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Kultur: Yoga für die Ohren

NEUE MUSIK

Japaner trinken nicht nur länger Tee und werden steinalt, sie lassen sich auch mehr Zeit bei der Musik. Das zumindest wird uns im Haus der Kulturen der Welt von drei Vertretern der experimentellen Musikszene Japans vermittelt, die im Rahmen des Transonic-Festiva ls (noch bis 28.1.) unter dem Titel From Tokyo, in Silence auftreten und dabei das Publikum auf eine harte Zuhörerprobe stellen. Zunächst der listige Taku Sugimoto, der fast gar nichts mehr spielt, außer ein paar Einzeltönen, dazwischen demonstrativ die Arme über seiner Gitarre verschränkt und das Publikum minutenlang mit dem Surren der Klimaanlage alleine läßt. Oder ist das schon Toshimaru Nakamura, der ein Mischpult als Instrument verwendet, mit dem er kaum wahrnehmbare Sinus-Kurven erzeugt? Und schließlich Kazuhisa Uchihashi, der mit Rückkopplungseffekten an der Gitarre „richtig viel Musik“ macht und mit einem wunderschönen Solo auf dem Daxophon glänzt, einem Instrument, das der deutsche FMP-Musiker Hans Reichel erfunden hat und sich anhört wie eine cherubinische Kettensäge, die durch Honig schneidet.

Später treffen die „Tokyo-Drifter“ mit drei Musikern aus Wien zusammen (Christof Kurzmann am Laptop, Werner Dafeldecker am Kontrabass und Michael Moser am Cello), um die Grenzen des Hörbaren auszuloten – und steigern sich dabei so unerträglich langsam, wie man es bei den schwierigsten Gymnastikübungen tun muß. Da läuft vor dem inneren Auge ein Film ab, der in einer schummrigen Bar in Tokio spielt, in der sich Zen-Buddhisten treffen, um ungestört die Löcher im Teppich zu zählen, auf dem sie sich ausstrecken, einfach liegenbleiben und jeder Regung widerstehen.

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