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Spielmanipulant in Singapur.

© NDR/jumpmedientv GmbH/Tilo Gumme

Zockermafia: Reportage über illegale Fußballwetten

Wuhlheide, Singapur: Eine ARD-Reportage ist einem weltweiten Milliardengeschäft auf die Spur. Vor allem der Amateur- und Jugendbereich ist betroffen.

Sonntagmorgen, Berliner Wuhlheide, ein Fußballspiel von U-19-Jugendlichen. Es sieht alles harmlos aus. Elf Freunde müsst Ihr sein, der Bessere möge gewinnen. Das dem nicht immer so ist, zeigt eine Szene, gleichzeitig im zehntausende Kilometer entfernten Singapur. In einem Wettbüro werden Summen im sechsstelligen Bereich mit einem Spiel in Deutschland umgesetzt. Die Autoren lassen unklar, ob es sich um das Berliner Spiel handelt. Dass gezielt verlorene Spiele, faule Elfmeter, absurde Tore, gekaufte Kicker und Unparteiische beim Fußball keine Einzelfälle sind, ist spätestens seit dem Fall von Ante und Milan Sapina klar, die in der Nähe des Ku’damms Spielmanipulationen einfädelten. Der Film „Im Griff der Zockermafia“ zeigt, dass sich die Sache mit dem Sportwettenbetrug verschlimmert hat.

200 Milliarden Euro werden jährlich umgesetzt

London, Zürich, Frankfurt, Singapur, Paris, Tokio – die Autoren Uwe Schwering, Hervé Martin Delpierre und Benjamin Best (der gerade das Buch „Der gekaufte Fußball“ veröffentlicht hat) haben viel fliegen müssen, um dem Thema gerecht zu werden, Hintermänner und Experten zu befragen. Geschätzte 200 Milliarden Euro werden jedes Jahr weltweit mit Sportwetten umgesetzt. Im „Spiegel“ ist sogar von einer Billion Euro und der russischen Mafia die Rede, die dahinterstecken könnte. Von wegen kleine Ganoven. Im ARD-Film kommt ein aktiver Wettbetrüger eines Wettsyndikates aus Singapur vor die Kamera, gibt offen Auskunft über die illegalen Machenschaften und Hintergründe seiner kriminellen Organisation. Er behauptet, er könne Fußballspiele in Europa, Südamerika, Mittelamerika oder Asien manipulieren – ohne Probleme.

„Unsere Erfahrungen in den vergangenen zwei Jahren haben gezeigt, dass es keine weißen Flecken auf dem Globus gibt“, sagt Fifa-Sicherheitsdirektor Ralf Mutschke, ein Ex-BKA-Mann. Betroffen sind: Länderspiele, Champions-League, Meisterschaften. Sehr oft aber auch der Amateur- und Jugendbereich, weil die Akteure dort viel anfälliger für Bestechungen sind – und die Fernsehkameras meist fehlen. Auch in Deutschland. Seit 2009 ermittelt die Bochumer Staatsanwaltschaft in Sachen Wettbetrug im Fußball. Alle Wettbetrüger haben gemeinsam: Sie wetten vor allem in Asien, Singapur, Malaysia und Hongkong.

Auch wenn die Ersten Ligen gegen Wettbetrug gefeit zu sein scheinen (ein Bestechungsversuch bei einem gut verdienenden Profispieler ist mit 150 000 Euro für Kartelle und Mittelsmänner viel zu teuer) – nicht nur für den ehemaligen Uefa-Ermittler Rudolf Stinner droht hierdurch der „Tod des Fußballs“, weil der Mythos des Fair Play zerstört wird. Eine Lösung für das Problem? Vielleicht das generelle Verbot von Wetten im Jugend- oder Amateurbereich. Von alleine ziehen die großen Sportwettenanbieter (die fast alle Profivereine sponsern!) nicht mit. Ein Teufelskreislauf. Eine spannende Reportage, mit einem anderen Blick auf den Fußball. Viel zu spät gesendet.

„Im Griff der Zockermafia“,

Montag, ARD, 23 Uhr 30

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