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© Foto: dpa/Marijan Murat

Auch der letzte Beschuldigte geht straffrei aus: Bleibt die Masken-Affäre ohne Folgen?

Die Ermittlungen gegen den Ex-CDU-Abgeordneten Mark Hauptmann wurden eingestellt. Nun will die Ampel schärfere Gesetze gegen Abgeordnetenbestechung.

Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann bekommt in diesen Tagen 997.000 Euro zurück. Die Justiz in Thüringen hatte das Geld im März 2021 im Zusammenhang mit Ermittlungen in der Masken-Affäre eingefroren. Hauptmann und weitere Abgeordnete hatten am Beginn der Coronakrise Maskengeschäfte vermittelt und davon selbst stark profitiert.

Nun ist mit Hauptmann auch der letzte Beschuldigte in der Masken-Affäre straffrei ausgegangen, die Ermittlungen wurden eingestellt. Grund dafür ist eine Gesetzeslücke: Der Paragraf, der Abgeordnetenbestechung unter Strafe stellt, gilt als viel zu schwach.

Die Generalstaatsanwaltschaft Thüringen machte selbst auf dieses Problem aufmerksam: „Zwar konnte der ursprüngliche Verdacht gegen Herrn Hauptmann, umfangreich bei der Vermittlung von Masken gegenüber Behörden und Gesundheitseinrichtungen unter Ausnutzung seines Bundestagsmandats tätig geworden zu sein, erhärtet werden, jedoch sah sich die Generalstaatsanwaltschaft aus rechtlichen Gründen an der Anklageerhebung gehindert“, heißt es in der Mitteilung der Behörde. Dabei berief sich die Generalstaatsanwaltschaft auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes.

In den Fällen des ehemaligen CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein und des bayerischen CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter hatte der BGH im Juli entschieden, dass ihre Rolle in der Maskenaffäre nicht als Bestechlichkeit von Abgeordneten im Sinne von Paragraf 108e des Strafgesetzbuches zu werten sei.

Auch Nüßlein und Sauter dürfen Geld aus Masken-Deals behalten

Nüßlein hatte FFP2-Masken unter anderem an das Bundesgesundheitsministerium vermittelt, Sauter an das Gesundheitsministerium in Bayern. Dafür hatten sie hohe Provisionen bekommen. Im Zuge der Ermittlungen verfügte die Münchner Justiz einen so genannten Vermögensarrest, Sauter konnte auf etwa 1,2 Millionen Euro nicht mehr zugreifen, bei Nüßlein wurden mehr als 600.000 Euro sichergestellt. Mittlerweile erhielten beide das Geld zurück.

Gegen einen vierten Ex-Politiker, den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel, der ebenfalls durch die Vermittlung von Masken verdiente, war erst gar kein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit diesen Geschäften eingeleitet worden. Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart sah keinen Anfangsverdacht.

Strafbar macht sich nach geltendem Recht, wer als Mitglied einer Volksvertretung „einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er bei der Wahrnehmung seines Mandates eine Handlung im Auftrag oder auf Weisung vornehme oder unterlasse“. Nun ist es eine Frage der Auslegung, was genau damit gemeint ist.

Die Generalstaatsanwaltschaft Thüringen war zu Beginn der Ermittlungen gegen Hauptmann der Auffassung, dass man von einer Wahrnehmung des Mandats bereits sprechen könne, wenn ein Abgeordneter seine Nähe zu politischen Entscheidungsträgern nutze, „um auftragsgemäß fremde Interessen durchzusetzen“.

Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann wird in der Maskenaffäre juristisch nicht belangt. Sein Mandat hatte er 2021 niedergelegt.

© imago images/Christian Spicker

Nach der Entscheidung des BGH ist die „Wahrnehmung des Mandats“ im Sinne des Gesetzes allerdings nur die Arbeit des Abgeordneten im Plenum und in den Ausschüssen. Abgeordnetenbestechung liegt demnach beispielsweise vor, wenn ein Parlamentarier Geld für ein bestimmtes Votum erhält. Es sei nun Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, ob künftig ein Verhalten von Mandatsträgern wie im Fall Hauptmann strafbar sein solle, teilte die Generalstaatsanwaltschaft Thüringen mit. Ähnlich hatte sich der BGH geäußert.

Gesetzesänderung noch in diesem Jahr?

Die Ampel-Koalition will nun die gesetzlichen Bestimmungen verschärfen. „Die Politik muss jetzt handeln und einen besseren gesetzlichen Rahmen dafür setzen, dass Abgeordnetenbestechung wirksam verfolgt und bestraft werden kann“, sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Irene Mihalic, dem Tagesspiegel. „Dafür ist vermutlich die Schaffung eines neuen Straftatbestandes erforderlich, der solche unzulässigen entgeltlichen Nebentätigkeiten umfasst.“

Eine entsprechende Gesetzesänderung könnte noch in diesem Jahr in den Bundestag eingebracht werden. „Wir sind in den internen Beratungen auf der Zielgeraden“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Johannes Fechner. „Bürger müssen die Gewissheit haben, dass Abgeordnete für das Gemeinwohl und nicht für den eigenen Geldbeutel arbeiten.“ Künftig müssten Fälle wie die von Hauptmann und Nüßlein strafbar sein, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD.

Ähnlich sieht es sein FDP-Kollege Stephan Thomae: „Es macht einen Unterschied, ob ein Abgeordneter Nebeneinkünfte durch seinen Beruf erzielt oder durch Ausnutzung seines Mandats. Das eine ist in Ordnung, das andere nicht.“ Eine „Kommerzialisierung des Mandats“ dürfe nicht mehr möglich sein, sagte Thomae.

Nicht nur in der Maskenaffäre wurden die Ermittlungen gegen Hauptmann eingestellt. Auch die fragwürdigen Geschäftskontakte des Ex-Abgeordneten nach Aserbaidschan haben keine juristischen Folgen. Aserbaidschanische Stellen hatten Anzeigen in einer von Hauptmann herausgegebenen Zeitung geschaltet und dafür mindestens 16.000 Euro gezahlt. Nach dem Bekanntwerden dieser Zahlungen legte Hauptmann 2021 sein Bundestagsmandat nieder.

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