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Ein Ukraine trainiert in der Nähe von Kiew an einem Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard.

© AFP/Sergei Supinsky

FDP-Politiker über deutsche Waffen in der Ukraine: „Ein Problem sind fehlende Ersatzteile“

Der FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber war eine Woche in der Ukraine. Er berichtet, wie es um die aus Deutschland gelieferten Waffensysteme bestellt ist – und was das Land noch braucht.

Herr Faber, Sie waren gerade eine Woche in der Ukraine unterwegs. Welchen Eindruck hatten Sie von der Stimmung im Land, da die Offensive zum Erliegen gekommen ist und der russische Beschuss zunimmt?
Ich habe schon einen Unterschied festgestellt im Vergleich zu meinem letzten Besuch vor einem halben Jahr: Die Entschlossenheit in der Ukraine scheint mir noch gewachsen zu sein – vielleicht auf Kosten einer Art von Fröhlichkeit und Zuversicht, die man vorher noch wahrgenommen hat. Jetzt merken die Menschen, dass noch ein langer und schwieriger Weg vor ihnen liegt, um dem russischen Angriffskrieg zu widerstehen.

Die internationale Militärhilfe, nicht zuletzt die deutsche, ist dafür zentral. Was hat die Ukraine, was fehlt ihr?
Ich möchte voranstellen, dass in allen Gesprächen immer wieder eine sehr große Dankbarkeit zu spüren ist. Speziell dafür, was wir etwa mit den Systemen Iris-T und Patriot an Luftverteidigung zur Verfügung gestellt haben. Nicht mehr jeder russische Marschflugkörper schlägt auch ein. Unverständnis gibt es vor allem darüber, warum nicht auch wir Marschflugkörper liefern, wie es Frankreich und Großbritannien tun. Ich hoffe und erwarte, dass Bundeskanzler Olaf Scholz bei den Taurus bald zur Einsicht kommt.

Die hätten die Lage auch nicht entscheidend verändert, lautet ein Argument im Kanzleramt.
Ich habe den Luftwaffenstützpunkt besucht, von wo aus ukrainische Kampfjets mit den britischen und französischen Storm-Shadow Modellen in den Einsatz starten. Ich habe mit Piloten gesprochen, die mir sagten, die deutschen Taurus könnten einen großen Unterschied und sie persönlich sicherer machen. Wegen der größeren Reichweite könnten sie früher abgeschossen werden, die Flugzeuge müssten weniger nah an die russische Luftverteidigung heran.

Haben Sie auch Erkenntnisse darüber gewinnen können, wie einsatzbereit die bereits von Deutschland gelieferten Waffensysteme sind?
Sie sind jedenfalls nicht alle zerstört, wie es die Moskauer Propaganda glauben machen will. Gerade, als ich auf dieser Air Base war, vermeldeten die Russen, man habe dort mit einer Rakete 35 Nato-Offiziere in einem Bunker getötet. Weder waren dort Nato-Offiziere, noch hat eine Rakete eingeschlagen – das sind schlichtweg Erfindungen.

Was aber ist mit den Leoparden oder Geparden aus Deutschland?
Natürlich müssen auch manche der Panzer aufgrund von feindlichem Beschuss repariert werden, aber es sind nur wenige einzelne wirklich zerstört worden. Meistens müssen sie einfach deshalb zur Instandhaltung, weil sie intensiv eingesetzt und abgenutzt wurden. Von den 18 Leopard-2-Kampfpanzern befindet sich bestimmt mehr als die Hälfte in der Werkstatt, was jetzt im Winter auch militärisch sinnvoll ist. Gebraucht werden sie wieder bei besseren klimatischen Bedingungen.

Deutschland sollte dann auch insgesamt mehr liefern. Ein Problem sind fehlende Ersatzteile, auf die oft lange gewartet werden muss – sonst wäre die Einsatzbereitschaft noch höher.

Können Sie dafür ein Beispiel nennen?
Ja. Aktuell sind etwa zwei Drittel der 52 Flakpanzer Gepard im Einsatz. Der Anteil könnte noch größer sein, wenn die ukrainische Armee sogenannte Kettenpolster hätte, die die Abnutzung der Kette verringern.

Wir müssen in der Regierungskoalition auch über weitere Panzerlieferungen reden: 18 Leopard 2 sind zu wenig, um eine 1300 Kilometer lange Frontlinie zu verteidigen.

Marcus Faber (FDP)

Woher haben Sie diese Informationen?
In Kiew habe ich mit dem Kommandeur des Logistikbataillons gesprochen, der dafür zuständig ist, den Abtransport beschädigter Waffensysteme in die Werkstatt zu organisieren. Im Hafen von Odessa habe ich mit einer Gepard-Besatzung reden können. Dort wird übrigens wieder auf Vorkriegsniveau Getreide exportiert, weil dort zusätzlich ein Patriot-System stationiert ist und eine von den Briten gelieferte Raketenstellung die russische Schwarzmeerflotte auf Abstand hält.

Was haben Sie von der Instandhaltung mitbekommen? Mit den Reparaturwerkstätten in Polen und der Slowakei gab es immer wieder Probleme – politische und bürokratische.
Ja, weil es sich um Import und Export von Kriegswaffen handelt. Nicht nur deshalb wäre es besser, man könnte sie in der Ukraine selbst reparieren. An der Grenze zur Slowakei und zu Polen gibt es oft tagelange Lkw-Staus, die das Ganze zusätzlich verzögern und noch teurer machen. Insofern ist es gut, dass die deutschen Unternehmen Rheinmetall und FFG in der Westukraine gerade entsprechende Kapazitäten aufbauen. Ich habe mir den Stand der Arbeiten vor Ort angeschaut – im Frühsommer soll es dort losgehen.

Müsste nicht auch der dringend benötigte Munitionsnachschub im Land selbst hergestellt werden?
Munition ist leichter zu transportieren. Die Produktion sollte dort ausgebaut werden, wo es am besten geht. Dass gerade angekündigt wurde, in Deutschland nun Munition für Patriot-Luftabwehrraketen herzustellen, ist eine gute Nachricht.

Zuletzt häuften sich eher Meldungen darüber, dass die Unterstützung für die Ukraine abnehmen könnte, insbesondere seitens der USA, aber auch in Europa. Muss Deutschland jetzt noch mehr tun?
Aus meiner Sicht: Ja! Über die Taurus-Marschflugkörper, die Nachschubwege und Kommandozentralen hinter der Frontlinie zerstören könnten, habe ich schon gesprochen. Wir müssen in der Regierungskoalition auch über weitere Panzerlieferungen reden: 18 Leopard 2 sind zu wenig, um eine 1300 Kilometer lange Frontlinie zu verteidigen. Die Bundeswehr hat bisher fünf Prozent unserer Kampfpanzer geliefert. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass die Ukraine auch uns verteidigt.

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