Claudia Roth und das Filmfestival: Der Berlinale droht die Verzwergung
Die Politik weiß anscheinend sehr genau, was die Berlinale braucht. Aber die Lösungsvorschläge lassen nichts Gutes erahnen.
Wenn man die Politik dieser Tage so über die Berlinale reden hört, muss man sich ernsthaft Sorgen machen. Nach dem katastrophalen Umgang mit dem künstlerischen Leiter Carlo Chatrian, der auch international für Bestürzung sorgte, lässt der Aktionismus von Kulturstaatsministerin Claudia Roth nichts Gutes erwarten.
Dass sich in der Findungskommission für die neue Berlinale-Intendanz keine einzige Person mit einem Minimum an Erfahrung im internationalen Festivalbetrieb befindet (oder zumindest kuratorische Expertise mitbringt), ist bedenklich genug.
Die Schnittmenge aus dem Oscar-Regisseur Edward Berger, der Filmakademie-Geschäftsführerin Anne Leppin, der Schauspielerin Sara Fazilat und dem Produzenten Roman Paul – bei allem Respekt für die individuellen Verdienste – zeugt von einem Höchstmaß an Einfallslosigkeit.
Der künstlerische Film wird nachgeordnet
Zweifel, dass diese Kommission einen neuen künstlerischen Leiter von internationalem Format findet, der die Berlinale wieder an das Niveau von Cannes und Venedig heranführt (auch so eine Binse), sind durchaus begründet.
Vor allem ein Satz gibt zu denken. Roth sagte vergangene Woche, dass die Berlinale ihrem Anspruch gerecht werden soll, „das größte Publikumsfestival und ein politisches Filmfestival zu sein“. Letzteres gelingt jedoch nicht per Dekret, es braucht schon eine Vorstellung davon, wie sich das Kino künftig gegenüber anderen Erzählformen mit Bewegtbildern behaupten soll.
Vielmehr besteht die Gefahr, dass künftig eher inhaltliche denn künstlerische Kriterien bei der Filmauswahl angelegt werden – von „Fachleuten“, die „Im Westen nichts Neues“ schon für politisches Kino halten. Der künstlerische Film („Arthausfilm“) kommt in Roths Worten eher nachgeordnet vor.
Wie sehr die Demontage der Berlinale Begehren in der Politik weckt, zeigt sich auch in Aussagen des medienpolitischen Sprechers der Berliner CDU, Christian Goiny, gegenüber der „BZ“. Goiny hält einen „unteren Millionenbetrag“ aus Senatsmitteln für möglich, aber nur, wenn man die finanzielle Unterstützung auch „konzeptuell und inhaltlich begleiten“ könnte.
Die Berliner CDU möchte sich ein Mitspracherecht erkaufen: So beschränkt sind die Visionen in der Provinzpolitik für eines der führenden internationalen Filmfestivals. Man muss nicht mal jeden Einwurf von den hinteren Bänken der Politik ernst nehmen, um zu prognostizieren, dass man so ganz sicher nicht mit Cannes und Venedig aufschließen wird. Stattdessen droht die Verzwergung der Berlinale.
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