zum Hauptinhalt
Der fruehere Bundesminister, Parlamentspraesident und dienstaelteste Abgeordnete Schaeuble war am 26. Dezember im Alter von 81 Jahren in seiner Heimatstadt Offenburg gestorben.

© imago/epd/IMAGO/Thomas Lohnes

Bewegende Trauerfeier für Schäuble : „Wolfgang, Du hast Großes geleistet, und es ist gut geworden“

Er wollte sich nicht wichtig machen. Und doch war er für so viele so wichtig, wie Landesbischöfin Heike Springhart sagte. Der Abschied von Wolfgang Schäuble feierte auch das Leben.

Im Tod zeigt sich das Leben. Wie es gelebt wurde, mit wem. Und die großen Lebenslinien werden deutlich. Der Abschied von Wolfgang Schäuble in Offenburg an diesem Freitag, einer voller Trauer, feiert dennoch das Leben. Nicht zuletzt dieses.

Und so sitzen sie da, einträchtig, die Honoratioren der Politik, die Freunde. Die Kirchenbänke in der Offenburger Stadtkirche sind bis auf den letzten Platz gefüllt, viele bekannte Gesichter darunter, große Namen. Präsidenten, Minister, Senatoren. Ehemalige und aktive aus Europa, Bund und Land. Bärbel Bas. Jean-Claude Juncker. Erwin Teufel, Günther Oettinger. Willi Stächele. Julia Klöckner. Jens Spahn. Joe Chialo. Stephan Harbarth. Armin Laschet. Generalinspekteur Carsten Breuer. Immer mehr sind zu entdecken. Gemeinsam singen sie „Von guten Mächten wunderbar geborgen“.

Geborgen ... Die Familie hat die Choräle ausgesucht, solche, die alle singen können. Ja, die Familie, die in der ersten Reihe sitzt, von der Ehefrau Ingeborg angefangen, wie es das Protokoll gebietet – aber wie es auch in Wolfgang Schäubles Leben war. Sein letzter Wunsch an sie alle lautete: „Wir sollen glücklich sein, unser Leben nutzen, unter uns zusammenhalten und auf Mama aufpassen.“ Das erzählt Tochter Christine Strobl der Trauergemeinde.

Was für ein Leben – und was für eine Lebensleistung. Ein politisches Leben, das seiner Familie auch „viel zugemutet hat“, wie Friedrich Merz sagt, heute nicht nur als CDU-Chef da, sondern besonders als Freund, als „Frieder“, wie ihn die Familie nennt. Schäuble hat es gefallen, mit ihm und mit Hans-Peter Repnik über die großen Linien der Politik nachzudenken, zu streiten auch.

Papa, Du hast uns gezeigt, wie man mit sich im Reinen und würdevoll sterben kann.

Schäubles Tochter Christine Strobl in ihrer Trauerrede

„Manche Familien zerbrechen daran“, an solch einem Leben, hat Merz gesagt. Diese nicht. Diese hält zusammen. Und er hat sie zusammengehalten bis in seine letzten Tage. Noch einmal Heiligabend feiern, „O du Fröhliche“ in der Kirche singen. Noch einmal am ersten Feiertag gemeinsam Reh, Spätzle und Pfifferlinge essen, einen badischen Spätburgunder trinken. Ein Violinkonzert von Mozart hören. Sich von Freunden verabschieden: „Ciao, unsere Wege trennen sich jetzt.“ Von der Familie. Von seiner Frau. Er wusste sie schlussendlich gut aufgehoben. Sie, die selbst so einen schweren Unfall gehabt hatte. Die ihm gesagt hatte, dass sie ohne ihn nicht leben könne.

„Papa, Du hast uns gezeigt, wie man mit sich im Reinen und würdevoll sterben kann“, sagt Tochter Christine. Die Würde des Augenblicks, ganz wörtlich. Auch ihre Augen blicken auf das Porträt des spitzbübisch lächelnden Papas. Der „keinen Huddel“ und sich nicht wichtig machen wollte. Und doch für so viele so wichtig war, wie Landesbischöfin Heike Springhart sagt.

Im Tod zeigt sich das Leben. Ein politisch überragendes. Als er sich, den Tod schon vor Augen, nach der guten Nacht am 24. so wohlfühlte, machte er einen Scherz, der doch Wahrheit in sich trägt: Er habe sich überlegt, noch ein paar weltpolitische Probleme zu lösen, sagte Wolfgang Schäuble da.

Er hat einige zu lösen gehabt. Die deutsche Einheit, Europas Zusammenhalt in schwierigster Zeit. Er zählt zu denen, „die unsere Geschichte geschrieben haben“, wie Merz sagt. 51 Jahre im Parlament – er hat 16 von 24 Regierungen erlebt, sechs von zehn Kanzlern als Abgeordneter. Er hat in einer Rede von neun Minuten eine zehnstündige Debatte auf den Kopf gestellt. Deutschland, Berlin, wäre ohne ihn nicht, was es ist. „Wolfgang, Du hast Großes geleistet, und es ist gut geworden“, ruft Merz ihm zu.

Friedrich Merz war nicht nur als CDU-Chef da, sondern besonders als Freund, als „Frieder“, wie ihn die Familie Schäuble nennt. 

© REUTERS/Pool

Auch Winfried Kretschmann, der grüne Ministerpräsident, würdigt ihn in einer Weise, dass es zu Herzen geht. Der tiefe Respekt spricht aus jedem seiner Worte, sie sind sogar von Zuneigung durchweht. Für ihn ist dieser Schäuble eine „ganz große politische Persönlichkeit“, ein „Gestalter Europas“, ein „leidenschaftlicher Demokrat durch und durch“. Kretschmann zitiert für sein Wirken Max Webers Satz, dass man „das Mögliches nicht erreichte, wenn nicht immer wieder in der Welt nach dem Unmöglichen gegriffen worden wäre“. Das hätte Schäuble gefallen.

Wie hat Bischöfin Springhart gesagt? Jeder trage Bilder von ihm im Herzen. Sie hat den gläubigen Christen in Erinnerung, der sich nicht fürchtet. Kretschmann hat Schäuble als „nahbar, zugewandt, inspirierend“ empfunden, als einen glänzenden Erzähler von Anekdoten und Geschichten. Mit unglaublicher Urteilskraft, „die ich sehr bewundert habe“. Der Grüne sagt sichtlich berührt, dass Schäuble geführt habe durch starke Argumente, durchdacht, taktisch versiert, mit hoher strategischer Kompetenz. Eine natürliche Autorität, mit republikanischer Staatsauffassung, mit badischem Mutterwitz und Hinwendung auch zu Württemberg.

So viel Respekt. So viel Dankbarkeit. So viel Zuneigung. Die Offenburger hätten ihn „geliebt“, sagt Oberbürgermeister Marco Steffens. Ihren Ehrenbürger Wolfgang Schäuble, für ein Leben als Staatsmann, Mitbürger, Nachbar. Und geliebter Papa.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false