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Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, treibt die Reform der Schuldenbremse voran.

© dpa/Serhat Koçak

Exklusiv

Ampel-Streit um Staatsfinanzen: SPD-Fraktion treibt Reform der Schuldenbremse voran

Weil die Verteidigungsausgaben steigen sollen, könnte der Sozialetat gefährdet sein. Der SPD-Fraktionschef zieht klare rote Linien. Die Grünen unterstützen das. Die FDP beharrt auf Kürzungen.

Die Debatte um höhere Verteidigungsausgaben verschärft den Streit um die Zukunft der Staatsfinanzen. Die SPD will deshalb nun konkrete Schritte in Richtung einer Reform der Schuldenbremse gehen. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sprach gegenüber dem Tagesspiegel am Montag von einem „haushaltspolitischen Zukunftsdeal“. In der SPD-Bundestagsfraktion sei am Montag eine Steuerungsgruppe eingesetzt worden, die „eine Reform der Schuldenbremse zugunsten von Investitionen“ ausarbeiten soll.

Der SPD-Fraktionschef zog eine deutliche rote Linie bei möglichen Kürzungen im Sozialsystem. Die SPD werde „nicht zulassen, dass die Hilfe für die Ukraine gegen die Unterstützung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, gegen die Rente, gegen die soziale Sicherung oder auch den Kampf gegen den Klimawandel ausgespielt wird“, sagte Mützenich dem Tagesspiegel.

Trotz der außenpolitischen Widrigkeiten habe man in dieser Legislaturperiode „eine Menge sozialer Rechte“ für Arbeitnehmer und deren Familien neu verankern können. „Dies folgt aus keiner sozialdemokratischen Laune heraus, sondern macht die Menschen und unser Land stark.“

Lindner hatte „Brutalitäten in den Sozialsystemen“ gefordert

Zuvor hatte unter anderem der „Spiegel“ darüber berichtet, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner vor anderen Regierungsmitgliedern „Brutalitäten in den Sozialsystemen“ eingefordert habe. FDP-Fraktionschef Christian Dürr bekräftigte am Montag trotz absehbar höherer Verteidigungsausgaben das Festhalten an der Schuldenbremse: „Ziel der FDP ist, dass wir auch dauerhaft mehr Geld in Verteidigung investieren können“, sagte Dürr dem Tagesspiegel am Montag.

Der Fraktionschef ergänzte: „Aber das muss uns über neues Wachstum und sinnvolle Prioritätensetzung gelingen – nicht, indem wir die Schuldenbremse umgehen.“ Für die FDP fallen unter die Prioritätensetzung Kürzungen im Sozialbereich. Die FDP möchte zum Beispiel die Rente mit 63 reformieren, weil sie laut FDP „nicht mehr zeitgemäß“ sei.

Scholz heizt Debatte um Kürzungen selbst an

Am vergangenen Freitag hatte Kanzler Olaf Scholz (SPD) Spekulationen über mögliche Kürzungen im Sozialbereich selbst befeuert, als er der „Süddeutschen Zeitung“ sagte, die „allermeisten“ würden verstehen, wenn Geld, das für Verteidigung ausgegeben werde, „für andere Dinge fehle“. SPD-Fraktionschef Mützenich sagte nun, dies beziehe sich nicht auf Sozialleistungen. Es sei weiterhin „darauf Verlass“, dass es mit der SPD keinen „Abbau sozialer Rechte von Beschäftigten geben wird“, sagte er.

Auch die Grünen reagierten deutlich auf mögliche Kürzungen im Sozialen wegen der Erhöhung von Verteidigungsausgaben. „Kürzungen im Sozialen gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt und sind ökonomisch schädlich“, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge dem Tagesspiegel.

Grüne appellieren an die Vernunft der CDU

Auch die Grünen drängen wiederholt auf mehr Investitionen: „Für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschlands ist es entscheidend, dass wir Investitionen stärken“, sagte Dröge. „Das gehe nur mit einer Modernisierung der Schuldenbremse, wie sie von Wirtschaft, Gewerkschaften und Wissenschaft gefordert wird.“ Sie appellierte dabei vor allem an die Union: „Friedrich Merz sollte sich auch hier für die wirtschaftliche Vernunft entscheiden.“

Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Wochenende auf der Münchner Sicherheitskonferenz für die kommenden Jahrzehnte zugesagt, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu investieren. Deutschland erreicht dieses Ziel der Nato zurzeit erstmals seit Jahrzehnten, vor allem durch das Sondervermögen für die Bundeswehr.

Sobald dieses aufgebraucht ist, soll das Ziel allerdings durch den regulären Haushalt erreicht werden. Dies würde Kürzungen in anderen Bereichen bedeuten. Zurzeit beträgt der Wehretat rund 52 Milliarden Euro. Das sind nicht einmal 1,5 Prozent des Gesamthaushaltes.

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