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Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und Grünen-Chef Amid Nouripour mittendrin

© dpa/Kay Nietfeld

„Verantwortung“ von Anfang bis Ende : Die Grünen dehnen sich bis an den Rand der Selbstaufgabe

Kein Thema war streitbar genug für fliegende Fetzen. Beim Grünen-Parteitag in Bonn herrschten Realismus und Disziplin. Nur einmal gab es Zoff. Jedenfalls kurz.

Ein Kommentar von Felix Hackenbruch

Am Ende fallen die Grünen doch wieder in alte Muster zurück. Zwei Tage lang hatte es auf dem Parteitag in Bonn so ausgesehen, als würde sich die Partei von ihrer streitlustigen Tradition distanzieren. Hitzige Atomdebatte, Streit über Waffenlieferungen an die Ukraine und Saudi-Arabien, kontroverse Friedensbemühungen mit Russland – alles fiel als Thema für fliegende Fetzen aus.

Mit übergroßer Mehrheit folgte die versammelte Basis dem realpolitischen Kurs ihrer Minister, die seit zehn Monaten in der Ampel-Koalition in Regierungsverantwortung sind. Verantwortung war wohl das meistgenannte Wort.

Die Grünen gefallen sich in ihrer Vernunft, die bis an den Rand der Selbstaufgabe geht. Ihm werde immer wieder vorgeworfen, die Grünen seien so staatstragend, sagte Ko-Parteichef Omid Nouripour in seiner Rede.

Wir tragen den Staat, wir tragen diese Gesellschaft, wir tragen diese Demokratie.

Omid Nouripour, Ko-Chef

Und er ergänzte stolz: „Klar, denn wir tragen den Staat, wir tragen diese Gesellschaft, wir tragen diese Demokratie.“ Verantwortung für Staat, Gesellschaft und Demokratie – so sehen die Grünen ihre Rolle.

Doch ganz konnten die Grünen den Hang zur Symbolpolitik nicht abschütteln. In der Atomdebatte hat die Partei unnötige rote Linien gezogen. Es hätte die Grünen nicht viel gekostet, der FDP das dritte verbliebene Atomkraftwerk in Niedersachsen für einen Streckbetrieb zu lassen und so den festgefahrenen Streit mitten in der größten Energiekrise des Landes zu lösen.

Die Partei fordert einen Kompromiss, der viele verunsichert

„Jede Kilowattstunde zählt“, hat Wirtschaftsminister Robert Habeck schließlich längst hundertfach erklärt. Doch seine Partei bleibt beim Minimalkompromiss, der viele Bürger, aber auch Unternehmer verunsichert. Staatstragend war das nicht.

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Auch in der turbulenten Debatte um Lützerath hat sich die Partei in Symbolik verstrickt. Das inzwischen verlassene Braunkohledorf soll vom Energiekonzern RWE abgebaggert werden, dafür verpflichtet sich der Konzern, den Kohleausstieg um acht Jahre vorzuziehen. 280 Millionen Tonnen Kohle bleiben dadurch unter der Erde, argumentiert Habeck, der den Deal ausgehandelt hat.

Zankapfel Lützerath.

© imago / imago

Die eigene Parteijugend bezweifelt die Zahl allerdings. Doch auch selbst, wenn es nur 64 Millionen Tonnen Kohle wären, wie die Grüne Jugend argumentiert, wäre der Deal vernünftig.

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So wie jede Kilowattstunde Strom zählt aktuell auch jedes Kilo Kohle. Erst recht für die vielen Menschen, die rund um den Tagebau Garzweiler wohnen und ohne den Deal von der Abbaggerung bedroht gewesen wären.

Verantwortung für Staat und Demokratie bedeutet auch, Symbolik abzuräumen. Eine knappe Mehrheit stimmt am Ende für Deal. Gut, denn staatstragend bleibt der Grundsatz: erst das Land, dann die Partei. Daran muss sich eine Regierungspartei messen lassen.

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