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In Athen wird spekuliert, Premier Alexis Tsipras könnte Neuwahlen ausrufen.

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Update

Griechenland vor der Pleite: Alexis Tsipras blitzt mit Forderung nach Euro-Sondergipfel ab

Wie im Sommer 2015 droht Griechenland die Pleite. Premier Tsipras will einen Euro-Sondergipfel. Doch die EU winkt ab.

Der Reformstreit zwischen Euro-Geldgebern und der griechischen Regierung wird zunächst nicht auf höchster politischer Ebene ausgetragen. EU-Ratspräsident Donald Tusk erteilte am Mittwoch der Forderung des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras eine Absage, auf einem Euro-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs die festgefahrenen Verhandlungen über Reformauflagen voranzubringen. "Ich bin überzeugt, dass es für die Finanzminister noch Arbeit zu erledigen gibt", spielte Tusk den Ball zurück in die Eurogruppe, die ein für Donnerstag in Aussicht gestelltes Sondertreffen auf unbestimmte Zeit verschob. Tusk mahnte allerdings ein Treffen der Minister für die kommenden Tage an. Erst nachdem die Euro-Finanzminister die Reform- und Sparauflagen für Griechenland gebilligt haben, können weitere Milliardenhilfen für das klamme Euro-Land fließen und Gespräche über mögliche Schuldenerleichterungen beginnen.

In einem Telefonat mit Tusk hat Tsipras nach Angaben seines Büros sein "Missfallen" über die zusätzlichen Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) geäußert. IWF und die Euro-Finanzminister hatten bei ihren Beratungen Ende vergangener Woche in Amsterdam zusätzliche Maßnahmen verlangt, falls die griechische Regierung die vereinbarten Haushaltsziele für 2018 zu verfehlen droht.

Auch Schäuble lehnt Sondergipfel ab

Tsipras wollte deshalb einen Sondergipfel einberufen lassen, um neue Unsicherheiten in der Euro-Zone zu verhindern, wie sein Büro mitteilte. Tusk, der als EU-Ratspräsident auch die Euro-Gipfel leitet, ging auf die Forderung nicht ein und stimmte sich nach eigenen Angaben mit Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ab. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble schloss einen baldigen Sondergipfel zum Thema Griechenland ebenfalls aus. Im Tagesverlauf war ein weiteres Telefonat zwischen Tusk und Tsipras geplant. Einem mit den Verhandlungen Vertrauten zufolge will der IWF den griechischen Vorschlag nicht akzeptieren, im Notfall pauschal Kürzungen im Staatshaushalt vorzunehmen. Der IWF forderte stattdessen von der Regierung in Athen schon in der Vergangenheit, mehr für die Einnahmenseite zu tun und umfassender Steuern einzutreiben. Wenn es in den kommenden beiden Wochen keine Vereinbarung gebe, werde sich womöglich bis zum britischen Referendum über die EU-Mitgliedschaft am 23. Juni nichts mehr tun, warnte der Insider.

Dagegen sagte ein Vertreter der Euro-Zone, es sei "kein Drama", dass das für Donnerstag erhoffte Treffen der Eurogruppe nicht zustande komme. Es gebe keine unmittelbar bevorstehende Frist, die eingehalten werden müsste. Nach Angaben eines weiteren, hochrangigen Vertreters der Euro-Zone liegen die Vorstellungen über Schuldenerleichterungen für Griechenland weiterhin auseinander, vor allem zwischen dem IWF und der Bundesregierung. Schäuble hält Erleichterungen in den kommenden Jahren für unnötig, will aber zugleich den IWF bei dem bis zu 86 Milliarden Euro dritten Hilfsprogramm an Bord halten. Der IWF wiederum macht seine Beteiligung von Zugeständnissen der Euro-Partner in der Schuldenfrage abhängig, weil er die Verbindlichkeiten Griechenlands für nicht tragbar hält.

In Griechenland könnten bald wieder Neuwahlen anstehen

In Athen wird spekuliert, Tsipras könnte Neuwahlen ausrufen. Die Euro-Finanzminister waren zuletzt mit ihrem Vorhaben gescheitert, eine rasche Einigung auf weitreichende Spar- und Reformschritte in Griechenland zu erzwingen. In Athen herrscht Empörung darüber, dass die Gläubiger auf Betreiben des Internationalen Währungsfonds (IWF) darauf beharren, Griechenland solle neben den im vergangenen Juli vereinbarten Reform- und Sparmaßnahmen im Umfang von 5,4 Milliarden Euro weitere Maßnahmen für rund 3,6 Milliarden Euro treffen. Dieses zweite Paket soll quasi auf Vorrat beschlossen werden und in Kraft treten, falls Athen bis 2018 das gesetzte Ziel nicht erreicht, einen Überschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes vor Abzug der Kreditzinsen zu erzielen. Dieses Ziel könne Tsipras' Regierung politisch nicht schaffen, heißt es aus Regierungskreisen in Athen. Und es passe nicht zu dem, was mit den Europäern im Sommer vereinbart wurde.

Athen schlägt eine Art "automatischen fiskalischen Stabilisator" vor: Verfehle das Land sein Ziel beispielsweise um zehn Prozent, sollten demnach alle Staatsausgaben um zehn Prozent gekürzt werden. Die Gläubiger lehnen das ab und fordern konkrete Maßnahmen. "Sackgasse", titelt die linke Zeitung "Efimerida ton Syntakton". Ohne eine Einigung auf das Spar- und Reformpaket kann kein frisches Geld des Eurorettungsschirms ESM nach Athen fließen. Die Staatskasse ist bald wieder leer, allein im Juli muss das krisengeschüttelte Land 2,7 Milliarden Euro zurückzahlen, die es zur Zeit nicht hat. (rtr/dpa)

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