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Personalentscheidungen in der Politik: Starre Regeln führen in die Sackgasse

Quoten und Paritäten sind ein Kreuzübel der Politik. Nötig ist ein Pluralismus, der von den Individuen ausgeht.

Eine Kolumne von Andreas Rödder

SPD und CDU haben 2023 Personalentscheidungen getroffen, die weit über die Personalie hinausgingen und zugleich ihre selbstgesetzten Diversitätsstandards verletzten.

Christine Lambrecht garantierte als Verteidigungsministerin ein paritätisch besetztes Kabinett – und verkörperte zugleich die mangelnde Ernsthaftigkeit der Politik gegenüber der Bundeswehr. Ihre Ablösung durch Boris Pistorius brachte der Bundesregierung die gender balance durcheinander, aber weltweit geachtete Kompetenz in der Sache zurück, und wurde zur Personifizierung der „Zeitenwende“ in der Verteidigungspolitik.

Wechsel im Verteidigungsministerium: Christine Lambrecht ging, Boris Pistorius (SPD, r) übernahm.
Wechsel im Verteidigungsministerium: Christine Lambrecht ging, Boris Pistorius (SPD, r) übernahm.

© Foto: dpa/Kay Nietfeld

Mario Czaja erfüllte in der CDU gegenüber Friedrich Merz andere Proporze: für den Osten, für den Arbeitnehmerflügel, für die breite Mitte statt der klaren Kante. Mit Carsten Linnemann holte der westfälische Katholik vom Wirtschaftsflügel (männlich) im Parteivorsitz einen westfälischen Katholiken vom Wirtschaftsflügel (männlich) als Generalsekretär. Die Chancen stehen gut, dass diese Lösung der CDU die nötige Neuorientierung geben kann.

Wenn dem so ist, dann haben in zwei wichtigen Fällen Erwägungen persönlicher Eignung anstelle von Proporzdenken die Dinge zum Besseren gewendet. Das lässt zwei Schlussfolgerungen zu.

Erstens: Wenn Herkunft wichtiger ist als Eignung, dann erträgt dies auf Dauer kein System ohne Qualitätsverlust. Und sämtliche Paritätsmaßnahmen der vergangenen Jahre haben nichts am Rekrutierungsproblem der politischen Parteien und damit demokratischer Politik geändert – im Gegenteil: Wo sind denn die Handwerker und Arbeiter im Parlament?

Zweitens: Vermeintliche öffentliche Gewissheiten zerschellen an der Realität. „Studien besagen“, heißt es immer wieder, „diverse Teams arbeiten effektiver“. Dass dies so nicht stimmt, zeigt eine Studie aus Harvard aus dem Jahr 2021: Sie hat herausgefunden, dass Diversität die Performanz in Teams, die nach dem Zufallsprinzip zusammengesetzt sind, sogar verringert.

Das heißt: Diversität ist kein Wert an sich. Starre Regelungen herkunftsbezogener Gruppenrepräsentation führen vielmehr in die Sackgasse. Was hilft, sind sach- und fallbezogene Flexibilität – und ein Pluralismus, der von der Vielfalt unterschiedlicher Individuen und ihrer Qualitäten ausgeht. Mit Sensibilität für unterschiedliche Herkünfte und Gruppen. Aber ohne Quoten, Paritäten und Proporze.

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