dienen die Raketentests unter anderem. Pjöngjang muss dafür die Reichweite seiner Kurz- und Mittelstreckenraketen deutlich erweitern und seine technisch veralteten Atomsprengköpfe so modernisieren und komprimieren, dass sie auf eine Rakete passen. Trump hatte sechs Wochen Zeit, um zu überlegen, wie er sein Versprechen, das zu verhindern, mit Glaubwürdigkeit erfüllt. Am Wochenende machte Nordkorea seine Drohung wahr. Und Trump tat: nichts.

Wieder einmal stehen die US-Bürger, Amerikas Verbündete und die Feinde des Westens vor der Herausforderung, sich einen Reim auf Trumps Vorgehen zu machen. Steckt eine Strategie hinter seinem Handeln? Oder hat er keinen Plan? Noch grundsätzlicher: Haben er und seine Berater sich mit einem Problem, das auf ihren Tisch kommt, gedanklich näher beschäftigt oder werden sie überrascht?

Wenn eine Strategie fehlt, droht Blockade

Damit verbindet sich eine weitere, viel grundsätzlichere Frage: Jede Präsidentschaft gelangt früher oder später an einen Punkt, ab dem immer weniger Zeit bleibt, zu agieren und das Programm Schritt für Schritt abzuarbeiten, mit dem der Kandidat im Wahlkampf für sich geworben hat. Statt dessen landen immer mehr Probleme auf dem Schreibtisch im Oval Office, auf die der Neue reagieren muss. Und das nimmt ihm die Zeit und die Energie, das zu tun, was er sich eigentlich vorgenommen hat.

Trump nähert sich diesem Moment, ab dem die Fremdbestimmung deutlich zunimmt und mit den selbstbestimmten Inhalten konkurriert. Wenn er keine raschen und praktikablen Antworten auf diese Einzelprobleme und für das Management der Summe dieser Probleme findet, wird er sich und seine Präsidentschaft blockieren, weil er dann vollends in den Reaktionsmodus gerät und kaum noch agieren kann.

George W. Bush als abschreckendes Beispiel

Ein abschreckendes Beispiel aus jüngerer Zeit ist George W. Bush: Der Terrorangriff auf die USA an 9/11 veränderte seine Präsidentschaft völlig und warf seine Pläne über den Haufen. Er und sein Team waren nicht vorbereitet auf die Herausforderung durch diese Art des Terrorismus. Die spontanen Reaktionen und die Folgeprobleme, die sich daraus ergaben - von Guantanamo über den Afghanistan- und den Irakkrieg bis zum Kampf um die Anti-Terrormaßnahmen in der Innenpolitik und vor den Gerichten der USA -, überwältigten ihn. Für andere Ziele und Pläne blieb kaum noch Zeit.

Angewandt auf den Test Trumps durch Nordkorea bedeutet das in der positiven Variante: Trump sieht dieses generelle Risiko. Er wusste, dass der Nordkorea-Test kommt. Er hat sich von Vorgänger Barack Obama dessen Strategie erklären lassen und die Argumente abgewogen. Am besten lässt man sich nicht provozieren, sondern arbeitet ruhig und konsequent daran, die Isolation Nordkoreas fortzusetzen. Dazu gehört eine abgestimmte Politik mit China. Deshalb hat Trump den Konfrontationskurs gegenüber Peking abgebrochen und sucht die Verständigung. Er versichert Amerikas Verbündeten in Asien, dass sie sich auf Amerikas Sicherheitsgarantie verlassen können.

Der Präsident erwähnt Japan, vergisst aber Südkorea

Die negative Variante: Er tat nichts und sagte so gut wie nichts, weil er ratlos ist. Er hat keine Strategie für Nordkorea. Er hat keine Strategie für Asien. Und er hat auch das größere Problem nicht im Blick, dass er für solche Herausforderungen Strategien in der Schublade haben muss, weil er sonst die Funktionsfähigkeit seiner Präsidentschaft gefährdet. Es war damit zu rechnen, dass Nordkorea den Besuch des japanischen Premiers Shinzo Abe bei Trump für den Test, wie der neue US-Präsident auf eine Provokation reagiert, nutzt. Aber Trump war unvorbereitet versäumte das Mindeste: das Schutzversprechen für alle betroffenen US-Verbündeten. Er erwähnte nur Japan, vergaß aber Südkorea.

Nach diesem Wochenende fällt es schwer, zu beurteilen, welche Variante zutrifft. Das ist im Angesicht des Trump'schen Handelns in den ersten gut drei Wochen ein weiterer Grund zur Sorge.

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