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Karl Lauterbach unterschreibt im Januar 2022 einen Impfausweis, nachdem er einem Patienten den Corona-Impfstoff von Biontech verabreicht hat.

© dpa/Jens Büttner

„Appelle ersetzen seriöse Politik nicht“: Lauterbachs Aussage zu Impfschäden provoziert Kritik in der Ampel

Der Gesundheitsminister will Betroffenen von Corona-Impfschäden helfen – und bringt die Pharma-Firmen ins Spiel. Dabei übernahm die Bundesregierung die Haftung.

Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu möglichen Corona-Impfschäden gemachte Aussage, wonach sich Pharma-Firmen an Folgekosten beteiligen sollten, wird auch in der Ampel-Koalition kritisiert.

„Eine solche Aussage trägt nicht dazu bei, den Forschungs- und Medizinstandort Deutschland zu stärken“, sagte der Arzneimittel-Experte der FDP-Bundestagsfraktion, Lars Lindemann. „Absprachen und Verträge sind einzuhalten, das ist elementar für die Planungssicherheit unserer Pharmafirmen. Moralische Appelle ersetzen seriöse Politik nicht, sie irritieren hier nur.“

Denn die Gewinne sind ja exorbitant gewesen

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) über die Corona-Impfstoffe

Lauterbach will diejenigen unterstützen, die von Long-Covid und Corona-Impfschäden betroffen sind. Für ein solches Programm sei er „quasi in den Haushaltsverhandlungen“, hatte der Minister am Sonntag im ZDF angekündigt. Für Corona-Impfschäden hafte vereinbarungsgemäß der Staat, sagte Lauterbach, es wäre aber „wertvoll“, wenn sich auch die Arzneimittel-Hersteller beteiligten. „Denn die Gewinne sind ja exorbitant gewesen. Und somit wäre das tatsächlich mehr als eine gute Geste, sondern das könnte man erwarten.“

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In der Pharma-Branche gab man sich verwundert, zumal die Forschungskosten – wenngleich vom Bund subventioniert – enorm gewesen seien. Offizielle Statements gab es nicht.

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Fall schwerer Folgeschäden soll es unter 10.000 Corona-Impfungen maximal geben

Daten des zuständigen Paul-Ehrlich-Institutes zufolge kommt auf 10.000 Corona-Impfungen maximal ein Fall schwerer Folgeschäden. Das beträfe bei bundesweit fast 64 Millionen vollständig Geimpften dennoch bis zu 6400 Männer und Frauen.

In der Corona-Pandemie standen alle Regierungen unter enormem Druck. Schon bald nach Ausbruch der Sars-Cov-2-Welle in Europa entwickelte die Mainzer Pharmafirma Biontech den ersten Impfstoff. Auch andere Unternehmen arbeiteten an Vakzinen. Lauterbachs Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) setzte sich dafür ein, dass die Pharma-Hersteller in den Verträgen mit der EU aus der Haftung genommen wurden. Forschung, Zulassung, Produktion verliefen im Rekordtempo.

Ob sich Unternehmen freiwillig an Impfschäden-Kosten beteiligen, ist unklar. Biontech teilte mit, man stehe für klärende Gespräche oder Sichtung von Unterlagen zur Verfügung, die „die Voraussetzung für eine Anspruchsprüfung im Einzelfall sind, da wir berechtigte Ansprüche selbstverständlich erfüllen würden“.

Damit dürfte nicht die Haftung für Impfschäden gemeint sein, sondern eher für Folgen möglicherweise versäumter Sorgfaltspflichten. Die Unternehmen müssten Lauterbachs Bemerkung schon deshalb ignorieren, sagte ein Pharma-Forscher, weil anderenfalls die Folgen kaum abzuschätzen seien: Wer sich hierzulande an Impfschäden-Fonds beteilige, müsste dies auch in anderen Staaten tun.

Der Minister steht auch in der Pflegepolitik und wegen der avisierten Klinikreform in der Kritik. Dass sich Lauterbach für Long-Covid- und Impfschäden-Betroffene einsetzen wolle, wird hingegen parteiübergreifend begrüßt. „Es wurde höchste Zeit, dass der Bundesgesundheitsminister reagiert“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. „Beim jetzigen Zustand der Ampel ist es allerdings fraglich, ob es dazu kommen wird oder die Patienten mal wieder den Ankündigungsminister erleben.“

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