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Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Befragung der Bundesregierung im Deutschen Bundestag.

© dpa/Michael Kappeler

Update

Scholz im Bundestag zu Taurus-Lieferungen: „Eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will“

Mehrfach bekräftigte der Kanzler seine Entscheidung zu den Marschflugkörpern. Nun stellte er sich der Oppositionskritik – und wies den Vorwurf unzureichender Ukraine-Militärhilfen zurück.

| Update:

Zum ersten Mal in diesem Jahr hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Bundestag den Fragen der Abgeordneten gestellt – insbesondere zum Thema der Taurus-Lieferungen an die Ukraine.

Bei seinem Eingangsstatement betonte Scholz den Willen, der Ukraine beizustehen. „Diese Unterstützung ist weiter nötig“, sagte er. Die Ukraine brauche weiter Munition und „vor allem auch Luftverteidigung“.

Mit Blick auf das umstrittene Nein zur Lieferung der Taurus-Raketen ins Kriegsgebiet erklärte Scholz in Richtung des Plenums, „den Stier bei den Hörnern packen“ zu wollen. Taurus bedeutet im Lateinischen Stier. Demnach müsse er jede Entscheidung sorgsam abwägen. Die Bürgerinnen und Bürger hätten einen Anspruch darauf.

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Deshalb sei eine Lieferung von Marschflugkörpern wie Taurus „eine Grenze, die ich nicht als Kanzler überschreiten will“. Er bleibe bei der Forderung, dass keine deutschen Soldaten in den Krieg hineingezogen sollen. Dies könne er bei einer Waffe wie Taurus mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern jedoch nicht ausschließen.

Bei der anschließenden Befragung im Parlament betonte er, aus genannten Gründen habe er seine Position in dieser Frage „so dargestellt, wie Sie das kennen“. Er „halte es für erforderlich, dass wir bei der Lieferung von Waffen sicherstellen, dass es keine Beteiligung deutscher Soldaten gibt“.

Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Regierungsbefragung im Bundestag.
Bundeskanzler Olaf Scholz bei der Regierungsbefragung im Bundestag.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Zudem betonte Scholz, dass es dabei auch darum gehe, „wohin gezielt, geschossen und getroffen“ wird. „Und das sollte nicht mit deutschen Soldaten passieren.“

Besonnenheit ist nicht etwas, was man als Schwäche qualifizieren kann, wie einige das tun, sondern Besonnenheit ist das, worauf die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch haben.

Olaf Scholz, Bundeskanzler

Dies gelte nicht nur für eine Entsendung in die Ukraine, sondern auch dann, wenn die Einsatzplanung für Taurus „in Deutschland stattfindet“.

„So geht das für uns nicht“

Zugleich verwies er auf bereits geleistete militärische Hilfe an die Ukraine. Deutschland sei mehrmals der erste Staat gewesen, der der Ukraine „sehr weitreichende Verteidigungssysteme“ zur Verfügung gestellt habe.

Auf kritische Nachfragen des CDU-Außenpolitikers Norbert Röttgen entgegnete Scholz: „Durch die Lieferung der Waffen wird man nicht Kriegsbeteiligter.“ Allerdings lehnte er den Weg Frankreichs und Großbritanniens ab, die der Ukraine bereits Marschflugkörper lieferten. „So geht das für uns nicht.“

Die CDU/CSU-Fraktion hatte zuvor angekündigt, Scholz zum Thema zu „grillen“, wie man im Politik- und Medienjargon sagt. Erfolgschancen: mäßig.

Um das Thema Taurus geht es im Bundestag auch am Nachmittag in einer von der AfD beantragten Aktuellen Stunde ab etwa 14.55 Uhr. Im Mittelpunkt steht hier der in Russland veröffentlichte Mitschnitt eines abgehörten Online-Gesprächs von Bundeswehroffizieren.

Mehrfaches Nein zu Taurus-Lieferungen

Im Oktober erteilte Scholz einer Taurus-Lieferung erstmals eine Absage – ohne eine ausführliche Erklärung zu liefern. Die folgte erst am 26. Februar auf der dpa-Chefredaktionskonferenz in einem Gespräch mit Journalisten und in den Tagen danach bei weiteren öffentlichen Veranstaltungen. Im Bundestag hat sich Scholz allerdings noch nicht dazu geäußert.

Bisher verwies der Kanzler auf die Sorge, dass Deutschland mit einer Lieferung des Taurus in den Ukraine-Krieg hineingezogen werden könnte. Sein Nein untermauerte er mit dem Satz: „Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das.“

Seine Argumentation ist dreistufig. Weil mit dem Taurus russisches Territorium bis nach Moskau erreicht werden kann, will Scholz die Kontrolle über diese Waffe nicht den Ukrainern überlassen. Um selbst die Kontrolle zu behalten, müssten sich aber deutsche Soldaten an der Zielsteuerung beteiligen – von Deutschland aus oder in der Ukraine.

Beides kommt für Scholz nicht infrage, weil das aus seiner Sicht eine Verwicklung in den Krieg bedeuten könnte. Einem solchen Einsatz deutscher Soldaten müsste auch der Bundestag zustimmen, wenn man rechtlich auf der sicheren Seite sein will. In anderen Ländern wie Großbritannien und Frankreich ist das nicht der Fall.

Union wirft Scholz Falschinformation vor

Die Union, aber auch FDP und Grüne sind dagegen für eine Bereitstellung des Waffensystems, mit dem die Ukraine die russischen Nachschublinien weit hinter der Front angreifen will.

Vornehmlich die Union hält dem Kanzler vor, er habe den Eindruck vermittelt, dass der Taurus ohne deutsche Soldaten gar nicht eingesetzt werden könnte. Das von Russland abgehörte Gespräch von vier Bundeswehr-Offizieren belege aber, dass das bei entsprechender Ausbildung ukrainischer Soldaten sehr wohl möglich sei. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagt daher, Scholz habe „mit falschen Informationen“ gearbeitet.

Scholz hat sich allerdings nie explizit zu der technischen Machbarkeit eines Taurus-Einsatzes ohne deutsche Soldaten geäußert. Auf die Frage, ob es ohne deutsche Soldaten nicht geht, sagte er auf der dpa-Chefredaktionskonferenz: „Das, was andere Länder machen, die andere Traditionen und andere Verfassungsinstitutionen haben, ist etwas, das wir jedenfalls in gleicher Weise nicht tun können.“

Der Druck aus dem Bundestag dürfte den Kanzler jedenfalls erst mal nicht dazu bringen, umzuschwenken. Wenn das Parlament am Donnerstag erneut auf Antrag der Union über die Lieferung abstimmt, wird es mit ziemlicher Sicherheit keine Mehrheit dafür geben. Wenn überhaupt, dürften nach jetzigem Stand nur einzelne Koalitionsabgeordnete für den Antrag stimmen. (cst, dpa, AFP)

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