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Die bekannten rote Roben, hier noch in der Garderobe des Sitzungssaals des Bundesverfassungsgerichts.

© Mauritius/ Fabian von Poser/Imagebroker

Bundesverfassungsgericht zur Berlin-Wahl: Entscheidend ist, dass einer entscheidet

Das Verfassungsgericht wird die Wiederholungswahl nicht mehr aufheben. Aus dem Karlsruher Beschluss spricht die Tugend der Selbstbeschränkung, die dort sonst nicht immer anzutreffen ist.

Eine Kolumne von Jost Müller-Neuhof

In Berlin wurde gewählt, in Karlsruhe darüber Recht gesprochen. Und siehe da: Es ist gut, wie es ist. Vielleicht nicht in politischer, jedoch in rechtlicher Hinsicht.

Das Bundesverfassungsgericht hat das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs für eine Wiederholungswahl in seiner jetzt nachgereichten Beschlussbegründung weder infrage gestellt noch sonst kritisiert. Es hat den „Grundsatz der Unantastbarkeit“ von dessen Entscheidung hervorgehoben und sich damit selbst aus dem Spiel genommen.

Verständlich, dass die Kläger das kontrolliert haben wollten. Der Sache nach gerechtfertigt war es nicht.

Jost Müller-Neuhof

Überraschend daran ist nur die Deutlichkeit, mit der dies geschieht. Zwar hatte das Bundesgericht häufiger den Respekt vor der verfassungsgerichtlichen Eigenständigkeit der Länder angemahnt. Aber Pannen wie in Berlin, die gab es eben noch nie. Und entsprechend auch kein Urteil für eine erneute Wahl.

Verständlich, dass die Kläger das kontrolliert haben wollten. Der Sache nach gerechtfertigt war es nicht. Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte so viele Wahlfehler festgestellt, dass die konkreten Auswirkungen nicht aufzuklären waren – und dieses Defizit zulasten der neuen Mandatsträger im Abgeordnetenhaus gewichtet.

Hätte dieses Vorgehen verfassungsrechtliche Maßstäbe für Wahlprüfungen gesprengt – man darf sicher sein, Karlsruhe hätte eingegriffen.

So hielt man sich zurück. Geprüft wurde nur die Förmlichkeit, mit der die Pannenwahl aufgearbeitet wurde. Alles in Ordnung in Berlin, lautet das Ergebnis. Das Gericht war korrekt besetzt, das Verfahren sauber.

Auch die in Berlin einzigartige einstufige Wahlprüfung, die ohne Vorabkontrolle durch das Parlament auskommt, wurde abgesegnet. Keine Spur von der Überheblichkeit, mit der Verfassungsrichter Peter Müller, früher mal Saarlands Ministerpräsident, meinte, Berlin als „Entwicklungsland“ abqualifizieren zu müssen.

Aus der Karlsruher Entscheidung spricht die Tugend der Selbstbeschränkung. Keineswegs üblich für ein Gericht, das sich sonst alle Möglichkeiten offen hält, Urteile anderer Gerichte zu korrigieren.

Hintertüren bleiben auch diesmal. Versinken in Berlin nicht nur Wahlen im Chaos, sondern auch die Prozesse darum vor dem Verfassungsgerichtshof, wird mit der „Unantastbarkeit“ gebrochen. Sorgen muss sich also niemand machen.

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