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Bärbel Bas, Präsidentin des Deutschen Bundestages, eröffnet die Sitzung des Bundestags.

© dpa/Britta Pedersen

Exklusiv

Mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter bei AfD: Parlamentspräsidentin Bas will Schutz des Bundestags verbessern

Laut Recherchen des Bayerischen Rundfunks arbeiten für jeden zweiten AfD-Abgeordneten Rechtsextremisten. Bundestagspräsidentin Bas will Gesetze verschärfen, warnt aber vor Schnellschüssen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) schlägt nach einem Bericht über mehr als 100 rechtsextreme Mitarbeiter in der AfD-Bundestagsfraktion neue gesetzliche Regelungen zum Schutz des Parlamentes vor. „Wenn wir vermeiden wollen, dass Extremisten gleich welcher Couleur, die aktiv und gezielt auf die Beseitigung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeiten, im Bundestag ein und aus gehen, dann müssen wir über weitergehende, auch gesetzliche Regelungen nachdenken, um Schutz und Sicherheit im Inneren des Parlaments zu gewährleisten“, sagte Bas dem Tagesspiegel am Dienstag.

Die AfD-Fraktion und ihre Abgeordneten im Deutschen Bundestag sollen in ihren Büros mehr als 100 Personen beschäftigen, die in von deutschen Verfassungsschutzämtern als rechtsextrem eingestuften Organisationen aktiv sind. Das berichtet der Bayerische Rundfunk (BR) am Dienstag. Einige der Angestellten werden „namentlich in Verfassungsschutzberichten erwähnt“ oder „bekleiden Führungspositionen in beobachteten Organisationen“ wie etwa der Identitären Bewegung (IB), kommen aus der Reichsbürgerszene oder sind rechtsextremistische Social-Media-Influencer wie Marie-Thérèse Kaiser.

Mehr als die Hälfte der 78 AfD-Abgeordneten beschäftigt Rechtsextremisten

Dem Bericht zufolge beschäftigt mehr als die Hälfte der 78 AfD-Abgeordneten „Personen, die in Organisationen aktiv sind, die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft werden“. Dies betreffe auch die Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Tino Chrupalla. Insgesamt stehen der AfD-Fraktion und ihren Abgeordneten jährlich mehr als 30 Millionen Euro für Mitarbeiter zur Verfügung.

Das Thema Sicherheit steht im Deutschen Bundestag permanent auf der Agenda. Wir sind wachsam. Ich warne aber vor Hauruckaktionen und schlecht vorbereiteten Schnellschüssen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD)

Die Vorwürfe seien „diffamierend und diskreditierend“, sagte AfD-Chef Tino Chrupalla am Dienstag im Deutschen Bundestag. Die Mitarbeiter der AfD-Fraktion seien „intern geprüft“ worden. „Alle Mitarbeiter, die hier arbeiten, sind vom Bundestag geprüft worden“, sie seien „unbescholten“. Eine pauschale Verteidigung aller Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten vermieden Chrupalla und Co-Fraktionschefin Alice Weidel. Weidel sprach von einer „steuerfinanzierten Medienkampagne“.

Bundestagspräsidentin Bas betonte: „Das Thema Sicherheit steht im Deutschen Bundestag permanent auf der Agenda. Wir sind wachsam.“ So habe der Bundestag in den vergangenen zwei Jahren hin bereits die Hausordnung und die Zugangsregeln verschärft. Die SPD-Politikerin mahnte jedoch ein korrektes Vorgehen an: „Ich warne aber vor Hauruckaktionen und schlecht vorbereiteten Schnellschüssen.“ Es gehe bei neuen Regelungen auch um mögliche Einschränkungen bei der Mandatsausübung. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich am Dienstag ebenfalls offen für schärfere Regeln.

CSU gegen schärfere Regeln für Mitarbeiter

Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, sagte dem Tagesspiegel: „Die große Zahl an Personen, die offenbar in der Nähe von Feinden unserer Verfassung stehen, ist erschütternd.“ Es wäre entlarvend, sagte Frei, sollten tatsächlich Personen bei der AfD beschäftigt sein, die zuvor aus der AfD wegen extremistischer Umtriebe ausgeschlossen worden waren. Auch das hatte die Recherche des Bayerischen Rundfunks ergeben.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zeigte sich dagegen wenig überrascht: „Die Partei ist zu großen Teilen rechtsextrem und zieht solche Mitarbeiter an“, sagte Dobrindt dem Tagesspiegel. Allerdings hält er die Sicherheitsregeln für ausreichend. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese warnte davor, dass die AfD „auf Staatskosten und aktiv“ rechtsextremistische Netzwerke im Parlament installiere. Wiese sieht die Sicherheit des Landes, der Abgeordneten und der Mitarbeiter des Parlaments tangiert.

Am Dienstag begann zudem der erste von vorerst zwei Verhandlungstagen im Berufungsverfahren der AfD gegen ihre Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall. Die Partei versucht, das Verfahren seit Monaten zu verzögern. Mit mehreren Anträgen versuchten die Anwälte der Partei, eine rasche Entscheidung über ihre Einstufung als rechtsextremistischer Verdachtsfall zu verhindern. Das Gericht lehnte mehrere Anträge ab und warf der Partei unter anderem Prozessverschleppung vor. Der Urteilstermin ist offen.

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